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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache der S, zuletzt in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Februar 1994, Zl. 4.335.756/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, reiste am 28. März 1992 in das Bundesgebiet ein und stellte am 1. April 1992 einen Asylantrag.
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hat mit (am 23. April 1992 erlassenen) Bescheid vom 16. April 1992 festgestellt, daß bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG (am 24. Februar 1994) erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Februar 1994 - der hinsichtlich des Geburtsdatums der Beschwerdeführerin mit am 18. März 1994 erlassenen Bescheid vom 15. März 1994 berichtigt worden war - wurde die am 24. April 1992 erhobene (und am 27. April 1992 bei der Erstbehörde eingelangte) Berufung abgewiesen und der Beschwerdeführerin damit die Asylgewährung versagt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 22. September 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde, nach deren Vorbringen sich die Beschwerdeführerin (erkennbar) in ihrem Recht auf Asylgewährung verletzt erachtet.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen unter anderem der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Ein Beschluß nach Abs. 1 leg. cit. ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG). Die Beschwerdeberechtigung (Beschwerdelegitimation) ist somit Voraussetzung für eine Sachentscheidung nach § 42 Abs. 1 VwGG.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1969, Slg. Nr. 7618/A und ferner den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0247 und die darin angeführte Vorjudikatur).
Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muß aber nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern auch (noch) im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein.
Nachdem die gegenständliche Bescheidbeschwerde der belangten Behörde unter Fristeinräumung im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG am 5. Oktober 1994 zugestellt worden war, legte diese die Verwaltungsakten am 27. Oktober 1994 mit der Mitteilung vor, daß die Beschwerdeführerin am 24. Mai 1994 in die USA ausgewandert sei; das Faktum dieser Auswanderung sei vom Auswanderungsbüro der Betreuungsstelle Traiskirchen am 7. Oktober 1994 bestätigt worden.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die Beschwerdeführerin am 20. Mai 1994 bei der Betreuungsstelle des Bundesministeriums für Inneres in Traiskirchen (in Anwesenheit eines Dolmetschers) erklärt, sie "verzichte" auf ihren eingebrachten Antrag auf Asylgewährung bzw. auf ihre gegen den negativen (erstinstanzlichen) Asylbescheid eingebrachte Berufung und beabsichtige am 24. Mai 1994 in die USA auszuwandern; gleichzeitig hat die Beschwerdeführerin die Übernahme ihres Fremdenpasses bestätigt. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde zu diesem Umstand Parteiengehör gewährt.
Die Beschwerdeführerin hat somit zufolge ihrer am 20. Mai 1994 abgegebenen Erklärung und nachfolgend am 24. Mai 1994 gesetzten Handlung (Auswanderung in die USA) unmißverständlich zu erkennen gegeben, daß sie ihre Rechtsstellung als Asylwerberin bzw. ihren Anspruch auf Asylgewährung in Österreich nicht weiter aufrecht erhält und demnach ihr rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über den angefochtenen Bescheid (der sich für sie nicht mehr nachteilig auswirken kann) bereits vor der Beschwerdeerhebung (22. September 1994) weggefallen ist.
Der Beschwerdeerhebung steht somit der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen war.
Die belangte Behörde hat keinen Kostenersatz beantragt.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200685.X00Im RIS seit
20.11.2000