TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 94/04/0177

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art94;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Juli 1994, Zl. MA 63 - St 254/93, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Juli 1994 wurde der Beschwerdeführerin das Gewerbe "Friseur und Perückenmacher" im dort näher genannten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m.

§ 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann von Wien aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. Februar 1992, AZ. 5 Nc 56/92, sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Auf Grund der Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe mit dem antragstellenden Gläubiger Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Ratenvereinbarung geschlossen, sei zu prüfen gewesen, ob die weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger liege. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 18. Mai 1994 hiezu bekanntgegeben, daß die Beschwerdeführerin zwar die Raten zur Abstattung des bis Oktober 1993 angelaufenen Beitragsrückstandes bezahlt, nicht jedoch die laufenden Beiträge zur Einzahlung gebracht habe. Damit fände ein stetes Anwachsen der Verbindlichkeiten gegenüber dieser Anstalt statt. Dieses Ermittlungsergebnis sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden. Der Aufforderung darzulegen, wie es ihr konkret möglich sein werde, die Schulden aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung zu begleichen bzw. zu vermindern und die weiteren anfallenden Verbindlichkeiten zu erfüllen, habe die Beschwerdeführerin ohne Angabe von Gründen trotz ausgewiesener Zustellung dieser Aufforderung keine Folge geleistet. Es wäre an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Da sich aus dem Verwaltungsakt keine konkreten Hinweise ergäben, die für das Vorhandensein von verfügbaren Barmitteln sprächen, gehe die mangelnde Mitwirkung der Beschwerdeführerin insofern zu ihren Lasten, als davon ausgegangen werden müsse, daß die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt seien.

Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nichtentziehung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, die belangte Behörde treffe im vorliegenden Fall ein "über das übliche Ausmaß der amtswegigen Ermittlung hinausgehendes amtswegiges Tätigwerden". Die Behörde erster Instanz habe Feststellungen dahingehend unterlassen, ob und zutreffendenfalls welches, die gegenständliche Forderung von S 30.000,-- deckendes, Vermögen der Beschwerdeführerin vorhanden sei. Diesem Umstand komme insofern Bedeutung zu, da der Antragstellerin (gemeint offensichtlich Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) die Existenz einer der Beschwerdeführerin gehörigen Eigentumswohnung aktenmäßig bekannt gewesen sei, sie diese aber nicht in Exekution gezogen habe. Die Beschwerdeführerin habe diese Wohnung zwischenzeitlich verkauft, jedoch den Kaufpreis (noch) nicht erhalten. Es hätte daher nicht eines Konkursantrages, wohl aber eines Exekutionsantrages - auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung oder Zwangsversteigerung - bedurft. Die belangte Behörde hätte daher diesbezügliche Erhebungen, insbesondere durch Ladung und Vernehmung der Beschwerdeführerin, durchführen müssen. Die bloße Aufforderung zur Stellungnahme sei nicht zielführend gewesen. Die belangte Behörde sei daher ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen und es sei daher der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Vom Gericht sei die "Vorfrage, ob ein die Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich deckendes Vermögen der Beschwerdeführerin vorliege, unrichtig gelöst" worden, da es angenommen habe, die Beschwerdeführerin verfüge über kein derartiges Vermögen. Hätte die belangte Behörde von sich aus Ermittlungen über die Frage des Vorhandenseins eines kostendeckenden oder die Forderung der Antragstellerin deckenden Vermögens vorgenommen, hätte sie zum Schluß kommen müssen, daß es des Konkursantrages nicht bedurft hätte und die gegenständliche Forderung längst abgedeckt worden wäre. Ein Vorwurf an die Beschwerdeführerin, sie hätte den Verkauf ihrer Eigentumswohnung mehr betreiben müssen, treffe sie nicht, da sie sich nicht nur um einen potenten Käufer, sondern auch um eine eigene Unterkunft kümmern habe müssen, und dies zwischenzeitig auch erfolgreich getan habe. Zufolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften sei die belangte Behörde zur falschen Erkenntnis gelangt, die Beschwerdeführerin verfüge über kein die gegenständliche Forderung deckendes Vermögen. Da nunmehr jedoch der Erlös der im August 1994 verkauften Eigentumswohnung vorliege, seien die Entziehungsgründe nicht mehr gegeben.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 leg. cit. angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.

Unstrittig steht fest, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. Februar 1993 der Antrag auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde. Die Gewerbebehörde hat in diesem Zusammenhang nur zu prüfen, ob ein Beschluß des Konkursgerichtes betreffend die Eröffnung des Konkurses bzw. ein Beschluß des Konkursgerichtes, mit welchem der Antrag auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, vorliegt. Sie hat sich nicht mit Einwänden gegen das diesem Beschluß zugrundeliegende Konkursverfahren auseinanderzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0131). Die gegenteiligen Ausführungen in der Beschwerde bieten keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzugehen.

Auf Grund der durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten gedeckten Feststellungen der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin die mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft geschlossene Ratenvereinbarung nicht eingehalten. Ausgehend von diesem Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß eine weitere Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 gelegen ist. Letzteres ist nämlich nur dann der Fall, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Es muß die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Wie hoch der Schuldenstand der Beschwerdeführerin ist und welche Rückzahlungen aus dem vorhandenen Vermögen gezahlt werden könnten und in welchem Zeitraum mit der Abtragung der vorhandenen Schulden zu rechnen ist, ist allein nicht entscheidungserheblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0186). Auf die Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Möglichkeit der exekutiven Verwertung der Eigentumswohnung durch den andrängenden Gläubiger ist daher - abgesehen davon, daß es sich hiebei um eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG handelt - nicht näher einzugehen, zumal auch unbestritten feststeht, daß die Beschwerdeführerin die Ratenvereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nicht eingehalten hat.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit 3. Juni 1994 die Ermittlungsergebnisse mitgeteilt und sie aufgefordert, innerhalb der darin festgesetzten Frist darzulegen, ob und wie es ihr möglich ist, die bestehenden Verbindlichkeiten aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung zu begleichen bzw. zu vermindern und weiter anfallenden Verbindlichkeiten zu erfüllen, und hiefür entsprechende Beweise anzubieten. Die belangte Behörde ist daher im gegebenen Zusammenhang der ihr obliegenden Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung hinreichend nachgekommen. Die Beschwerdeführerin hingegen hat an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nicht mitgewirkt (vgl. hiezu insbesonders das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0125). Warum die bloße Aufforderung zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht zielführend gewesen sein soll, vermag die Beschwerdeführerin nicht begründet darzulegen. Der Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wurde - da die Beschwerdeführerin nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht - nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040177.X00

Im RIS seit

07.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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