TE Vfgh Beschluss 1992/11/30 G173/92

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Veröffentlicht am 30.11.1992
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Index

L1 Gemeinderecht
L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Krnt Gemeindestruktur-VerbesserungsG §51

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Krnt Gemeindestruktur-VerbesserungsG mangels Änderung der Rechtsposition des Antragstellers durch Aufhebung der bekämpften Norm; kein subjektives Recht auf Bestand der Gemeinde und auf Wiederwahl in deren Gemeinderat

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit seinem auf Art140 B-VG gestützten (Individual-)Antrag vom 24. August 1992 begehrt der Einschreiter, der Verfassungsgerichtshof wolle Bestimmungen des Kärntner Gemeindestruktur-Verbesserungsgesetzes, LGBl. 63/1972, (im folgenden: Ktn. GStrVG), als verfassungswidrig aufheben,

"und zwar die Wortfolgen in §51 (1)

'Der Stadt Villach werden die Gemeinde Landskron ... angeschlossen'

und in §51 (2)

'Die Stadt Villach ist Rechtsnachfolgerin der Gemeinde Landskron ...', in eventu wollen §51 (1) und §51 (2) leg cit zur Gänze als verfassungswidrig aufgehoben werden."

2. Durch §51 Abs1 Ktn. GStrVG wurden der Stadt Villach drei Gemeinden - darunter die Gemeinde Landskron - angeschlossen. Gemäß §51 Abs2 leg.cit. ist die Stadt Villach Rechtsnachfolgerin dieser drei Gemeinden. Am 1. Jänner 1973 traten diese Bestimmungen in Kraft (§85 leg.cit.).

3. Hinsichtlich der Antragslegitimation führt der Einschreiter u. a. aus, daß er aufgrund der 1970 in Kärnten durchgeführten Gemeinderatswahlen gewähltes Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde Landskron gewesen sei; dies auch 1972.

Durch den mit 1. Jänner 1973 wirksam gewordenen Anschluß der Gemeinde Landskron an die Stadt Villach habe der Einschreiter seine Rechtsstellung als Mitglied des Gemeinderates der ehemaligen Gemeinde Landskron verloren. Durch das Inkrafttreten des §51 Abs1 und 2 Ktn. GStrVG sei er daher in einem durch die Verfassung gewährleisteten Recht, nämlich dem passiven Wahlrecht, verletzt worden. Dieses bestehe nicht nur darin, bloß gewählt zu werden, sondern auch gewählt zu bleiben und das entsprechende Amt auszuüben.

II. Der Individualantrag erweist sich aus folgenden Erwägungen als unzulässig:

1. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - ausgesprochen hat, ist grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG, daß das bekämpfte Gesetz nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift und diese - im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes - verletzt. Hiebei kommt es ausschließlich auf die Behauptungen des Antragstellers an, in welcher Hinsicht das bekämpfte Gesetz seine Rechtssphäre berührt und diese - im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes - verletzt (vgl. zB VfSlg. 8060/1977, 9042/1981).

2. Aus dem Wortlaut des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG (arg. "verletzt zu sein behauptet", und nicht etwa "verletzt worden zu sein behauptet") ergibt sich, daß die bekämpfte Gesetzesstelle zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung (noch) eine behauptete und tatsächlich vorliegende (nachteilige) rechtliche Wirkung für den Antragsteller haben muß.

Auch eine am Sinn dieser Verfassungsbestimmung orientierte Auslegung führt zum selben Ergebnis: Der Zweck des Individualantrages besteht darin, daß die behauptete Rechtsverletzung durch Aufhebung der bekämpften Gesetzesstelle beseitigt wird. Würde sich also trotz Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern, kommt ihm die Antragslegitimation nicht zu.

3. Der von dem Antragsteller behauptete Eingriff in seine Rechtssphäre lag zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vor:

Die Gemeinderatswahl, aufgrund der er seine Funktion als Mitglied des Gemeinderates innehatte, fand am 26. April 1970 statt. Der "Wahlabschnitt" der Kärntner Gemeinderäte betrug zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kärntner Gemeindestruktur-VerbesserungsG sechs Jahre, gerechnet vom letzten Wahltag (s. §20 Abs2 der damals in Geltung stehenden Allgemeinden Gemeindeordnung, LGBl. 1/1966). Der Antragsteller hätte also spätestens im Jahr 1976 seine auf die erwähnte Wahl rückführbare Funktion als Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde Landskron verloren, auch wenn die bekämpften Gesetzesbestimmungen nicht erlassen worden wären. Das passive Wahlrecht schließt nur das Recht in sich, für die ganze Wahlperiode gewählt zu bleiben (vgl. zB VfSlg. 8385/1978, S 107). Ein subjektives Recht auf Bestand der Gemeinde Landskron und auf Wiederwahl in deren Gemeinderat stand dem Antragsteller niemals zu (vgl. etwa VfSlg. 6697/1972, S 288 f.; 9373/1982, S 261).

Würden also die angefochtenen Bestimmungen des Kärntner Gemeindestruktur-VerbesserungsG aufgehoben, träte für die Rechtsposition des Antragstellers keinerlei Änderung ein.

Der Antrag war daher mangels Antragslegitimation des Einschreiters zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9096/1981; 12447/1990, Pkt. II.1.; diese Entscheidungen betreffen gleichgelagerte Fälle).

4. Bei diesem Ergebnis brauchte nicht untersucht zu werden, ob der Antrag noch etwaige weitere, zu einer Zurückweisung führende Mängel aufweist.

III. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gemeinderecht Zusammenlegung, Wahlen, Wahlrecht passives, Rechte subjektive

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G173.1992

Dokumentnummer

JFT_10078870_92G00173_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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