TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/15 94/01/0400

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Veröffentlicht am 15.03.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994, Zl. 4.331.944/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994 wurde in Erledigung der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 4. Dezember 1991 ausgesprochen, daß Österreich der beschwerdeführenden Partei - einem Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 23. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am selben Tag den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei der beschwerdeführenden Partei der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der beschwerdeführenden Partei bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 29. November 1991, daß sich die beschwerdeführende Partei vor ihrer Einreise nach Österreich in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die beschwerdeführende Partei bringt aber in tatsächlicher Hinsicht vor, daß der angefochtene Bescheid an entscheidungswesentlichen Feststellungsmängeln leidet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderslautenden Bescheid gelangt wäre. Es würden "nähere Feststellungen zu den näheren Umständen" des Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei in Slowenien, insbesondere zur Frage des Rückschiebungsschutzes, fehlen. Wären entsprechende Feststellungen getroffen worden, hätte sich ergeben, daß die beschwerdeführende Partei in Slowenien keinesfalls vor Verfolgung sicher gewesen sei und daher der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. nicht vorliege.

Damit macht die beschwerdeführende Partei zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, daß in einem Staat, dessen Rechts- und Verfassungsordnung im großen und ganzen effektiv sei, wie das für Slowenien gelte, auch größtere Teilbereiche dieses Rechtsbestandes, wie eben das Nonrefoulementrecht ebenfalls effektiv in Geltung stünden (siehe in diesem Zusammenhang die von Slowenien abgegebene Erklärung betreffend die Geltung der Genfer Flüchtlingskonvention laut BGBl. Nr. 806/1993; hinsichtlich der Frage der Existenz eines Drittstaates Slowenien im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 im Zeitpunkt des dortigen Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/01/0264, verwiesen). Die beschwerdeführende Partei hat auf diese Weise nach Maßgabe der sie im Verwaltungsverfahren treffenden Mitwirkungspflicht, ohne daß es demnach noch einer weiteren Konkretisierung ihres Vorbringens bedurft hätte, auch die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängel aufgezeigt (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Im Hinblick darauf, daß der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt wurde, obwohl die belangte Behörde, anders als die Erstbehörde, nunmehr aufgrund des von ihr gemäß dessen § 25 Abs. 2 anzuwendenden AsylG 1991 von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat, verstößt ihr (erstmals in der Beschwerde erstattetes) Vorbringen diesbezüglich auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG.

Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Rahmen des gestellten Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010400.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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