TE Vwgh Beschluss 1995/3/2 AW 95/10/0006

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Veröffentlicht am 02.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §17 Abs4;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des G in N, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 9. Jänner 1995, Zl. 369.374/1-III/B/12a/94, betreffend Untersagung nach § 17 Abs. 4 LMG 1975, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Inverkehrbringen des als diätetisches Lebensmittel angemeldeten Produktes "Violetta Trinkwasser für Babynahrung" gemäß § 17 Abs. 4 LMG 1975 untersagt.

Der Beschwerdeführer bringt zur Begründung seines Antrages vor, die Organe der Lebensmittelaufsicht hätten nach Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits die Beschlagnahme des auf Grund der Anmeldung in Verkehr gesetzten Produktes eingeleitet. Es sei in der Lebensmittelbranche bekanntlich äußerst schwierig, neue Produkte an größere Handelsketten zu vertreiben. Dem Beschwerdeführer sei es gelungen, das gegenständliche Produkt unter anderem bei "BIPA" und "DM" listen zu lassen. Durch die Beschlagnahme des Produktes gingen dem Beschwerdeführer die mühsam erworbenen Kunden verloren. Deren spätere Wiedergewinnung sei, wie die Erfahrung zeige, praktisch nicht mehr möglich, da diese Unternehmen im Regelfall gezwungen seien, Konkurrenzprodukte in ihr Vertriebsprogramm aufzunehmen. Dies bedeute den nachhaltigen Zusammenbruch des Vertriebes des gegenständlichen Produktes; der Beschwerdeführer wäre dadurch in existenzieller Weise bedroht.

Die belangte Behörde wendet dagegen ein, das Produkt sei geeignet, beim Konsumenten den Eindruck zu erwecken, daß nicht jedes, sondern nur bestimmtes in Flachen abgefülltes Trinkwasser für die Zubereitung von Babynahrung geeignet sei. Tatsächlich müsse dazu jedes Trinkwasser geeignet sein. Der Schutz der Verbraucher vor Täuschung sei höher zu stellen als die wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers; der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünde ein zwingendes öffentliches Interesse entgegen.

Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Auch die belangte Behörde nimmt nicht an, daß die Konsumenten durch die Aufmachung des gegenständlichen Produktes über dessen wahre Beschaffenheit getäuscht würden. Sie befürchtet eine Täuschung der Verbraucher insofern, als diese durch die Aufmachung zu der irrigen Meinung gelangen könnten, es sei nicht jedes, sondern nur bestimmtes in Flaschen abgefülltes Trinkwasser zur Zubereitung von Babynahrung geeignet. Ein derartiger Irrtum wäre jedenfalls nicht die Folge einer unrichtigen Angabe auf dem Produkt, sondern seiner Aufmachung und des durch sie nach Meinung der Behörde bei Konsumenten erweckten Eindrucks. Die Gefahr eines solchen Irrtums einzelner Konsumenten kann zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sie erscheint aber nicht so schwerwiegend, daß deshalb ein gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechendes zwingendes öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG anzunehmen wäre. Gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung eines Irrtums im besagten Sinn erscheint der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Nachteil als unverhältnismäßig (vgl. dazu den einen ähnlich gelagerten Fall betreffenden hg. Beschluß vom 16. Juni 1977, Slg. 9350/A, und den in der Beschwerde genannten hg. Beschluß vom 21. April 1977, Zl. 318/77, in dem die aus der vorübergehenden Stillegung eines Gewerbes drohende Gefahr des teilweisen Verlustes des Kundenkreises als unverhältnismäßiger Nachteil gewertet wurde).

Aus diesen Gründen war dem Antrag stattzugeben.

Schlagworte

Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:AW1995100006.A00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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