TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/2 94/19/1330

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Veröffentlicht am 02.03.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993, Zl. 4.310.988/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der "ehemaligen UdSSR" der am 12. März 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 3. Mai 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen und ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Auffassung war, der Beschwerdeführer sei vor seiner Einreise nach Österreich bereits in der CSFR vor Verfolgung sicher gewesen, sondern auch deshalb, weil sie meinte, der Beschwerdeführer sei in seinem Heimatland Verfolgung im Sinne des - im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht ausgesetzt gewesen.

Soweit sich der angefochtene Bescheid darauf stützt, der Beschwerdeführer sei bereits in der CSFR vor Verfolgung sicher im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gewesen, wird in der Beschwerde geltend gemacht, diese Feststellung müsse als "unrichtig zurückgewiesen werden". In Prag sei ein Lette durch "das dort präsente KGB sowie das dort stationierte sowjetische Militär" gefährdet. Deshalb hätte sich der Beschwerdeführer in der CSFR polizeilich nicht angemeldet, sondern mit der österreichischen Botschaft und mit "Christian Solidarity International" in Wien Verbindung aufgenommen und er sei Dank dieser Institutionen nach Österreich eingereist. Daß die Behörden der CSFR eine eventuelle Abschiebung in der Verfolgerstaat hätten verhindern könne, wäre nur dann richtig, wenn KGB und sowjetisches Militär demokratische Institutionen wären und ethische Verhaltensregeln akzeptierten. Es sei jedoch "bekannt, wie sie mit List, Gewalt und Terror werkten".

Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte freilich nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer bereits in der CSFR vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, durch wurde ihm - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb das Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber, soweit die belangte Behörde den Bescheid auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stützte, die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/19/1306).

Es ist daher des weiteren zu prüfen, ob die belangte Behörde die Abweisung des Asylantrages zutreffend darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu qualifizieren sei. In dieser Hinsicht gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, Zl. G 92, 93/94) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist.

Aus den dort dargelegten Erwägungen stellt sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf die Anwendung des § 1 Z. 1 iVm mit § 3 Asylgesetz 1991 als inhaltlich rechtswidrig gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG dar. Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte - aus diesem Grunde aufzuheben, da die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. u.a. das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994).

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere Art. III Abs. 2. Das die Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da nur jene, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zugesprochen werden könne.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994191330.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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