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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch DDr. C, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Februar 1994, Zl. 4.343.553/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, der von Italien kommend in das Bundesgebiet eingereist war, versuchte unter dem Namen O am 8. Oktober 1993 mit einem gefälschten britischen Paß in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen. Die Beamten der bayrischen Grenzpolizei wiesen den Beschwerdeführer - nachdem sie die Fälschung erkannt hatten - zurück. Er wurde daraufhin von den österreichischen Behörden in Schubhaft genommen.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 11. Oktober 1993 gab der Beschwerdeführer an, Staatsangehöriger Liberias zu sein und um Asyl anzusuchen. Er führte hiebei weiters aus, daß er im Februar 1993 aus Liberia mit einem Schiff geflüchtet und so nach Italien gekommen sei. Er sei zunächst nach Neapel gelangt und habe sich dort das Geld für die Fahrt bis Mailand zusammengebettelt. Er habe sich auch in Verona und Bologna aufgehalten. Von Mailand habe er nach München reisen und dort um Asyl ansuchen wollen. Freunde in Italien, die er befragt habe, ob er in diesem Land um Asyl ansuchen solle, hätten ihm abgeraten und gemeint, er soll es besser in der BRD versuchen; "dort bekomme (er) es eher und es ginge (ihm) besser".
Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 3. November 1993 in Innsbruck legte der Beschwerdeführer dar, warum er Liberia verlassen habe. Weiters gab er an, daß er am 1. Februar 1993 in Neapel angekommen sei und sich dort etwa einen Monat aufgehalten habe. In der Folge sei er nach Verona gegangen, wo er bei afrikanischen Freunden Unterkunft bekommen habe. Am 8. Oktober 1993 schließlich habe er versucht, von Mailand aus mit dem Zug nach Deutschland zu reisen, um dort um Asyl anzusuchen.
Infolge der bestehenden Zweifel an der Identität des Beschwerdeführers wurde er am 5. November 1993 nochmals vor dem Bundesasylamt einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer über Vorhalt seines Namens schließlich seine Identität preis und weiters an, daß er sich nach seiner Ankunft in Italien ca. sechs Wochen in Verona aufgehalten habe. Er verwies dabei auf nähere Angaben, die er in einem Schreiben gemacht habe. In diesem (nicht datierten) "Entschuldigungs- und Berufungsschreiben" nahm der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen aus Nigeria Stellung. Er gab weiters an, in Verona um Dokumente gebeten zu haben, die es ihm ermöglichen sollten, nach Deutschland zu kommen, wo er um politisches Asyl ansuchen habe wollen.
Mit Bescheid vom 8. November 1993 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Asyl ab. Es verneinte dabei die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991. Darüber hinaus liege jedoch der Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. beim Beschwerdeführer vor, da er sich über einen Zeitraum von zwei Monaten in Italien aufgehalten habe und dort bereits vor einer allfälligen Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid rechtzeitig Berufung.
In einer mit 25. November 1993 datierten Berufungsergänzung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, daß ihm in Italien " - fälschlich und in boshafter Weise - kundgetan worden (sei), daß (er) einen Asylantrag nur in Deutschland stellen könne."
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Februar 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und damit die Asylgewährung versagt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers - ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft auseinanderzusetzen - ausschließlich darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines Aufenthaltes in Italien bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme.
Der Beschwerdeführer geht vor dem Gerichtshof erstmals davon aus, daß ihm von italienischen BEHÖRDEN die Auskunft erteilt worden sei, er habe in Deutschland um Asyl anzusuchen, "man sei in Italien dafür nicht zuständig". Damit entfernt sich aber der Beschwerdeführer unzulässig (§ 41 Abs. 1 VwGG) von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt und seinen eigenen maßgeblichen (§ 20 Abs. 1 AsylG 1991) Angaben in erster Instanz vor der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 11. Oktober 1993, wonach ihm FREUNDE von einer Asylantragstellung in Italien abgeraten hätten, da er in Deutschland eher Asyl bekomme und es ihm besser ginge.
Soweit der Beschwerdeführer das Unterlassen von Feststellungen betreffend einen wirksamen Schutz vor Abschiebung in Italien und zur Begründung der Annahme der Verfolgungssicherheit in diesem Lande rügt, so trifft es zu, daß die belangte Behörde zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter Vornahme entsprechender Ermittlungen verpflichtet ist (vgl. die §§ 11, 16 AsylG 1991 iVm §§ 39, 45, 60 AVG). Im Hinblick auf seinen längere Zeit dauernden Aufenthalt in Italien, der zu keiner Rückschiebung durch diesen Staat geführt hat, oblag es jedoch dem Beschwerdeführer, näher darzulegen, warum er in Italien nicht vor Verfolgung sicher gewesen sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). In diese Richtung gehende Ausführungen sind auch nicht in der Berufung oder in der Berufungsergänzung enthalten.
Da somit weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides noch eine solche infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994191344.X00Im RIS seit
20.11.2000