TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 95/04/0001

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §42;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der X-KG in R, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. November 1994, Zl. 317.500/1-III/A/2a/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: C in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. November 1994 wurde die Berufung (u.a.) der Beschwerdeführerin gegen "den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 18.8.1994, Zl. 13654/1v-94, welcher gemäß § 334 Z. 7 GewO 1994 im Namen des Landeshauptmannes als Behörde erster Instanz erlassen wurde," gemäß § 359 Abs. 4 i.V.m. § 356 Abs. 3 GewO 1994 zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es zusammenfassend, daß es die berufungswerbenden Nachbarn (u.a. die Beschwerdeführerin) unterlassen hätten, "in der (1.) Augenscheinsverhandlung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz auf Grund des verfahrensgegenständlichen Ansuchens vom 1.7.1993, welche am 10.9.1993 durchgeführt wurde, Einwendungen gegen die projektierte Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 2, 3 oder 5 GewO 1994 zu erheben und somit keine Parteistellung erlangt haben".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht als Beschwerdepunkt im Sinne

des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend:

"Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihrem Recht verletzt, als die belangte Behörde keine Überprüfung der materiellrechtlichen Einwendungen in der Berufung über die Zulässigkeit des gegenständlichen Betriebsanlagenverfahrens getroffen hat und ihr entgegen der Bestimmung des § 356 GewO in Verbindung mit § 74 GewO zu Unrecht die Parteistellung aberkannt hat."

In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes wird im wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe von der ihr obliegenden "Verpflichtung" (zur Erhebung von Einwendungen im Rechtssinne) sehr wohl Gebrauch gemacht, indem insgesamt zehn Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben worden seien (vgl. Protokoll vom 10. September 1993). Die darin erhobenen Einwendungen ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, worin sich die Beschwerdeführerin beschwert erachtet habe bzw. daß Einwendungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 "vorgenommen" worden seien. Der Vertreter der Beschwerdeführerin habe in der Verhandlung vom 10. September 1993 Einwendungen erhoben, indem er klar zum Ausdruck gebracht habe, daß durch das gegenständliche Bauvorhaben mit Lärmbelästigungen zu rechnen sei und auch Gefährdungen durch Staub und andere Partikel zu erwarten seien (Einwendungen unter 3. und 4.). Auf die mögliche Gesundheitsgefährdung sei insbesondere auch unter Punkt 8. hingewiesen worden, in dem folgende Einwendung erhoben worden sei: "Laut Aussage des Bauwerbers in der heutigen Bauverhandlung sei mit Lkw-Abfahrten ab 04.30 Uhr zu rechnen, was für die Anrainer unzumutbar sei, zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Gesundheit führen kann." Aus diesen Einwendungen bestehe wohl kein Zweifel über die Intentionen der Beschwerdeführerin bzw. der von ihr vermuteten und eingewendeten Verknüpfung von Immissionen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994.

Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung sowie die gemäß Abs. 3 bestehenden Voraussetzungen für die Begründung der Parteistellung sind den Nachbarn durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

Nach § 356 Abs. 3 GewO 1994 sind im Verfahren gemäß Abs. 1, unbeschadet des folgenden Satzes, nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Nach § 359 Abs. 4 erster Satz GewO 1994 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11.745/A, unter Bezugnahme auf seine dort angeführte weitere Rechtsprechung dargetan hat, liegt eine Einwendung nur dann vor, wenn der Beteiligte die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist, d.h. es muß auf eine oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 3 oder 5 GewO 1973 (nunmehr GewO 1994), im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein.

Ist Eigentümer eines Nachbargrundstückes oder dinglich Berechtigter an einem solchen Grundstück eine juristische Person, so schließt diese Eigenschaft als juristische Person, wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 87/04/0007, dargelegt hat, eine Nachbarstellung wegen Gefährdung oder Belästigung im Sinne des § 75 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil, und damit die Erlangung einer Parteistellung aus. Eine persönliche Gefährdung oder Belästigung (etwa) durch "Lärm, Geruch und Gas" kommt in Ansehung einer juristischen Person schon begrifflich nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntis vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0178).

Nichts anderes kann für den Fall gelten, daß Eigentümer eines Nachbargrundstückes (oder dinglich Berechtigter an einem solchen Grundstück) eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist (vgl. dazu auch Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage2, Rz. 209, 3.1).

Davon ausgehend kann mit der vorliegenden Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden. Stellt doch das in der Beschwerde dargestellte Vorbringen (in der Verhandlung vom 10. September 1993) auf eine persönliche Gefährdung oder Belästigung durch Lärm, Staub "und andere Partikel" ab. Dafür aber, daß etwa die Beschwerdeführerin die Gefährdung ihres Eigentumes oder sonstiger dinglicher Rechte im Sinne der §§ 74 Abs. 2 Z. 1 i. V.m. 75 Abs. 1 GewO 1994 geltend gemacht hätte, ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen keinerlei Anhaltspunkte.

Derart kann es aber auch dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen überhaupt in einer Augenscheinsverhandlung im Grunde des § 356 Abs. 1 GewO 1994 erhoben wurde (in der mit der Beschwerde in Ablichtung vorgelegten Verhandlungsschrift vom 10. September 1993 wird als Gegenstand der Verhandlung - nur - "... das ... Ansuchen ... um die Erteilung der Baubewilligung ..." bezeichnet; dazu ist in der Beschwerde - mehrdeutig - von "der mündlichen Verhandlung vom 10.09.1993, die gleichzeitig Bauverhandlung war", die Rede).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040001.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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