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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchZuspruch von Schadenersatz für den an Obstkulturen entstandenenWildschaden; landesgesetzliche Ausnahmeregelungen von derverschuldensunabhängigen Haftung zB für Obstgärten imrechtspolitischen Gestaltungsspielraum und sachlich gerechtfertigt;Nichtanwendung der für Obstgärten geltenden Regelung aufErdbeerkulturen weder willkürlich noch denkunmöglich; keinewillkürliche Auswechslung des Geschädigten durch bloß fehlerhafteBezeichnung; keine verfassungswidrige Zusammensetzung derLandeskommission, keine Zweifel an der Unparteilichkeit; kein Verstoßgegen das Recht auf eine mündliche Verhandlung durch Unterlassung deröffentlichen Verkündung des BescheidesSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist eine Jagdgesellschaft und Jagdausübungsberechtigte der Eigen- und Genossenschaftsjagd Pöttsching. Mit dem - in Abänderung von Schiedssprüchen der Schiedskommission Pöttsching ergangenen - Bescheid der Bezirksschiedskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 25. November 2003 wurde sie verpflichtet, der mitbeteiligten Partei für den an ihren Erdbeerkulturen entstandenen Wildschaden in der Höhe von € 6.991,-- Ersatz zu leisten. Mit dem über Berufung der beschwerdeführenden Partei ergangenen angefochtenen Bescheid der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 17. Februar 2006 wurde die Ersatzpflicht mit € 5.243,-- festgesetzt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird sowie "für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde" ihre Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes teilte das Amt der Burgenländischen Landesregierung mit, dass Entscheidungen der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden nicht publiziert würden, jedoch auf Anfrage - nach Anonymisierung - öffentlich zugänglich gemacht würden.
II. Die - gemäß §193 Abs3 Bgld. Jagdgesetz 2004 - hier maßgeblichen Bestimmungen des Bgld. Jagdgesetzes 1988, LGBl. Nr. 11/1989 (im Folgenden: Bgld JagdG 1988), lauten:
"Maßnahmen zum Schutz der Kulturen
§108. (1) Wenn sich in einem Jagdgebiet die Verminderung einer Wildart im Interesse der durch sie geschädigten Land- und Forstwirtschaft als notwendig herausstellt, hat die Bezirksverwaltungsbehörde diese nötigenfalls ziffernmäßig festzusetzende und innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführende Verminderung von Amts wegen oder über Antrag des Jagdausübungsberechtigten, des Jagdausschusses oder der Burgenländischen Landwirtschaftskammer anzuordnen. Diese Verminderung ist im Bedarfsfall selbst während der Schonzeit durchzuführen.
...
(6) Erleidet ein landwirtschaftlicher Betrieb auch nach Durchführung der im Abs1 und 2 genannten Maßnahmen an jungen, höchstens drei Jahre alten Weingarten, Ribisel- oder Ananaserdbeerenkulturen oder höchstens zehn Jahre alten Forstkulturen schwere Wildschäden, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Antrag des Geschädigten nach Anhören des Bezirksjagdbeirates den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, zum Schutze dieser Kulturen Zäune, Gitter und dergleichen zu errichten (Flächenschutz) oder einen Einzelpflanzenschutz durch geeignete Schutzmittel durchzuführen.
...
...
Haftung für Jagd- und Wildschäden
§111. (1) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet,
a) ...
b) den innerhalb seines Jagdgebietes vom Wild an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Erzeugnissen verursachten Schaden (Wildschaden), sofern dieser nicht auf Grundstücken eingetreten ist, auf denen nach den Bestimmungen des §21 Abs1 und 2 die Jagd ruht, oder sofern dieser nicht von ganzjährig geschonten Wildarten verursacht wurde, nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu ersetzen.
...
Wildschäden an gartenmäßig bewirtschafteten Grundstücken und
sonstigen wertvollen Anpflanzungen
§115. (1) Wildschäden in Obst-, Gemüse- und Ziergärten, Baumschulen, Rebschulen, Christbaumkulturen und Forstgärten, auf denen die Jagd nicht ohnedies gemäß §21 Abs1 und 2 ruht, und an einzelstehenden Bäumen sind nur dann zu ersetzen, wenn erwiesen ist, daß der Besitzer vergeblich solche Vorkehrungen getroffen hat, durch die ein ordentlicher Landwirt derartige Anpflanzungen zu schützen pflegt.
(2) Als solche Vorkehrungen sind entweder das Einfrieden des Grundstückes mit einem hasendichten, mindestens 120 cm hohen Zaun, oder das Umkleiden der Stämme mit Baumkörben, Stroh, Schilf und dergleichen, bei Baumformen jedoch, bei denen auch das Astwerk durch Wild gefährdet ist, die Umwehrung des ganzen Baumes oder der ordnungsgemäße Anstrich mit amtlich anerkannten Wildverbißmitteln anzusehen; die Umwehrung muß so angebracht sein, daß das Wild nicht an die gefährdeten Baumteile gelangen kann. Baum- und Rebschulen sowie Buschobstanlagen sind durch eine hasendichte, mindestens 120 cm hohe Einfriedung zu schützen.
(3) Der Besitzer ist zum Ausschaufeln der Einfriedungen und Baumumkleidungen bei hohem Schnee nicht verpflichtet; stellt er jedoch ein bedrohliches Anhäufen der Schneelage fest, so hat er den Jagdausübungsberechtigten oder seinen Jagdaufseher rechtzeitig darauf aufmerksam zu machen.
...
Anmeldung des Schadens
§121. (1) Jagd- oder Wildschäden sind vom Geschädigten binnen zweier Wochen - bei Wald binnen vier Wochen - nachdem ihm der Schaden bekannt wurde, beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten geltend zu machen. Kommt binnen zweier Wochen nach Geltendmachung ein Vergleich über den Schadenersatz nicht zustande, so ist über diesen in einem Schiedsverfahren abzusprechen.
...
(3) Unterläßt der Geschädigte die rechtzeitige Geltendmachung seines Anspruches, so erlischt sein Entschädigungsanspruch, sofern er nicht nachzuweisen vermag, daß er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Geltendmachung seines Ersatzanspruches gehindert war.
...
...
Landeskommission für Jagd- und Wildschäden
§130. (1) Die Landeskommission für Jagd- und Wildschäden, im folgenden Landeskommission genannt, ist beim Amte der Landesregierung zu bilden. Sie besteht aus einem vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien über Vorschlag der Landesregierung zu bestellenden Richter als Vorsitzenden sowie aus folgenden von der Landesregierung zu bestellenden Mitgliedern:
a) einem rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung als Berichterstatter;
b) zwei auf dem Gebiete der Land- und Forstwirtschaft sachkundigen Personen, auf Vorschlag der Burgenländischen Landwirtschaftskammer;
c) zwei auf dem Gebiete des Jagdwesens sachkundigen Personen, auf Vorschlag des Burgenländischen Landesjagdverbandes. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen.
(2) Sämtliche Mitglieder (Ersatzmitglieder) werden auf die Dauer von fünf Jahren bestellt. Scheidet ein Mitglied (Ersatzmitglied) während der Amtsperiode aus, so ist für den Rest der Periode ein neues Mitglied (Ersatzmitglied) zu bestellen.
(3) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) haben bei Antritt ihres Amtes dem Vorsitzenden mit Handschlag die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihres Amtes zu geloben. Sie bleiben bis zur Neubestellung der Landeskommission im Amt.
(4) (Verfassungsbestimmung) Die Mitglieder der Landeskommission sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisung gebunden.
(5) Die Landeskommission ist vom Vorsitzenden acht Tage vorher zur Sitzung schriftlich einzuberufen. Sie ist bei Anwesenheit des Vorsitzenden und dreier weiterer Mitglieder beschlußfähig. Die Landeskommission entscheidet mit Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
§126 gilt sinngemäß.
(6) Eine Berufung gegen die Entscheidung der Landeskommission ist nicht zulässig. Die Entscheidung unterliegt nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erkannt:
1.1. Die beschwerdeführende Partei behauptet zunächst die Verfassungswidrigkeit des §115 Bgld JagdG 1988, weil die darin enthaltene Aufzählung von Anpflanzungen eine unsachliche Differenzierung enthalte. Es sei sachlich nicht begründbar, warum Erdbeerkulturen nicht wie andere Gemüse-, Obst- oder Salatpflanzungen der eingeschränkten Ersatzpflicht dieser Bestimmung unterlägen. Schaffe jemand durch Anpflanzung einer besonders wertvollen Sonderkultur eine besondere Gefahrenlage, müsse er auch die damit verbundenen Folgen tragen und das Gut schützen.
1.2. §115 Bgld JagdG 1988 normiert eine Ausnahme vom Prinzip der verschuldensunabhängigen Schadenshaftung des Jagdausübungsberechtigten für Jagd- und Wildschäden (§111 leg. cit.). Für bestimmte, in Abs1 dieser Bestimmung angeführte Anpflanzungen wird diese Haftung dahingehend eingeschränkt, dass Wildschäden nur dann zu ersetzen sind, wenn sie der Geschädigte durch geeignete, in Abs2 und 3 dieser Bestimmung näher spezifizierte Vorkehrungen geschützt hat.
1.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es an sich sachlich begründet, auf Grund der gegebenen Besonderheiten das Schadenersatzrecht für Wildschäden einer speziellen, von den Schadenersatzbestimmungen des ABGB allenfalls abweichenden Regelung zu unterziehen; dafür ist der Landesgesetzgeber als Jagdgesetzgeber gemäß Art15 Abs9 B-VG zuständig (VfSlg. 15.917/2000 mwN).
1.3.1. Dies gilt auch für Schäden, die an Obstkulturen verursacht werden. Es liegt im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers, ungeachtet des Prinzips der Verursacherhaftung ein (Mit-)Verschulden dessen, der die an sich üblichen und daher auch von ihm zu erwartenden Einzäunungen unterlässt, entsprechend zu berücksichtigen. Der Verfassungsgerichtshof kann aber nicht finden, dass der Landesgesetzgeber den ihm im vorliegenden Fall zukommenden Gestaltungsspielraum überschritten hätte oder dass §115 Abs1 Bgld JagdG 1988 eine unsachliche Differenzierung enthielte: Diese Bestimmung stellt für die in den Fällen des §115 leg. cit. gegenüber der Grundregel des §111 Abs1 litb leg. cit. eingeschränkte Schadenshaftung nicht schlechthin darauf ab, dass es sich um eine "wertvolle Anpflanzung" handelt. Vielmehr liegt der Sinn der Ausnahmevorschrift darin,
"dass in den dort aufgezählten Fällen, in welchen der Besitzer von sich aus normalerweise Schutzmaßnahmen ergreift, seine Nachlässigkeit zur Entlastung des Jagdberechtigten führen soll" (so zur inhaltlich vergleichbaren Bestimmung des Oö JagdG der Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 5. Dezember 1995, 4 Ob 593/95).
1.3.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Landesgesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Überlegungen nicht entgegen zu treten, wenn er die Ausnahmebestimmung des §115 Abs1 Bgld JagdG 1988 - soweit sie Obstkulturen betrifft - auf in Obst"gärten" bewirtschaftete Obstkulturen beschränkt hat, sodass Wildschäden, die an anderen Formen von Obstkulturen entstehen, der allgemeinen Haftungsregel des §111 Abs1 litb leg. cit. unterliegen.
2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
2.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der dem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften (siehe zuvor Pkt. III.1.) könnte die beschwerdeführende Partei nur durch eine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung in ihrem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden sein.
Schon im Hinblick auf die für "Ananaserdbeerkulturen" in §108 Abs6 Bgld JagdG 1988 getroffene Anordnung hat die belangte Behörde §115 Abs1 leg. cit. nicht denkunmöglich angewendet, wenn sie die im vorliegenden Fall strittigen Erdbeerkulturen nicht als "Obstgarten" iS dieser Bestimmung qualifiziert hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat im gegebenen Zusammenhang nicht zu untersuchen, ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig ausgelegt hat, sondern nur, ob diese Interpretation denkunmöglich oder willkürlich ist. Davon kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht die Rede sein.
2.2. Die beschwerdeführende Partei behauptet weiters, die Behörde habe in willkürlicher Weise die geschädigte Partei "ausgetauscht". Die (örtliche) Schiedskommission habe nämlich P.M.H. als Geschädigten geführt, obwohl dieser lediglich als Vertrauensperson iS des §122 Abs1 Bgld JagdG 1988 in die Schiedskommission entsandt worden sei; erst die Bezirksschiedskommission habe als Geschädigte die "Sonnenobst H. (H.H.)" angeführt. Diese habe aber nicht (rechtzeitig) iS des §121 leg. cit. den Schaden gemeldet, sodass der Entschädigungsanspruch erloschen sei.
Ein solches willkürliches Verhalten kann der Behörde im vorliegenden Fall aber nicht angelastet werden: Die (örtliche) Schiedskommission hat sich - worauf die belangte Behörde schon im angefochtenen Bescheid hinweist - offenkundig lediglich im Ausdruck vergriffen und tatsächlich die Sonnenobst H. (H.H.) als Geschädigte angesprochen (vgl. VfSlg. 14.208/1995). Diese hat auch - wie die Beschwerde übrigens auf S. 8 selbst zugesteht - den Schaden iS des §121 leg. cit. geltend gemacht.
3. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt das durch Art83 Abs2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ua. dann, wenn der Bescheid durch eine zwar an sich zuständige, aber unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde erlassen wird (zB VfSlg. 2679/1954, 3406/1958, 3752/1960, 4567/1963, 4664/1964, 5296/1966, 7293/1974, 8731/1980, 9116/1981, 10.022/1984, 11.108/1986, 11.336/1987, 11.350/1987, 13.946/1993). Kollegialbehörden iS des Art20 Abs2 B-VG bzw. des Art133 Z4 B-VG unterliegen auf Grund ihrer einem ordentlichen Gericht nahe kommenden Stellung in der Frage der Zusammensetzung zur Durchführung fortgesetzter Verhandlungen denselben strengen Regeln wie kollegial besetzte Gerichte (VfSlg. 4664/1964, 4728/1964). Ihre Mitglieder dürfen demnach jedenfalls in diesem Verfahrensstadium nicht mehr ausgewechselt werden (VfSlg. 11.108/1986).
3.1. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich dadurch in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, dass die beiden auf dem Gebiet des Jagdwesens sachkundigen Mitglieder der Landeskommission zwischen den beiden Verhandlungsterminen ausgewechselt worden seien, sodass die belangte Behörde nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt gewesen sei. Es sei weder das Beweisverfahren neu durchgeführt, noch ein Verhinderungsgrund für die vormaligen Kommissionsmitglieder geäußert oder protokolliert worden.
3.2. Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei nicht im Recht. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, handelt es sich bei der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden nach dem Bgld JagdG 1988 um eine - alle Voraussetzungen des Art6 Abs1 EMRK an ein "Tribunal" iS dieser Bestimmung erfüllende - Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iS des Art133 Z4 B-VG (VfSlg. 14.207 und 14.208/1995; siehe auch VwGH 4. Mai 2006, 2006/03/0056).
3.2.1. Es trifft zwar zu, dass die - der (nichtöffentlichen) Beschlussfassung über den Bescheid unmittelbar vorangegangene - mündliche Verhandlung der Landeskommission am 4. November 2005 in anderer Besetzung als die mündliche Verhandlung am 14. Juni 2004 stattgefunden hat. In dieser ersten Verhandlung wurde ausweislich des Verhandlungsprotokolls jedoch (lediglich) die Vertagung und Ergänzung des Verfahrens durch Beiziehung eines wildbiologischen und eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zur Klärung der Schadensverursachung und der Schadenshöhe beschlossen. Diese Gutachten wurden den Parteien des Verfahrens zugestellt, die sich dazu jeweils schriftlich äußerten. Das Verhandlungsprotokoll der (zweiten) Verhandlung vom 4. November 2005 lautet auszugsweise:
"Eingangs referiert der Vorsitzende den Aktenstand ... Die Parteienvertreter verweisen auf ihre schriftlichen Ausführungen. Insbesondere werden die Ergebnisse des sachverständigen Gutachtens [erörtert] ..."
3.2.2. Es kann auf sich beruhen, ob in der zweiten Verhandlung das bisherige Verfahren zwar nicht formell (vgl. dazu etwa VfSlg. 16.907/2003), aber - durch die Verlesung des Aktenstandes - der Sache nach neuerlich durchgeführt wurde, hatte sich doch die Behörde in der ersten mündlichen Verhandlung darauf beschränkt, einen Beschluss über die Beiziehung von Sachverständigen zu fassen; es wurden also keine Beweisaufnahmen oder andere Prozesshandlungen durchgeführt, hinsichtlich derer nach einer Änderung der Zusammensetzung der Kollegialbehörde eine Wiederholung geboten gewesen wäre.
Eine Beweisaufnahme durch Behandlung der von der belangten Behörde eingeholten Gutachten wurde vielmehr erstmals in der zweiten Verhandlung vorgenommen. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid - anders als in dem von der Beschwerde angeführten Erkenntnis VfSlg. 11.336/1987 - sodann in jener personellen Zusammensetzung beschlossen, in der die unmittelbar vorangegangene - der Beweisaufnahme und der Erörterung der Gutachten dienende - mündliche Verhandlung abgehalten wurde. Eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt unter dem von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Gesichtspunkt im vorliegenden Fall daher nicht vor.
4.1. Schließlich behauptet die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Art6 Abs1 EMRK. Diese erblickt sie zum einen darin, dass in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2005 ein Kommissionsmitglied als "jagdfachliche[r] Sachverständige[r]" angeführt werde.
Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, handelt es sich dabei um eines der gemäß §130 Abs1 litc Bgld JagdG 1988 bestellten, auf dem Gebiet des Jagdwesens sachkundigen Kommissionsmitglieder (das an einer anderen Stelle der Niederschrift auch als "jagdfachliche[s] Mitglied der Kommission" bezeichnet wird). Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 15.917/2000 zur entsprechenden Bestimmung nach dem NÖ JagdG 1974 ausgesprochen hat, ergeben sich aus der Mitwirkung von sachkundigen Personen an der Entscheidungsfindung keine Bedenken im Hinblick auf die von Art6 Abs1 EMRK geforderte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Tribunals (wie der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden nach dem Bgld JagdG 1988), sofern nicht bestimmte Tatsachen objektiv Anlass dafür geben, diese Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (wie zB im Fall der Ausübung auch der Funktion eines Sachverständigen durch ein Kommissionsmitglied im selben Verfahren - vgl. VfSlg. 16.827/2003). Eine Parteilichkeit könnte demnach nur im Einzelfall in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben. Weder vermag dies der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall zu erkennen, noch sind solche besonderen Umstände in der Beschwerde vorgebracht worden.
4.2. Zum anderen sei der angefochtene Bescheid entgegen Art6 Abs1 EMRK nicht mündlich verkündet oder öffentlich bekannt gemacht, sondern den Parteien lediglich zugestellt worden.
4.2.1. Im Verfahren über den Ersatz von Wildschäden wird ein zivilrechtlicher Anspruch iS des Art6 Abs1 EMRK verhandelt (VfSlg. 11.591/1987, 11.646/1988, 14.213/1995). Art6 Abs1 Satz 2 EMRK bestimmt, dass "das Urteil ... öffentlich verkündet werden" muss.
4.2.2. In der Unterlassung der öffentlichen Verkündung des angefochtenen Bescheides kann hier aber kein in die Verfassungssphäre reichender Verfahrensmangel erblickt werden (vgl. auch VfSlg. 15.821/2000, S. 731):
Nach der Aktenlage wurde die beschwerdeführende Partei durch die Entscheidung der Bezirksschiedskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg verpflichtet, der beteiligten Partei den entstandenen Wildschaden zu ersetzen. Dieser Bescheid wurde am 17. September 2003 nach durchgeführter mündlicher Verhandlung öffentlich verkündet. Die Landesschiedskommission hat am 4. November 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der sie verkündet hat, dass ihre Entscheidung schriftlich ergehen werde, und mit dem angefochtenen Bescheid die Schadenersatzpflicht der beschwerdeführenden Partei bestätigt und lediglich die zu leistende Schadenssumme herabgesetzt.
Angesichts des Umstandes, dass im Verfahren vor der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist und jedermann die Möglichkeit hat, eine Kopie der Entscheidung dieser Behörde zu erlangen, überdies die - mit dem angefochtenen Bescheid im Wesentlichen bestätigte - Entscheidung der Bezirksschiedskommission mündlich verkündet wurde, kann die beschwerdeführende Partei nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht mit Erfolg geltend machen, durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung des angefochtenen Bescheides in ihrem Recht nach Art6 Abs1 EMRK verletzt worden zu sein (vgl. ua. EGMR 22.2.1984, Sutter gg Schweiz, EuGRZ 1985, 229).
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).
6. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil die Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Burgenländischen Landesregierung eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Behörde ist, gegen deren Entscheidung mangels einer ausdrücklichen anders lautenden Vorschrift die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist (VwGH 4. Mai 2006, 2006/03/0056).
7. Der obsiegenden Partei waren die begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil der Behörde keine nach §88 VfGG ersatzfähigen Kosten erwachsen sind (VfSlg. 14.207 und 14.208/1995).
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Jagdrecht, Wildschaden, Kompetenz Bund - Länder Jagdwesen, KompetenzBund - Länder Zivilrechtswesen, Adhäsionskompetenz, Zivilrecht,Schadenersatz, Ausnahmeregelung - Regel, Kollegialbehörde,Behördenzusammensetzung, Sachverständige, Verhandlung mündliche,BescheidverkündungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B729.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009