TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/14 94/20/0798

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Veröffentlicht am 14.03.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. September 1994, Zl. 4.344.930/2-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, der am 28. November 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. August 1994, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 26. September 1994 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 25. August 1994 angegeben, er fühle sich als Kurde auf Grund der derzeitigen Situation der Kurden im türkischen Gebiet gefährdet und er sei auch bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 1989 politisch verfolgt gewesen, habe damals aber nicht um Asyl angesucht, weil er auf Grund seiner Verehelichung ohnedies in Österreich habe bleiben können. Er könne wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Kurden und den Türken nicht mehr in die Türkei zurück, er habe aber keiner politischen Organisation angehört. Er habe bereits vor seiner Ausreise gesehen, daß Kurden in der Türkei keine Rechte hätten, und wolle auch deshalb nicht in sein Heimatland zurück, weil ihm von Verwandten mitgeteilt worden sei, daß sein Heimatdorf laufend von ihm Unbekannten beschossen werde.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung bekräftigte der Beschwerdeführer seine bei der Ersteinvernahme gemachten Angaben.

Die belangten Behörde hat das Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt dahin gewürdigt, daß seinen Angaben keine individuell gegen seine Person gerichtete konkrete Verfolgung entnommen werden könne. Hiebei hat die belangte Behörde richtig erkannt, daß allein aus der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit bzw. aus dem Hinweis auf deren schlechte allgemeine Situation das Vorliegen von Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht abgeleitet weren kann. Entgegen der offenbar vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht kann sohin die Zugehörigkeit zur kurdischen Minderheit in der Türkei nicht als Umstand, der für sich schon allein begründete Furcht vor Verfolgung nach sich zöge, gewertet werden (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0897).

Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, wenn sie das vom Beschwerdeführer geäußerte Bedenken, im Fall der Rückkehr in sein Heimatland von den dort herrschenden bürgerkriegsähnlichen Zuständen betroffen zu sein, nicht als geeignet angesehen hat, das Vorliegen begründeter Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen, weil den aus solchen Verhältnissen resultierenden Benachteiligungen sämtliche dort lebenden Bewohner ausgesetzt sind und solche Verhältnisse daher nicht als konkrete, individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgunghandlungen eingestuft werden können (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0941).

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie wäre der ihr zukommenden Ermittlungspflicht nicht nachgekommen, ist festzuhalten, daß der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 wohl bestimmt, daß die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Gesetzesstelle, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800-0803). Da im Beschwerdefall über die bereits oben behandelten Angaben hinausgehende, hinreichend deutliche Hinweise auf das Vorliegen weiterer Gründe im Sinne der Flüchtlingskonvention im Vorbringen des Beschwerdeführer vor der Behörde erster Instanz nicht enthalten waren, war die belangte Behörde, da auch sonst ein Mangel des Ermittlungsverfahren der Behörde erster Instanz nicht hervorgekommen und vom Beschwerdeführer in seiner Berufung auch nicht geltend gemacht wurde, nicht verpflichtet, gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 die Ergänzung oder Wiederholung dieses Verfahrens anzuordnen.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994200798.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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