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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. September 1994, Zl. SD 647/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltesverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. September 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei im Jahr 1991 ohne gültigen Sichtvermerk und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt. Ein von ihr gestellter Asylantrag sei noch im August 1991 rechtskräftig abgewiesen worden. Sie habe in der Folge einen bis Jänner 1992 gültigen Sichervermerk erlangt. Seither sei ihr Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig. Ihre Versuche, einen Sichtvermerk bzw. eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen, seien gescheitert. Eine Beschwerde gegen einen ablehnenden Sichtvermerksbescheid habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0091, abgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei bereits dreimal wegen unerlaubten Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. Außerdem sei eine Bestrafung wegen einer Übertretung des Meldegesetzes erfolgt. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei auf Grund dieser Bestrafungen erfüllt. Da sich die Beschwerdeführerin nach wie vor beharrlich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die Beharrlichkeit, mit der die Beschwerdeführerin ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet trotz wiederholter Bestrafungen fortsetze, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zieles, nämlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens), dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.
Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin liege vor, weil sie während ihres illegalen Aufenthaltes im Mai 1993 einen österreichischen Staatsbürger geheiratet habe. Wenige Tage nach der Eheschließung sei sie in einen Animierlokal auffällig bekleidet (Stringbody, tief dekolletiert) angetroffen worden. Sie habe angegeben, dort getanzt zu haben. Zu dieser Zeit sei sie mit ihrem Ehemann, bei dem es sich nach den Informationen der Beamten um einen sogenannten "Wasserträger der Gürtelpartie" handle, in Wien 16, Lerchenfelder Gürtel 5, in einem Wohnhaus der sogenannten "Gürtelpartie", in dem ausschließlich Barmädchen, Prostituierte und Tänzerinnen untergebracht seien, gemeldet gewesen. Sie sei in der Folge an anderen Anschriften im 14., 15. und 9. Wiener Gemeindebezirk gemeldet gewesen, während ihr Ehemann, von einer vorübergehenden Meldung an einer Adresse im 1. Bezirk abgesehen, in Wien nicht polizeilich gemeldet gewesen sei. Bei der gegebenen Sachlage wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nicht so schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 2384/94-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin bekämpft nicht die
- unbedenklichen - Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde betreffend die Einreise der Beschwerdeführerin, das Fehlen einer Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet seit Ende Jänner 1992 und die erfolgten rechtskräftigen Bestrafungen. Ebenso bleibt die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde unbekämpft, daß auf Grund der rechtskräftigen Bestrafungen der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt, daß die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG dringend geboten und daher zulässig sei.
2.1. Die Beschwerdeführerin hält das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig und führt in diesem Zusammenhang aus, sie sei seit rund einem Jahr an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien ordnungsgemäß gemeldet und gehe einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei einem näher bezeichneten Reinigungsunternehmen nach und verdiene dort S 7.182,96 monatlich. Es fehlten auch konkrete Feststellungen, daß ihr Ehemann tatsächlich dem Kreis des Rotlichtmilieus zuzurechnen sei. Aus dem Akteninhalt ergebe sich keinesfalls, daß er strafbarer Handlungen überführt worden sei.
2.2. Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der im Mai 1993 geschlossenen Ehe der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger kommt schon deshalb keine entscheidende Bedeutung im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung zu, weil die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, zu dem die Beschwerdeführerin keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, und daher beide Ehegatten rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet rechnen durften. Es kann für die hier zu treffende Entscheidung dahinstehen, ob der Ehemann der Beschwerdeführerin dem "Rotlichtmilieu" zuzurechnen ist oder nicht.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin, ihren wiederholten Bestrafungen wegen unerlaubten Aufenthaltes komme nicht die von der belangten Behörde ihnen beigemessene Bedeutung zu, weil es auf Grund der "in den letzten Jahren relativ komplex gewordenen Ausländergesetzgebung" für einen Ausländer nicht immer leicht sei, die neue Rechtslage sofort zu erkennen, vermögen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil einerseits nicht bloß eine, sondern mehrere Bestrafungen wegen unerlaubten Aufenthaltes erfolgt sind und weil andererseits auch den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen ist, auf Grund welcher Umstände die Beschwerdeführerin seit Ende Jänner 1992 vertretbarerweise der Ansicht sein durfte, sie halte sich erlaubterweise im Bundesgebiet auf.
Bei der gegebenen Sachlage war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, daß den für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen größeres Gewicht zukommt als den privaten Interessen der Beschwerdeführerin am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994181070.X00Im RIS seit
20.11.2000