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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1994, Zl. 4.333.928/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. April 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der jugoslawischen Förderation", der am 5. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 9. März 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu prüfen, deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 11. März 1992, wonach er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen die Rechtslage richtig erkannt hat. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Auslegung ausschließlich mit Argumenten, denen der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, nicht gefolgt ist (vgl. insbesondere die grundlegenden Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, in denen auch dargelegt wurde, daß die im Zusammenhang mit der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung bzw. der Aufenthaltsberechtigung zu den §§ 5 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) ergangene Judikatur diesbezüglich nicht übertragen werden kann, sowie weiters die Erkenntnisse vom 21. September 1994, Zl. 94/01/0344, hinsichtlich des Einwandes, Flüchtlinge müßten demnach "mit einem in einem "nicht sicheren Staat" registrierten Flugzeug nach Österreich einreisen", und vom 16. November 1994, Zl. 93/01/1494, hinsichtlich der behaupteten Unkenntnis der Mitgliedschaft eines Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention).
Der Beschwerdeführer bringt aber in tatsächlicher Hinsicht vor, daß Slowenien "in die Kriegsgeschehnisse" in seinem Heimatland "eingebunden" sei, sodaß er nicht davon habe ausgehen können, daß er in Slowenien vor Verfolgung sicher sei. Slowenien sei "auch zu einem Großteil von serbischem Militär infiltriert, weshalb ich jederzeit damit rechnen mußte, durch eine Militärstreife aufgegriffen zu werden und als Deserteur in meiner Heimatstadt verurteilt zu werden". Im übrigen sei "auch bekannt, daß Slowenien gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kosovoalbaner ist, sodaß ich auch diesbezüglich Repressalien befürchtet habe".
Damit macht der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, Slowenien habe von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz geboten. Der Beschwerdeführer hat auf diese Weise nach Maßgabe der ihn im Verwaltungsverfahren treffenden Mitwirkungspflicht, ohne daß es demnach noch einer weiteren Konkretisierung seines Vorbringens bedurft hätte, auch die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängel aufgezeigt (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt wurde, obwohl die belangte Behörde, anders als die Erstbehörde, nunmehr auf Grund des von ihr gemäß dessen § 25 Abs. 2 anzuwendenden Asylgesetzes 1991 diesen Ausschließungsgrund herangezogen hat, verstößt sein (erstmals in der Beschwerde erstattetes) Vorbringen diesbezüglich auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010492.X00Im RIS seit
20.11.2000