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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. September 1993, Zl. 4.320.008/4-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. September 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Ghanas, der am 11. Juli 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. August 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Auffassung war, er sei vor seiner Einreise nach Österreich bereits in den Niederlanden vor Verfolgung im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 sicher gewesen, sondern auch deshalb, weil sie meinte, der Beschwerdeführer sei in seinem Heimatland einer Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht ausgesetzt gewesen bzw. er hätte eine solche auch für den Fall einer etwaigen Rückkehr in seine Heimat nicht zu befürchten.
Soweit sich der angefochtene Bescheid darauf stützt, dem Beschwerdeführer sei es, falls er entsprechende Anstrengungen unternommen hätte, jedenfalls möglich gewesen, im Zuge seines Zwischenaufenthaltes in Amsterdam Asyl zu beantragen und er sei dort vor Verfolgung sicher im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gewesen, macht der Beschwerdeführer geltend, er sei - wie er bereits bei seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben habe - von Akkra über Amsterdam nach Wien geflogen. Beim "Zwischenstop" in den Niederlanden habe es sich aber um einen solchen gehandelt, der dem Beschwerdeführer nicht berechtigt habe, "das Flughafengebäude zu verlassen". Auf "die konkreten Umstände dieses Falles" sei die belangte Behörde allerdings nicht eingegangen. Denn sie sei - ohne diesbezügliche Erhebungen durchzuführen - von der Möglichkeit einer Asylantragstellung ausgegangen, obwohl es sich beim Aufenthalt des Beschwerdeführers nur um einen flugbedingten Zwischenstop gehandelt habe.
Dieses Vorbringen ist dahin zu verstehen, daß der Beschwerdeführer im Gegensatz zur Annahme der belangten Behörde, er habe in den Niederlanden nicht befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden, darlegt, er habe im Zuge seines Zwischenaufenthaltes in Amsterdam in Wahrheit nicht die Möglichkeit gehabt, eine Prüfung seiner Fluchtgründe zu veranlassen und er sei daher - wäre er nicht weitergereist - von Abschiebung in sein Heimatland bedroht gewesen.
Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte freilich nicht mehr ohne weiteres die Rede davon sein, daß - so die Begründung des angefochtenen Bescheides - nicht nur die rechtlichen Voraussetzungen für den nach § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 geforderten Schutz, sondern für den Beschwerdeführer auch tatsächlich die Möglichkeit bestanden hätte, diesen durch oder bei Kontaktnahme mit den Behörden zu aktualisieren.
Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber, soweit die belangte Behörde den Bescheid auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stützte, die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0311).
Es ist daher weiters zu prüfen, ob die belangte Behörde die Abweisung des Asylantrages zutreffend darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu qualifizieren sei. In dieser Hinsicht gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist.
Aus den dort dargelegten Erwägungen stellt sich der angefochtene Bescheid in bezug auf die Anwendung des § 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Asylgesetz 1991 als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG belastet dar. Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte - aus diesem Grunde aufzuheben, weil die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/19/1306).
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Das Barauslagen betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem für den Schriftsatzaufwand zuerkannten Pauschbetrag sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die für den Beschwerdeführer mit der Einbringung der Beschwerde verbunden waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994190853.X00Im RIS seit
20.11.2000