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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art138 Abs1 litcLeitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen zwei unabhängigen Verwaltungssenaten; keine Ablehnung der Entscheidung wegen Unzuständigkeit durch bloße Weiterleitung der Akten an eine andere BehördeSpruch
I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
III. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonflikts zwischen dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien und dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wies die an ihn vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gemäß §6 AVG weitergeleitete Berufung des R R gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den
6. und 7. Bezirk, vom 9. Oktober 1991, Z MBA 06-18/020/1/Str, mit Beschluß vom 16. September 1992, ZVwSen - 220190/2/Kl/Kf, wegen Unzuständigkeit zurück.
1.2.1. Gegen diesen Bescheid erhob R R Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG, in der er die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts begehrt (prot. zu B1678/92).
1.2.2. Weiters stellte er gemäß Art138 Abs1 litc B-VG den Antrag, einen in der zu Punkt 1.1. bezeichneten Verwaltungssache zwischen dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien und dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bestehenden negativen Kompetenzkonflikt (über die Zuständigkeit zur Erledigung der Berufung gegen das oben genannte Straferkenntnis) zu entscheiden (prot. zu KI-3/92).
2.1. Zur Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG:
2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
2.1.2. Die Beschwerde behauptet ua. die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG). Die gerügte Rechtsverletzung - Zurückweisung einer Berufung als unzulässig; s. Punkt 1.1. - wäre hier aber den Umständen nach nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nach Lage dieses Falls nicht anzustellen. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ausgeschlossen.
2.1.3. Demgemäß wurde beschlossen, gemäß Art144 Abs2 B-VG von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (Spruchpunkt I.) und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten (Art144 Abs3 B-VG) (Spruchpunkt II.).
2.2. Zum Antrag gemäß Art138 Abs1 litc B-VG:
2.2.1. Ein verneinender Kompetenzkonflikt setzt jedenfalls voraus, daß beide in Betracht kommenden Behörden eine Entscheidung in derselben Sache aus dem Grund der Unzuständigkeit abgelehnt haben. Diese Voraussetzung wurde hier vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien allein durch Weiterleitung der Akten iS des §6 AVG noch nicht erfüllt (s. vglw. auch VfSlg. 5473/1967, 11037/1986). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 3. April 1989, Z89/10/0085, aussprach, steht es dem Einschreiter in einem derartigen Fall - zunächst - offen, bei der die Rechtssache weiterleitenden Behörde (hier dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien) auf Erledigung seiner dort eingebrachten Eingabe (Berufung) zu beharren.
2.2.2. Da ein Kompetenzkonflikt demnach gar nicht entstand, war der Antrag wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs zurückzuweisen (Spruchpunkt III.).
2.3. Der Anregung in der Eingabe, ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§47 Abs1 und 50 Abs1 VerfGG 1953 einzuleiten, konnte schon mangels Präjudizialität dieser gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprochen werden (wie sich aus den Feststellungen zu Abschnitt 2.2. ergibt, besteht ein verneinender Kompetenzkonflikt (§50 Abs1 leg.cit.) gar nicht; ein bejahender (§47 Abs1 leg.cit.) scheidet schon nach der Aktenlage aus).
2.4. Diese Beschlüsse konnten ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden (§19 Abs3 Z1 und Z2 lita VerfGG 1953).
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, Unabhängiger Verwaltungssenat, Verwaltungsverfahren, Zuständigkeit örtliche, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1678.1992Dokumentnummer
JFT_10078870_92B01678_00