Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/13/0066Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Rechtssachen der C-GmbH in Liquidation in W, verteten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, betreffend 1. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat III) vom 29. Dezember 1993, Zl. 6/2-2201/89-11, betreffend Umsatzsteuer 1986, und 2. über die Beschwerde gegen den eben genannten Bescheid, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen und der auf dem Bescheid angebrachten Eingangsstampiglie am 20. Jänner 1994 z.Hd. ihrer Steuerberaterin zugestellt.
Die sechswöchige Frist für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof endete daher am 3. März 1994. In ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist bringt die Antragstellerin vor, die Kanzleileiterin ihrer Steuerberaterin habe unrichtigerweise als letzten Tag der Frist "den 6.3.94 eingetragen". Der mit der Steuerberaterin seinerzeit "zusammenarbeitende" Rechtsanwalt habe am 4. März 1994 zu Recht "die Unterfertigung und Einbringung der Beschwerde als verspätet" abgelehnt.
Die Kanzleileiterin sei seit zwei Jahren bei der Steuerberaterin der Antragstellerin mit der Eintragung der Termine befaßt und verfüge über entsprechende Kenntnisse. Bisherige Überprüfungen ihrer Tätigkeit hätten keine Veranlassung ergeben, an ihrer Verläßlichkeit zu zweifeln. Ein derartiger Eintragungsfehler sei der Kanzleileiterin noch nie unterlaufen. Es werde daher der Antrag gestellt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, weil die Antragstellerin durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert gewesen sei, die Beschwerdefrist korrekt einzuhalten. Dem Antrag ist ein mit 17. März 1994 datierter Beschwerdeschriftsatz angeschlossen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag werden keine Umstände aufgezeigt, die dafür sprechen, daß die Fristversäumnis auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis oder auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen wäre.
Zunächst fällt auf, daß der als letzter Tag der Frist unrichtigerweise eingetragene 6. März 1994 ein Sonntag war. Eine mit der Fristenberechnung vertraute Person wird in einem Fall, bei dem das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, regelmäßig den nächstfolgenden Werktag eintragen, um bei der täglichen Kontrolle, ob alle Friststücke ordnungsgemäß abgefertigt wurden, Fehler zu vermeiden.
Die Antragstellerin behauptet, erst ihr seinerzeitiger Rechtsanwalt habe anläßlich der Unterfertigung der Beschwerde die Fristversäumnis festgestellt. Sie bleibt aber jede Erklärung dafür schuldig, warum das Ende der Frist nicht bereits im Zuge der vorangegangenen Ausarbeitung des Beschwerdeschriftsatzes wahrgenommen wurde. Die gemäß § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG geforderten Angaben im Beschwerdeschriftsatz, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, dienen nämlich nicht nur der diesbezüglichen Prüfung durch den Gerichtshof; sie ermöglichen auch dem Verfasser des Beschwerdeschriftsatzes in einem gewissen Ausmaß die ihm obliegende Kontrolle, ob die Beschwerde rechtzeitig erhoben wird. Wird der Tag der Zustellung richtig bekanntgegeben bzw. ist er durch eine richtige Eingangsstampiglie auf dem angefochtenen Bescheid klar erkennbar, so würde ein Übersehen des Fristenablaufes zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Beschwerdeschriftsatzes nicht mehr ein Versehen minderen Grades darstellen.
Im Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, daß die Kanzleileiterin auf Grund der Überprüfungen durch die Steuerberaterin der Antragstellerin bisher als äußerst verläßlich gegolten habe. Mit Rücksicht auf die besondere Sorgfaltspflicht, die bei der Führung des Fristenvormerkes geboten ist, kann sich der dafür verantwortliche Parteienvertreter aber nicht mit der bloßen Feststellung begnügen, "Überprüfungen" hätten die Verläßlichkeit seiner Angestellten ergeben. Vielmehr sind Angaben über Art und Ausmaß der Überprüfungen erforderlich. Die Überprüfungen müssen laufend oder zumindest regelmäßig in kurzen Intervallen wiederkehrend erfolgen und daher geeignet sein, Fehler in der Fristeneintragung nach Möglichkeit auszuschließen (vgl. den hg. Beschluß vom 14. Mai 1991, 91/14/0061). Ein Vorbringen in dieser Richtung enthält der Wiedereinsetzungsantrag nicht.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war daher nicht stattzugeben.
Aus dem vorher Gesagten folgt, daß die Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994130065.X00Im RIS seit
11.07.2001