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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine denkunmögliche oder willkürliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs (zur Errichtung einer Deponie) gemäß §5 Abs1 und §7 Abs1 Vlbg GVG.Spruch
1. Der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.
2. Die vom Drittbeschwerdeführer erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.a) Der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer (österreichische Staatsbürger) suchten mit Antrag vom 6. Juli 1990 um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb der Grundstücke 928, 947, 948 und 949/2, GB Fußach vom Drittbeschwerdeführer an. Die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg versagte mit Bescheid vom 12. September 1990 gemäß §5 Abs1 und §6 lita des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977, idF LGBl. 63/1987, (im folgenden kurz: Vlbg. GVG) die begehrte Genehmigung.
b) Dagegen erhoben der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer (die Käufer) fristgerecht Berufung.
Der Grundverkehrssenat des Landes Vorarlberg wies die Berufung gemäß §66 Abs4 AVG iVm §5 Abs1 und §7 Abs1 Vlbg. GVG mit Bescheid vom 31. Jänner 1992 ab.
Die Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
"Anläßlich der Besichtigung der Kaufgrundstücke durch den Grundverkehrssenat wurde festgestellt, daß es sich um mehrmähdige landwirtschaftlich genutzte Wiesen handelt. Diese Feststellung deckt sich mit jener des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz im Landschaftsschutzverfahren, wonach die Grundflächen aufgedüngte Fettwiesen darstellen. Es ist daher davon auszugehen, daß es sich um landwirtschaftliche Grundstücke gemäß §1 Abs2 Grundverkehrsgesetz handelt, sodaß der Verkehr mit diesen Grundstücken den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegt.
Gemäß §5 Abs1 Grundverkehrsgesetz ist ein Rechtserwerb an einem solchen Grundstück nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Gemäß §7 Abs1 GVG ist ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück zu genehmigen, wenn er für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.
Die Kaufgrundstücke sind laut Flächenwidmungsplan der Gemeinde Fußach als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet gewidmet. Außerdem befinden sie sich nach der Grünzonenplanverordnung der Vorarlberger Landesregierung über die überörtliche Freifläche in der Talsohle des Rheintales jenem Bereich, der der landwirtschaftlichen Nutzung auf weite Sicht hinaus gesichert ist (sic!). Der ursprünglich angegebene Erwerbszweck, wonach auch verschiedene Gebäude auf den Kaufgrundstücken zu errichten gewesen wären, hätte somit nicht verwirlicht werden können. Die auf dieser Ansicht gestützte Begründung im Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission hat dazu geführt, daß die Berufungswerber ihr ursprüngliches Ansinnen geändert haben.
Den neuen Erwerbszweck - nämlich Errichtung und Betrieb einer Deponie - wollen die Berufungswerber nach ihren eigenen Angaben nicht selber, sondern einer anderes Unternehmen verwirklichen lassen. Ungeachtet der Frage, ob die Realisierung dieses Erwerbszweckes aufgrund bestehender Vorschriften zulässig und möglich ist, hat der Grundverkehrssenat die Ansicht vertreten, daß durch dieses Vorhaben die in §5 Abs1 Grundverkehrsgesetz angeführten Interessen verletzt werden. Die Berufungswerber konnten nämlich nicht nachweisen, daß sie die Kaufgrundstücke für eigene Zwecke benötigen. Im Grundverkehrsrecht war seit jeher der Gedanke tragend, daß es darauf ankommt, daß der Erwerber die Liegenschaft selbst bewirtschaften wird (VfSlg. 5683/1968). Die Berufungswerber haben weder angegeben, daß sie die Kaufgrundstücke selber landwirtschaftlich nutzen, noch daß sie die Deponie auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften selber betreiben werden bzw. können. Somit fehlt jedoch eine aus den §§5-7 Grundverkehrsgesetz ableitbare wesentliche Voraussetzung zum Grunderwerb, nämlich der Nachweis des Eigenbedarfs bzw. der Selbstbewirtschaftung.
Beim gegenständlichen Rechtserwerb überwiegt daher offenbar das Interesse an der neuen Verwendung nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung der Grundstücke, zumal die Grundstücke gut landwirtschaftlich nutzbar sind und auch tatsächlich genutzt werden; zudem widerspricht der Rechtserwerb dem Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung mußte daher versagt werden."
2. Gegen diesen Berufungsbescheid erheben sowohl die Käufer als auch der Verkäufer (der Drittbeschwerdeführer) die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde. Sie machen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (Eigentumsrecht, Gleichheitsrecht, Recht auf ein faires Verfahren) geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Der Grundverkehrssenat als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift, in der beantragt wird, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.a) Im Administrativverfahren sind als Antragsteller und Berufungswerber nur der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer aufgetreten, nicht aber der Drittbeschwerdeführer. Dieser ist daher nicht berechtigt, beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu erheben (vgl. zB VfSlg. 7142/1973, 8718/1979, S 436, 12355/1990).
Die vom Drittbeschwerdeführer eingebrachte Beschwerde war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG zurückzuweisen. Dies konnte nach der soeben zitierten Bestimmung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
b) Hingegen ist die vom Erst- und vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Beschwerde, da alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen, zulässig.
2.a) aa) In der Beschwerde wird zum ersten vorgebracht, die Liegenschaft solle in den nächsten Jahren aufgeschüttet werden; sobald das erforderliche höhere Niveau zur Verwendung als Betriebsgrundstück erreicht sei, solle sie aber von den Käufern selbst als solches verwendet werden. Die Behörde habe die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ausschließlich mit dem Fehlen der Eigennutzung begründet; diese Begründung sei nach dem Gesagten aber denkunmöglich und willkürlich.
bb) Unbestritten ist, daß es sich bei den Kaufgrundstücken um mehrmähdige landwirtschaftlich genutzte Wiesen handelt, also um Grundstücke, die nach §1 Abs1 lita Vlbg. GVG dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen.
Die Behörde beruft sich bei ihrer Entscheidung auf §5 Abs1 und §7 Abs1 leg.cit. Diese Bestimmungen lauten:
"§5
(1) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita ist nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht, der Rechtserwerb an ausschließlich forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken überdies nur dann, wenn er dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interessee oder dem Interesse der Forstwirtschaft im besonderen nicht widerspricht.
(2) . . .".
"§7
(1) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita ist zu genehmigen, wenn er zum Zwecke des Wohnbaues, zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.
(2) . . .".
Das Schwergewicht der Begründung des angefochtenen Bescheides liegt nicht darin, daß keine Eigennutzung des Grundstückes erfolgen werde, sondern darin, daß die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nach §7 Abs1 Vlbg. GVG nicht vorliegen.
Selbst wenn die Annahme der Beschwerdeführer, es sei eine Umwidmung der Grundstücke zu erwarten, gerechtfertigt sein sollte, ist die - ausführlich begründete - Einschätzung des Grundverkehrssenates keineswegs denkunmöglich oder willkürlich.
Die Beschwerdeführer wurden daher weder im Eigentums- noch im Gleichheitsrecht verletzt.
b) Zum zweiten erachten sich die Beschwerdeführer in dem durch Art6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren deshalb verletzt, weil die Zusammensetzung des Grundverkehrssenates nicht den an ein "Tribunal" iS dieser Konventionsnorm zu stellenden Ansprüchen genügt habe. Diese Behauptung wird gleich wie in der - vom selben Rechtsanwalt - zu B97/92 erhobenen Beschwerde begründet.
Zu ihrer Widerlegung ist auf das die erwähnte Beschwerde abweisende Erkenntnis vom heutigen Tag (Pkt. II.1.) zu verweisen.
Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3. Diese konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
4. Der obsiegenden Behörde waren die begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil ihr nach §88 VerfGG ersatzfähige Kosten (etwa Reisekosten) nicht entstanden sind.
Schlagworte
GrundverkehrsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B384.1992Dokumentnummer
JFT_10078870_92B00384_00