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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des BMwA vom 5.5.1994, Zl. 63 220/95-VII/A/4/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit der Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz (mitbeteiligte Partei: B Ges.m.b.H. in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Oktober 1993 erteilte die Berghauptmannschaft Wien der mitbeteiligten Partei "gemäß den §§ 95 ff des Berggesetzes 1975 idF. der Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355, eine Gewinnungsbewilligung" für ein näher umschriebenes Abbaufeld zum Gewinnen von grundeigenen mineralischen Rohstoffen im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 1994 mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei nicht hervorgekommen und auch nicht behauptet worden, daß die Marktgemeinde S Partei im Sinne des § 98 Abs. 1 des Berggesetzes (BergG 1975) sei. Was den Hinweis der Beschwerdeführerin auf das ihr verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung betreffe, so sei zu bemerken, daß Gegenstand dieses Verfahrens die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nach den §§ 94 ff BergG 1975 sei. Die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung falle jedoch nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden. Sohin stelle das Recht auf Selbstverwaltung weder einen Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG dar, vermöge dessen der Gemeinde Parteistellung im Verfahren nach den §§ 94 ff BergG 1975 zukommen könnte. Der § 99 leg. cit. räume zwar Verwaltungsbehörden, die zur Wahrnehmung von berührten öffentlichen Interessen berufen sind, somit im gegenständlichen Fall auch der Beschwerdeführerin, eine verstärkte Beteiligtenstellung ein, jedoch nicht die Stellung einer Partei. Da das Recht, Berufung zu erheben, nur einer Partei zustehe, besitze die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall kein Berufungsrecht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, dem über Antrag der mitbeteiligten Partei vom 21. Juni 1993 eingeleiteten Verwaltungsverfahren als Partei im Sinne des § 8 AVG beigezogen zu werden und daher über ihre gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 8. Oktober 1973 eingebrachte Berufung eine Sachentscheidung durch die belangte Behörde zu erlangen. In Ausführung dieses so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, nach der von der belangten Behörde selbst stets vertretenen Rechtsauffassung entfiele bei Durchführung eines Bergverfahrens die Zuständigkeit der Baubehörden, womit gravierend in die "verfassungsgesetzlich gewährleistete Gemeindeautonomie gemäß Art. 118, 119 und 119a B-VG" eingegriffen werde. Überdies ergebe sich die Parteistellung der Beschwerdeführerin auch noch aus ihrer Eigenschaft als unmittelbarer Nachbar der Liegenschaften, auf denen der Kiesabbau bewilligt werden solle.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu:
Gemäß Art. 133 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen:
1.) die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören;
...
Insoweit daher in der Beschwerde eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Selbstverwaltung der Gemeinden gerügt wird, ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf dieses Vorbringen näher einzugehen.
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
Gemäß § 98 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 (BergG 1975) in der Fassung BGBl. Nr. 355/1990 sind Parteien im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, AUF DENEN das begehrte Abbaufeld zu liegen kommt, ferner, soweit sie durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung berührt werden (§ 95 Abs. 1 Z. 4), Gewinnungs- und Speicherberechtigte sowie Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts, denen der Grundeigentümer das Gewinnen sonstiger mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechts der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen hat.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist als Partei auch das Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, anzusehen, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihm zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten des Naturschutzes, der Raumordnung, des Fremdenverkehrs oder des Umweltschutzes berührt werden. Hiedurch wird eine allfällige Parteistellung des Landes als Träger von Privatrechten (Abs. 1) nicht beeinträchtigt.
Gemäß § 99 leg. cit. sind vor Erteilung der Gewinnungsbewilligung die Geologische Bundesanstalt und, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt werden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören. Dies gilt besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muß vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften abgeleitet werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 104, angegebene
hg. Rechtsprechung). Davon ausgehend kann im gegenständlichen Fall der Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach sich aus den hier in Frage kommenden Bestimmungen der §§ 98 und 99 BergG 1975 eine Parteistellung der Standortgemeinde - im Gegensatz zum Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist (§ 98 Abs. 2 leg. cit) - nicht ergebe, nicht entgegengetreten werden.
Insoweit sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf ihre Eigenschaft als "unmittelbarer Nachbar" beruft, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, daß es sich bei diesem Vorbringen um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt (§ 41 Abs. 1 VwGG). Abgesehen davon ließe sich aus diesem Vorbringen für die Beschwerdeführerin aber auch deshalb nichts gewinnen, da im § 98 Abs. 1 BergG 1975 eine Parteistellung von unmittelbaren Nachbarn des begehrten Abbaufeldes nicht vorgesehen ist.
Die Beschwerde erwies sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994040095.X00Im RIS seit
19.03.2001