Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Mai 1994, Zl. 4.343.358/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 28. Juli 1993 in das Bundesgebiet ein und stellte am 4. August 1993 (bereits anwaltlich vertreten) einen schriftlichen Asylantrag.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Mai 1994 wurde die gegen den (seinen Asylantrag abweisenden) Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. September 1993 erhobene Berufung abgewiesen und dem Beschwerdeführer damit die Asylgewährung versagt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) ausdrücklich dahingehend bezeichnet, daß er durch den angefochtenen Bescheid in dem "gesetzlich gewährleisteten Rechte auf Feststellung meiner Flüchtlingseigenschaft nach dem AsylG 1991" verletzt worden sei. Auch den zu den Beschwerdegründen erstatteten Ausführungen kann eine anderslautende Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht entnommen werden.
Dazu ist zunächst zu bemerken, daß ein Asylwerber auf dem Boden eines nach dem Asylgesetz 1991 durchgeführten Asylverfahrens durch einen Bescheid wie den angefochtenen - mit dem zufolge Abweisung der Berufung die Asylgewährung im Sinne des § 3 leg. cit. versagt wurde - auch in dem von ihm behaupteten (und entsprechend dem Beschwerdepunkt bezeichneten) Recht grundsätzlich verletzt sein konnte, soferne die Versagung der Asylgewährung die Beurteilung seiner Flüchtlingseigenschaft zur Voraussetzung hatte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, und vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0794).
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer aber - ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft auseinanderzusetzen - ausschließlich deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn der Beschwerdeführer - wie er in seiner Beschwerde geltend macht - als Flüchtling hätte angesehen werden müssen, würde die behauptete Verletzung seiner Rechte somit nur vorliegen und wäre für seinen Standpunkt demnach erst dann etwas zu gewinnen, wenn der angefochtene Bescheid in Ansehung des gebrauchten Asylausschließungsgrundes mit einer zur Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit belastet worden ist.
Der Beschwerdeführer bringt in Ausführung seiner Beschwerde aber keine Gründe vor, warum die belangte Behörde
- entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - im Ergebnis nicht davon habe ausgehen dürfen, daß er vor seiner Einreise in das Bundesgebiet bereits in Bulgarien und in Griechenland vor Verfolgung sicher gewesen sei, weil er in diesen Ländern einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz erlangt habe. Der Beschwerdeführer tritt dieser Argumentation der Erstbehörde mit keinem Wort entgegen. Da sich der Beschwerdeführer somit in keiner Weise gegen die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Annahmen im Tatsachenbereich wendet und auch keine neuen Tatsachen vorbringt - hierin wäre er durch § 41 Abs. 1 VwGG im vorliegenden Beschwerdefall nicht gehindert gewesen, weil die belangte Behörde erstmals im angefochtenen Bescheid von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch machte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/1193) - ist in rechtlicher Hinsicht von dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Der belangten Behörde kann daher auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie unter Bedachtnahme auf die geographische Lage der Türkei aus den niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Beschwerdeführers - wonach dieser von Istanbul aus auf dem Landwege per LKW in vier Tagen nach Österreich gereist war - letztlich unbekämpft folgerte, daß der Beschwerdeführer sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Griechenland oder in Bulgarien aufgehalten haben müsse; der europäische Teil der Türkei, von dem aus der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen hatte, grenzt nämlich - abgesehen vom asiatischen Landesteil der Türkei und dem Schwarzen Meer - ausschließlich an Bulgarien und Griechenland.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist diese anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, wobei es nicht darauf ankommt, wie lange sich der Beschwerdeführer in dem Drittstaat aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den dortigen Behörde bekannt und von diesen geduldet war.
Daß sich der Beschwerdeführer hiebei nur auf der Durchreise nach Österreich befunden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, kam es doch nicht auf die Dauer seines (nur vorübergehenden) Aufenthaltes (hier: in Bulgarien oder in Griechenland) an. Vielmehr war für den Beschwerdeführer "Verfolgungssicherheit" zumindest bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er eines dieser fremden Staatsgebiete betreten hat, wobei er im vorliegenden Beschwerdefall keine Gründe genannt hat, die ihn gehindert hätten, in einem dieser Länder länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen (vgl. beispielsweise für viele das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0150).
Der vom Beschwerdeführer gerügte Umstand, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides unvollständig sei und die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde fehle, stellt im Hinblick darauf, daß sich dieser Gegenstand mit hinreichender Deutlichkeit ("Das Bundesasylamt hat ihren Asylantrag mit Bescheid vom 15.9.1993, Zl. 93 02.930-BAL, abgewiesen.") aus der Bescheidbegründung ergibt, aus den schon im hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, näher angeführten Gründen keine zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit dar. Diesbezüglich genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ein Hinweis auf das vorbezeichnete Erkenntnis.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200450.X00Im RIS seit
20.11.2000