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98 WohnbauNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung des StadterneuerungsG und der Assanierungsverordnungen der Wiener Landesregierung mangels LegitimationSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die Einschreiter beantragen gemäß Art140 Abs1 letzter Satz und Art139 Abs1 letzter Satz B-VG das StadterneuerungsG, BGBl.
287/1974, in der (zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden)
Fassung BGBl. 406/1988 zur Gänze, "in eventu §5 und/oder §1 des
angeführten Gesetzes als verfassungswidrig aufzuheben und/oder in
eventu die Verordnung der Wiener Landesregierung, mit der ein Teil
des Wiener Gemeindegebietes zum Assanierungsgebiet erklärt wird vom
29.4.1991, Nr. 21 und Nr. 24, Landesgesetzblatt für Wien, zur Gänze
und in eventu hinsichtlich Abs2 der ... angeführten Verordnungen
als gesetzwidrig aufzuheben, dies insoweit als die Grundstücke
(Landesgesetzblatt Nr. 21:) EZ 237 ...., (Landesgesetzblatt
Nr. 24:) EZ 1940 ... EZ 1984 ... und EZ 579 ... zum
Assanierungsgebiet gehörig erklärt werden".
Die mit dem Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen des StadterneuerungsG haben folgenden Wortlaut:
"Aufgaben der Länder
§1. (1) Die Landesregierung kann durch Verordnung ein Gemeindegebiet oder einen Teil eines Gemeindegebietes, das städtebauliche Mißstände (§6 Abs1) aufweist, die nur durch Assanierungsmaßnahmen beseitigt werden können, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Assanierungsgebiet erklären.
(2) Dieses Bundesgesetz gilt auch für Gebäude außerhalb von Assanierungsgebieten, sofern
1. sie mit den Bebauungsvorschriften (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan) vereinbar sind,
2. mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche, das ist die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräume, Wohnzwecken dient,
3. sie mehr als zwei Wohnungen enthalten und
4. mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet ist (§3 Z10).
Hievon ausgenommen sind landwirtschaftliche Wohnhäuser außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes. Z1 gilt für zum Abbruch bestimmte Gebäude nicht."
"Assanierung
§5. (1) Die Verordnung, mit der ein Gemeindegebiet oder ein Teil eines Gemeindegebietes zum Assanierungsgebiet erkärt wird (§1 Abs1), darf nur auf Antrag der Gemeinde oder von mehr als der Hälfte der Eigentümer des in Frage kommenden Gebietes, denen zusammen mehr als die Hälfte der Fläche der für ein Assanierungsvorhaben erforderlichen innerhalb des Assanierungsgebietes (§1 Abs1) gelegenen Grundstücke gehört, erlassen werden, wenn für diese Gebietsteile dem Assanierungszweck entsprechende Bebauungsvorschriften bestehen. In der Verordnung sind die zum Assanierungsgebiet gehörigen Grundstücke unter Angabe der Grundstücksnummer anzuführen. Eine Ausfertigung dieser Verordnung hat die Gemeinde der zuständigen Vermessungsbehörde zu übermitteln.
(2) Dem Antrag der Gemeinde (Abs1) sind die Unterlagen anzuschließen, die zur Beurteilung des Assanierungsgebietes erforderlich sind, insbesondere haben diese Unterlagen die städtebaulichen Mißstände im einzelnen anzuführen, die nur durch Assanierungsmaßnahmen beseitigt werden können. Die Gemeinde hat erstmals nach Ablauf von sechs Jahren nach Erlassung der Verordnung (Abs1) und sodann jeweils nach Ablauf weiterer drei Jahre der Landesregierung zu berichten, welche Assanierungsmaßnahmen innerhalb des Assanierungsgebietes getroffen worden sind. Die Landesregierung hat die Verordnung (Abs1) nach Ablauf von fünfzehn Jahren aufzuheben, sofern im Assanierungsgebiet keine Assanierungsmaßnahmen getroffen worden sind. Sind die Voraussetzungen zur Erklärung eines Gemeindegebietes oder eines Teiles desselben zum Assanierungsgebiet zum Teil weggefallen, so ist eine Aufhebung der Verordnung aus diesem Grund unzulässig. Gleichzeitig mit dem zweiten Bericht sind Vorschläge für die finanzielle Bedeckung für von der Gemeinde beabsichtigte Assanierungsmaßnahmen vorzulegen. Die Landesregierung hat auf Antrag der Gemeinde oder der Eigentümer die Verordnung (Abs1) für jene Teilgebiete aufzuheben, in denen die Assanierungsmaßnahmen durch Vollendung der Bauführung des Assanierungsvorhabens abgeschlossen sind.
(3) Im Antrag der Eigentümer (Abs1) ist glaubhaft zu machen, daß die Voraussetzungen für die Erklärung eines Gebietes zum Assanierungsgebiet vorliegen. Weiters ist eine Beschreibung des Vorhabens einschließlich der voraussichtlichen Finanzierung beizubringen.
(4) Vor Erlassung der Verordnung auf Antrag der Eigentümer hat die Landesregierung von der Gemeinde, in deren Bereich die in Frage kommenden Grundstücke gelegen sind, eine Stellungnahme einzuholen. Die Gemeinde kann begründete Einwendungen gegen die Erklärung eines Gebietes zum Assanierungsgebiet erheben. Ein begründeter Einwand ist jedenfalls gegeben, wenn
a) die Gemeinde unter Hinweis auf andere beantragte oder im Gang befindlichen Assanierungsvorhaben nicht in der Lage ist, die im Zuge der Assanierung erforderlichen öffentlichen Einrichtungen sowie die notwendigen Versorgungsanlagen herzustellen; hiebei hat die Gemeinde den näheren Zeitpunkt anzugeben, in dem sie voraussichtlich in der Lage sein wird, diese Kosten zu tragen;
b) der Gemeinde im Hinblick auf andere bereits im Gang befindliche vorbereitende Untersuchungen die Finanzierung der auf Grund des neuen Antrages notwendigen Untersuchungen nicht zumutbar ist;
c) durch das beantragte Assanierungsvorhaben das bestehende Verhältnis zwischen der Anzahl der Wohnungen und der Anzahl der Geschäftsräumlichkeiten in den im Bereich der Gemeinde liegenden Assanierungsgebieten im wesentlichen Umfange nicht mehr geben wäre.
Im Falle des Zutreffens dieser Einwendungen ist die Erlassung einer Verordnung unzulässig.
(5) Die Landesregierung hat ferner vor Erlassung der Verordnung, sofern die Gemeinde keine Einwendungen erhoben hat oder die von der Gemeinde vorgebrachten Einwendungen keine Berücksichtigung gefunden haben, anzuordnen, daß die Gemeinde zur Vorbereitung der Feststellung der Assanierungsbedürftigkeit eines Gebietes vorbereitende Untersuchungen im Sinne des Abs2 durchführt. Die Landesregierung hat für die vorbereitenden Untersuchungen der Gemeinde eine angemessene Frist von mindestens sechs und von höchstens zwölf Monaten zu gewähren. Die Landesregierung darf die Verordnung erst nach Vorliegen des Ergebnisses dieser vorbereitenden Untersuchungen durch die Gemeinde erlassen.
(6) Die Gemeinde hat die Unterlagen (Abs2) oder das Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen (Abs5) über die beabsichtigte Erklärung eines Gebietes zum Assanierungsgebiet durch sechs Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Zeit und Ort der Auflage sind durch einmalige Veröffentlichung in dem für amtliche Mitteilungen der Gemeinde bestimmten Mitteilungsblatt (Zeitung) und durch Anschlag an den Amtstafeln des Amtshauses (Rathauses) und gegebenenfalls des in Betracht kommenden Bezirkes kundzumachen. Innerhalb dieser Auflagefrist können von den Eigentümern der in dem in Frage kommenden Gebiet gelegenen Grundstücke, den betroffenen Bestandnehmern und Nutzungsberechtigten schriftliche Äußerungen bei der Gemeinde eingebracht werden. Die eingelangten Äußerungen sind gemeinsam mit den Unterlagen oder dem Ergebnis der Untersuchungen (Abs5) dem Amt der Landesregierung vorzulegen."
Die Einschreiter begründen ihre Legitimation damit, daß sie als Eigentümer der bezeichneten Liegenschaften der Katastralgemeinde Leopoldstadt "durch die Verordnung der Wiener Landesregierung sowie durch die Bestimmungen des 'Wiener StadterneuerungsG' (gemeint: des StadterneuerungsG) unmittelbar betroffen (sind) und ... ein Eingriff in unsere Rechtssphäre vor(liegt), ohne daß behördliche Hilfe in Anspruch genommen werden könnte". Sie verweisen auch auf Beschlüsse des Bezirksgerichtes Donaustadt, mit denen gemäß §7 Abs4 StadterneuerungsG die Ersichtlichmachung im Grundbuch angeordnet wurde, daß die zu den oben bezeichneten Liegenschaften gehörenden Grundstücke im Assanierungsgebiet liegen.
II. Der Antrag ist insgesamt nicht zulässig.
1. Zum Gesetzesprüfungsantrag:
Der Antrag, mit dem die Aufhebung des gesamten Stadterneuerungsgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit begehrt wird, entspricht nicht dem in §62 Abs1 VerfGG festgelegten Erfordernis, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Die Antragsteller tun nämlich nicht dar, weshalb ausnahmslos jede Bestimmung des angegriffenen StadterneuerungsG verfassungswidrig sei (s zu diesem Erfordernis zB VfSlg. 11450/1987). Die hilfsweise bekämpften §§1 und 5 StadterneuerungsG enthalten jeweils eine Verordnungsermächtigung, von der im konkreten Fall durch die Erlassung der Assanierungsverordnungen auch tatsächlich Gebrauch gemacht wurde. Der behauptete Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller tritt somit nicht unmittelbar durch die von ihnen zur Aufhebung beantragten Gesetzesstellen ein, sondern würde - wenn überhaupt - erst durch die erlassene Verordnung aktualisiert (zB VfSlg. 11824/1988 mit weiteren Judikaturhinweisen).
Bei dieser Lage des Falles ist ein Eingehen auf den Umstand entbehrlich, daß der - hilfsweise - angefochtene §1 des StadterneuerungsG nach der Einbringung des vorliegenden Antrags durch die (mit 1. Juli 1992 in Kraft getretene) Stadterneuerungsgesetz-Novelle 1992, BGBl. 421, geändert wurde.
2. Zum Verordnungsprüfungsantrag:
Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11684/1988).
Der vorliegende Verordnungsprüfungsantrag entspricht in allen wesentlichen Belangen dem zu V3/92 gestellten Antrag auf Aufhebung der Assanierungsverordnungen LGBl. 21 bis 25/1991. Es wird daher auf die sinngemäß auch hier zutreffende Begründung des Beschlusses V3/92 vom 16. Oktober 1992 hingewiesen.
3. Der Individualantrag war somit wegen fehlender Antragsberechtigung zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren beschlossen werden konnte.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, StadterneuerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G11.1992Dokumentnummer
JFT_10078799_92G00011_00