TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/9 95/18/0273

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Veröffentlicht am 09.03.1995
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Z in M, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 12. Jänner 1995, Zl. St 368/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 12. Jänner 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis 8. November 2004 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals 1972 in Österreich "in Erscheinung getreten" und in der Folge offenbar wieder nach Jugoslawien zurückgekehrt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Februar 1989 sei gegen ihn ein bis 30. Juni 1994 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Während der Gültigkeitsdauer dieses Aufenthaltsverbotes sei er - jeweils nach erfolgter Abschiebung - ohne Bewilligung zweimal nach Österreich zurückgekehrt. Die vom Beschwerdeführer in Wien mit K.L.H. geschlossene Ehe sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 31. Dezember 1992, rechtskräftig seit 20. Mai 1993, gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus dem Protokoll vom 20. Oktober 1992 gehe hervor, daß K.L.H. den Beschwerdeführer nicht in der Absicht geheiratet habe, um mit ihm zusammenzuleben. Zweck der Eheschließung sei nur gewesen, dem Beschwerdeführer die Arbeitsbewilligung und später die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Dies sei vom Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift bestätigt worden.

Das geschilderte Gesamtverhalten rechtfertige nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern lasse das Aufenthaltsverbot auch i.S. des § 19 leg. cit. dringend geboten erscheinen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung einer Aufenthaltsberechtigung bzw. eines Befreiungsscheines einen evidenten Rechtsmißbrauch dar, der als gravierende Beeinträchtigung des geordneten menschlichen Zusammenlebens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten sei. Beachtlich sei auch die zweimalige Rückkehr des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet trotz Bestehens eines Aufenthaltsverbotes, komme doch der Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein sehr großes Gewicht zu.

Angesichts seines größtenteils rechtswidrigen Aufenthaltes in Österreich könne von einer Integration des Beschwerdeführers i. S. des § 20 Abs. 1 FrG nicht gesprochen werden. Auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer zur Zeit berufstätig sei und mit seinem 16jährigen Sohn in einem gemeinsamen Haushalt lebe, vermöge nichts daran zu ändern, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Was die Dauer des Aufenthaltsverbotes anlange, so sei der Erstbehörde insofern beizupflichten, als sich trotz entsprechend langer Zeit im Verhalten des Beschwerdeführers keine Änderung zum Besseren ergeben habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß aufgrund des angenommenen Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers, nämlich der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe allein zum Zweck der Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen und der zweimaligen Rückkehr in das Bundesgebiet entgegen einem Aufenthaltsverbot (die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen blieben in der Beschwerde unbestritten), die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot überdies - einen damit verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zugrunde gelegt - zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig sei, begegnet auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/18/0830, und vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1061, mwN).

Die dazu in der Beschwerde ins Treffen geführten Einwände sind nicht zielführend. Weder der Umstand, daß die (zweimalige) Rückkehr nach Österreich ungeachtet eines bestehenden Aufenthaltsverbotes aufgrund der "politischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse in Restjugosoawien" "zumindest menschlich verständlich" sei, noch die Tatsache, daß die rechtsmißbräuchliche Eheschließung des Beschwerdeführers keinen strafbaren Tatbestand darstelle, ändern etwas daran, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährdet und das Aufenthaltsverbot angesichts des diese Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigenden Verhaltens des Beschwerdeführers zum Schutz dieses Rechtsgutes notwendig erscheint. Der diese Notwendigkeit in Abrede stellende Beschwerdehinweis darauf, daß die "Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 FrG nicht vorliegen", verkennt, daß die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG nicht von der Verwirklichung eines der im § 18 Abs. 2 FrG beispielsweise angeführten Tatbestände abhängt, vielmehr - auch im Fall der "direkten" Gebrauchnahme von § 18 Abs. 1 leg. cit. - allein davon, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

2.1. Die Beschwerde erachtet die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG für rechtswidrig. Die belangte Behörde habe nicht bedacht, daß im Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer dessen Sohn der Obdachlosigkeit ausgesetzt wäre und auch den Unterhalt nicht selbst bestreiten könnte. Der Beschwerdeführer sei gewillt, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren; er habe sich auch bislang während seines Aufenthaltes in Österreich daran gehalten und "keine wie immer gearteten strafbaren Taten gesetzt". Der Beschwerdeführer und sein Sohn seien in Österreich voll integriert, sodaß bei der Interessenabwägung die negativen Folgen für seine Familie - er habe "auch seit Monaten eine fixe Freundin in Österreich und kann man diese Beziehung als Lebensgemeinschaft betrachten" - weitaus schwerer wögen als die "möglichen nichtexistenten Folgen einer Abstandnahme vom Aufenthaltsverbot".

2.2. Die belangte Behörde hat die für einen weiteren Verbleib des Beschwerdeführers sprechenden privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers in die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Abwägung miteinbezogen. Sie hat ihnen indes ein deutlich geringeres Gewicht beigemessen als die Beschwerde. Dies nicht zu Unrecht. So war im Hinblick auf den von der belangten Behörde als größtenteils rechtswidrig erkannten Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet weder der Dauer des Aufenthaltes noch dem Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers (§ 20 Abs. 1 Z. 1 FrG) ein relevanter Stellenwert beizumessen. Was die im Grunde des § 20 Abs. 1 leg. cit. zu berücksichtigende Lebenssituation des Sohnes des Beschwerdeführers anlangt, so ist zum einen zu bedenken, daß der Beschwerdeführer schon in den vergangenen Jahren aufgrund seiner einem bestehenden Aufenthaltsverbot zuwider erfolgten Rückkehr nach Österreich und seines demnach unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtens nicht mit einem längeren Verbleiben in Österreich rechnen durfte, es folgedessen an ihm gelegen war, vorsorgliche Maßnahmen für eine ausreichende Betreuung seines mj. Sohnes für den Fall der Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet zu treffen. Zum anderen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß er - sollte sein Sohn nicht mit ihm ausreisen - seiner Unterhaltsverpflichtung auch vom Ausland aus nachkommen kann (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0848, mwN). Daß der Beschwerdeführer "seit Monaten eine fixe Freundin" in Österreich habe, ist aus dem Blickwinkel des § 20 Abs. 1 FrG nicht bedeutsam; auch eine allfällige Lebensgemeinschaft (wie in der Beschwerde behauptet) könnte unter den gegebenen Umständen nicht entscheidend zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen. Wenn der Beschwerdeführer schließlich für seine Interessenlage sein (angebliches) Wohlverhalten während seines Aufenthaltes in Österreich geltend macht, so scheint er seinen langandauernden Aufenthalt im Bundesgebiet trotz des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes mit einer Gültigkeitsdauer bis 30. Juni 1994 übersehen zu haben (siehe § 14 b Abs. 1 Z. 2 FrPolG und § 82 Abs. 1 Z. 2 FrG).

Wenn die belangte Behörde in Anbetracht der somit keineswegs stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers die gegenläufigen öffentlichen Interessen höher veranschlagt hat, so kann dies im Hinblick auf das hohe Ausmaß der durch die rechtsmißbräuchliche Eheschließung und den mehrjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich bewirkten Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Auf den Eventualantrag, "die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf ein Jahr herabzusetzen", war mangels normativer Grundlage für einen derartigen Ausspruch durch den Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen.

5. Im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180273.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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