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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §15 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Jänner 1995, Zl. SD 1116/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Jänner 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Sachverhaltsmäßig ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer die Ehe mit Daniella M. ausschließlich zu dem Zweck geschlossen habe, einen Befreiungsschein und in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen. Damit liege eine rechtsmißbräuchliche Eheschließung vor. Für diese Beurteilung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder die Nichterklärung der Ehe noch - im Fall einer solchen - die Rechtskraft des Urteiles Voraussetzung. Der Beschwerdeführer bestreite den maßgeblichen Sachverhalt nicht, halte jedoch seinem subjektiven Rechtsgefühl nach die Eingehung einer Ehe zur Erreichung der genannten Ziele für durchaus legitim. Abgesehen davon, daß die Argumentation des Beschwerdeführers der beste Beweis für seinen schwerwiegenden Mißbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe sei, der die Annahme rechtfertige, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung gefährde (§ 18 Abs. 1 FrG), scheine dem Beschwerdeführer der Zweck der Ehe (§ 44 ABGB) völlig unbekannt.
Aufgrund des verhältnismäßig kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich, der nur zwei Jahre (1992 und 1993) lang erlaubt und dessen Erlaubtheit nur auf den Rechtsmißbrauch zurückzuführen gewesen sei, könne von einer Integration keine Rede sein. Im Hinblick auf die als erwiesen angenommene rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe durch den Beschwerdeführer sei es diesem verwehrt, sich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Privat- und Familienlebens i.S. des § 19 FrG auf das Bestehen dieser Ehe zu berufen. Ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers liege daher nicht vor. Es sei demnach weder zu prüfen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft die Beschwerde der belangten Behörde vor, daß sie weder den "Scheidungsakt" beigeschafft noch die endgültige Entscheidung des OGH über die außerordentliche Revision des Beschwerdeführers (betreffend die Nichtigerklärung seiner Ehe gemäß § 23 EheG) abgewartet habe. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte die Behörde feststellen müssen, daß der Beschwerdeführer keine Scheinehe habe eingehen wollen. Er habe immer wieder darauf hingewiesen, daß seine Absicht bei der Eheschließung darauf gerichtet gewesen sei, in Österreich zu arbeiten, nicht aber darauf, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben.
1.2. Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde für das Vorliegen der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme nicht auf eine (nach § 23 EheG) für nichtig erklärte Ehe des Beschwerdeführers, sondern auf seine rechtsmißbräuchlich - weil ausschließlich zwecks Erlangung fremdenrechtlicher bedeutsamer Berechtigungen eingegangen - geschlossene Ehe abgestellt hat. Daß aber eine Eheschließung mit dem Ziel, in Österreich legal eine Beschäftigung ausüben zu können und eine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet zu erlangen, für sich allein und unabhängig von einer allfälligen Nichtigerklärung der Ehe einen als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu wertenden Rechtsmißbrauch darstellt, entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 93/18/0582, vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0315, und vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1053).
2. Zur Entkräftung des unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit erstatteten Vorbringens, daß die Erwartung einer "günstigeren Ausgangsposition bei Erlangung der Aufenthaltsbewilligung und Arbeitsbewilligung" durch die Eheschließung nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgelegt werden dürfe, genügt der Hinweis auf die vorstehenden Ausführungen (II.1.2.).
3.1. Der Beschwerdeführer vertritt schließlich die Auffassung, daß im Hinblick auf seine Integration in Österreich durch das Aufenthaltsverbot in sein Privatleben schwerwiegend eingegriffen würde, ohne daß der "Entzug der Aufenthaltsberechtigung" zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten wäre.
3.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Mit der belangten Behörde ist der Gerichtshof der Ansicht, daß der - in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogene - bloß zweijährige (1992 und 1993) erlaubte Aufenthalt im Hinblick darauf, daß die Erlaubtheit ausschließlich auf dem in Rede stehenden Rechtsmißbrauch beruht, keine Integration dergestalt zu bewirken vermochte, daß mit dem Aufenthaltsverbot ein im Grunde des § 19 FrG RELEVANTER Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden wäre; Gleiches gilt in bezug auf die in der Beschwerde ins Treffen geführte Beschäftigung des Beschwerdeführers (vgl. dazu das bereits erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 94/18/1053).
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995180337.X00Im RIS seit
11.07.2001