Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §292;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/14/0169Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat 1. über den Antrag des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Amtsbeschwerde gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD Krnt (Berufungssenat) vom 6. Juli 1994, Zl. B 27/1-4/91, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1987 und 1988 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens ab 1. Jänner 1989 (mitbeteiligte Partei: V-reg.Gen.m.b.H. in F) und 2. über die unter 1. genannte Beschwerde den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Vom Wiederaufnahmewerber wird folgendes behauptet:
Die im Spruch dieses Beschlusses unter 1. angeführte Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Kärnten sei der mitbeteiligten Partei am 18. August 1994 zugestellt worden. Der Wiederaufnahmewerber habe am 30. August 1994 eine gegen diesen Bescheid gerichtete Verwaltungsgerichtshofbeschwerde iSd § 292 BAO in vierfacher Ausfertigung samt zwei Ausfertigungen des angefochtenen Bescheides und einem mit 29. August 1994 datierten Begleitschreiben, in welchem auf den Tag des Ablaufes der Beschwerdefrist (29. September 1994) hingewiesen werde, an das Bundesministerium für Finanzen gesandt; er sei nämlich erlaßmäßig verpflichtet, Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof im Wege des genannten Bundesministeriums einzubringen. Der Wiederaufnahmewerber habe am 5. Dezember 1994 in Erfahrung gebracht, daß die Beschwerde nicht (fristgerecht) an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt worden sei. Das Unterlassen der Weiterleitung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde innerhalb der Beschwerdefrist stelle für ihn ein unvorhergesehenes Ereignis dar. Er habe nicht damit rechnen können, daß ihm der einzige vom Gesetz eingeräumte Weg, dem verfassungsrechtlich verankerten Legalitätsprinzip bzw. dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zum Durchbruch zu verhelfen, letztlich versperrt werde. Durch dieses unvorhergesehene Ereignis habe er die Frist zur Einbringung einer Beschwerde nach § 292 BAO versäumt. Es treffe ihn an der Versäumung der Frist kein Verschulden, weil diese auf von ihm weder zu verantwortende noch vorherzusehende, ausschließlich im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen gelegene Umstände zurückzuführen sei.
Der Präsident der Finanzlandesdirektion sandte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zusammen mit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am 16. Dezember 1994 im Postwege an den Verwaltungsgerichtshof. Unter einem wurden u.a. ein Aktenvermerk, in welchem festgehalten wird, der Wiederaufnahmewerber habe am 5. Dezember 1994 einen Organwalter des Bundesministeriums für Finanzen angerufen und dabei in Erfahrung gebracht, daß die Frist zur Einbringung der Beschwerde übersehen worden sei, sowie die Abschrift des an das Bundesministerium für Finanzen gerichteten Begleitschreibens vom 29. August 1994 vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 292 BAO ist dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion das Recht eingeräumt, gegen die Entscheidung eines Berufungssenates wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Beschwerde gemäß Artikel 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dies kann sowohl zugunsten als auch zum Nachteil der Parteien des Verwaltungsverfahrens geschehen. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an den Berufungswerber zu laufen.
Gemäß § 292 BAO iVm § 21 Abs. 1 VwGG ist der Antragsteller als Beschwerdeführer Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof; sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig (vgl hg Beschluß vom 12. Jänner 1993, Zlen. 92/14/0190 bis 0209).
Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen - an dessen Richtigkeit im Hinblick auf die vorgelegten Bescheinigungsmittel sowie den dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Aktenlauf zwischen Finanzlandesdirektionen und Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel besteht - erlaßmäßig verpflichtet, den Schriftverkehr mit dem Verwaltungsgerichtshof über den Bundesminister für Finanzen abzuwickeln. Da er die Beschwerde am 30. August 1994 und somit 29 Tage vor Ablauf der Beschwerdefrist an das Bundesministerium gesandt hat, kann ihm nicht vorgeworfen werden, er hätte nicht für einen ausreichenden Zeitraum zur Weiterleitung der Beschwerde Sorge getragen. Dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion, bei dem die Kenntnis der hg. Judikatur vorauszusetzen ist, mußte aber aufgrund des hg. Beschlusses vom 12. Jänner 1993,
Zlen. 92/14/0190 bis 0209, bekannt sein, daß im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen nicht in jedem Fall Terminstücke fristgerecht weitergeleitet werden. Angesichts dieses Umstandes hätte er, etwa durch optisch besonders auffallende (farbige) Dringlichkeitshinweise auf dem an das Bundesministerium gerichteten Begleitschreiben und durch Nachfrage im Bundesministerium binnen schicklicher Zeit vor Ablauf der Beschwerdefrist, darauf einwirken müssen, daß die Weiterleitung seiner Beschwerde vorgenommen werde.
Der Antragsteller um Wiedereinsetzung hat in seinem Antrag auch alle Tatsachen darzulegen, aus denen sich erkennen läßt, daß ihn kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden treffe. Im gegenständlichen Antrag sind keinerlei Behauptungen enthalten, daß die im vorangehenden Absatz beschriebenen erforderlichen Maßnahmen getroffen worden wären. Die Unterlassung derartiger Maßnahmen stellt aber im Hinblick auf die im Verkehr mit Gerichten für die Einhaltung von Terminen erforderliche und zumutbare Sorgfalt keinen minderen Grad des Versehens dar. Schon aus diesem Grund ist dem Antrag - durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. e gebildeten Senat - nicht stattzugeben.
2. Bereits die zu 1. gemachten Ausführungen zeigen, daß die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachte Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 erster Fall VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994140168.X00Im RIS seit
03.04.2001