TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/9 95/18/0286

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Veröffentlicht am 09.03.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. Jänner 1995, Zl. SD 327/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 in Verbindung mit §§ 19 bis 21 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit November 1989 in Österreich aufhalte. Er sei bereits dreimal rechtskräftig von inländischen Gerichten bestraft worden, und zwar mit Urteilen des Landesgerichtes Linz vom 28. Mai 1993 wegen "§ 107/1, 125 StGB" und des Bezirksgerichtes Linz vom 4. Dezember 1993 wegen "§ 83/1 StGB" jeweils zu Geldstrafen und mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Juli 1994 wegen "§ 15, 105/1, 106 Abs. 1/1, § 83/1 StGB" zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe

(neun Monate, davon sieben Monate bedingt). Ferner sei er siebenmal rechtskräftig wegen Verwaltungsübertretungen bestraft worden, davon fünfmal wegen Verwaltungsübertretungen nach Art. IX Abs. 1 Z. 5 EGVG und jeweils einmal nach § 40 Abs. 2 Paßgesetz und § 16 FrG. Anläßlich einer niederschriftlichen Einvernahme am 24. März 1994 sei er ermahnt und darauf hingewiesen worden, daß er bei Begehung neuerlicher strafbarer Handlungen mit der Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu rechnen hätte. Trotz dieser Mahnung habe er weiterhin strafbare Handlungen begangen. Der Beschwerdeführer sei ledig und zur Zeit als Koch beschäftigt. Seine Eltern und seine vier Geschwister lebten in Linz. Weiters berücksichtigte die belangte Behörde "die Tatsache" einer Lebensgemeinschaft.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die aufgrund des obigen Sachverhaltes zutreffende Beurteilung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 zweiter und vierter Fall FrG verwirklicht und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Der Beschwerdeführer bekämpft auch nicht die gleichfalls unbedenkliche Auffassung der belangten Behörde, daß das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zulässig sei.

Sein Vorbringen wendet sich gegen die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung, vermag jedoch der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Daß das Gewicht der Beziehungen zu den Eltern und den Geschwistern (ob der Beschwerdeführer mit diesen im gemeinsamen Haushalt lebt, kann dahingestellt bleiben) schon im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer erwachsen ist, relativiert wird, entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0206). Auch der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers wurde zu Recht nur ein geringes Gewicht beigemessen, zumal die für eine daraus abzuleitende Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0330). Breiten Raum widmet der Beschwerdeführer dem Hinweis, daß seine gerichtlichen Verurteilungen auf persönliche Auseinandersetzungen mit seiner Lebensgefährtin zurückzuführen gewesen seien; dieser "Konfliktgrund" sei aber weggefallen, weil eine "vollkommene Aussöhnung" erfolgt sei. Die Lebensgemeinschaft sei derart intensiv gestaltet worden, daß bereits die Eheschließung geplant sei. Dem ist zu erwidern, daß die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbaren Handlungen schon aufgrund der raschen Abfolge der von ihm begangenen Delikte und der Tatsache, daß er sich weder durch Verurteilungen noch durch die Androhung fremdenpolizeilicher Maßnahmen von der Begehung von Straftaten abhalten ließ, auch im Falle des Zutreffens seiner Behauptungen keineswegs als geringfügig, geschweige denn als nicht mehr bestehend, angesehen werden dürfte. Auf diese Überlegungen ist der Beschwerdeführer auch zu verweisen, soweit er vorbringt, daß er die über ihn verhängten Geldstrafen bereits bezahlt habe, und - sinngemäß - geltend macht, daß durch den bedingten Strafnachlaß eines Teils der zuletzt verhängten Freiheitsstrafe der Wegfall der Gefährdung "sichergestellt" sei. Rückschlüsse in diese Richtung können auch aus einem allfälligen Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit der letzten Verurteilungen nicht gezogen werden, weil der seither verstrichene Zeitraum hiefür viel zu kurz ist. Daß sich der Beschwerdeführer "niemals in Österreich verborgen gehalten habe" und stets für die Behörde erreichbar gewesen sei, vermag die bei der Interessenabwägung zu seinen Gunsten sprechenden Gesichtspunkte ebensowenig entscheidend zu verstärken wie die weiteren von ihm ins Treffen geführten Umstände, daß er die deutsche Sprache bereits erlernt und sich durch seinen hier erlangten Verdienst und die von ihm bezahlten Steuern und Sozialabgaben sowie die "Pensionsanwartschaftsbeiträge nützlich in das österreichische Sozialgefüge eingefügt" habe. Soweit sich der Beschwerdeführer für sein Verbleiben im Bundesgebiet auf Interessen beruft, die nicht den privaten und familiären Bereich betreffen, übersieht er, daß solche Umstände im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG nicht zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0332). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher zusammenfassend keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

Wenn der Beschwerdeführer in bezug auf die Dauer des Aufenthaltsverbotes meint, das unbefristete Aufenthaltsverbot bedeute, daß er "auf Lebenszeit aus dem österr. Hoheitsgebiet ausgesperrt würde," so verkennt er die Rechtslage. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0206) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wenn sich die belangte Behörde im Beschwerdefall im Hinblick auf die den Straftaten des Beschwerdeführers zugrundeliegende charakterliche Einstellung nicht imstande sah, den Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes schon jetzt abzusehen, so kann ihr auf dem Boden der dargestellten Rechtslage nicht entgegengetreten werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Dem Eventualantrag auf Herabsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf ein Jahr mangelt jede gesetzliche Grundlage.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180286.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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