Index
L85007 Straßen Tirol;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des F in R, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. März 1993, Zl. IIb1-L-1919/3-1993, betreffend eine Straßenbaubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Kramsach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom 5. Juni 1990 ersuchte die Gemeinde Kramsach als Straßenerhalter gemäß § 41 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, um Erteilung der Straßenbaubewilligung für den Neubau des Erschließungsweges Z. Im Zuge des Verfahrens über diesen Antrag fand am 19. Juli 1990 eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer durch FM vertreten war. Entsprechend der Niederschrift über diese Verhandlung wurden dabei sowohl Fragen der Straßenbaubewilligung als auch der Enteignung erörtert. Zu der Frage der von der Gemeinde in Aussicht genommenen Entschädigung ist in der Niederschrift über diese Verhandlung vermerkt, daß sich der Beschwerdeführer, vertreten durch FM, drei Tage Bedenkzeit erbitte. Einwendungen oder Änderungsanträge hinsichtlich des Straßenbauvorhabens sind in der Niederschrift nicht vermerkt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Kramsach vom 25. April 1991 wurde die straßenbaurechtliche Bewilligung erteilt; aufgrund einer Berufung des Beschwerdeführers erging ein Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Oktober 1991, welcher über Vorstellung des Beschwerdeführers mit Entscheidung der belangten Behörde vom 21. August 1992, Zl. IIb1-L-1919/2-1992, aufgehoben wurde. Die tragenden Gründe für die Aufhebung waren einerseits die rechtliche Vermengung von Straßenbaubewilligung und Enteigungsverfahren durch die Gemeindebehörden und der Umstand, daß sachverhaltsmäßig nicht geklärt worden sei, welche Einwendungen der Beschwerdeführer erhoben habe, und andererseits die Tatsache, daß der bei der mündlichen Verhandlung anwesende straßenbautechnische Amtssachverständige kein ordnungsgemäßes Gutachten im Sinne des § 37
Tir Straßengesetz abgegeben habe.
Nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens durch den straßenbautechnischen Amtssachverständigen erging sodann der Bescheid des Vorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Oktober 1992, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen wurde.
Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insbesondere aus, daß gemäß § 43 Abs. 1
Tir Straßengesetz LGBl. Nr. 13/1989 die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse - unbeschadet des § 44 Abs. 4 - und die technische Ausgestaltung der Straße beantragen könnten, sofern dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden könne. Einem derartigen Antrag habe die Behörde Rechnung zu tragen, wenn das Bauvorhaben in der geänderten Weise mit den Erfordernissen des § 37 Abs. 1 Tir Straßengesetz vereinbar sei und der Aufwand für die Durchführung der beantragten Änderung zu dem damit erzielbaren Erfolg in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis stehe (§ 43 Abs. 2 Tir Straßengesetz). Ein Vorbringen hinsichtlich einer derartigen Änderung sei aber vom Beschwerdeführer weder in der gegenständlichen Vorstellung noch in einem früheren Rechtsmittel des Verwaltungsverfahrens oder in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 1990 erhoben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften insbesondere im Hinblick auf die der Behörde aufgetragene Interessenabwägung im Zusammenhang mit Abänderungen und Ergänzungen, die von den Liegenschaftseigentümern beantragt werden können, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird; ein Kostenbegehren wurde von der mitbeteiligten Partei nicht gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides insbesondere darin, daß die belangte Behörde verkannt habe, daß von den Gemeindebehörden die gemäß dem Tiroler Straßengesetz erforderliche Interessenabwägung nicht vorgenommen worden sei. Die Behörden der ersten und zweiten Instanz seien "jedenfalls davon ausgegangen, daß der Vorstellungswerber Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben hat". Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang auch, daß in der Verhandlungsschrift über den Inhalt der Einwendungen nichts protokolliert sei.
Der Beschwerdeführer verkennt mit diesem Vorbringen, daß Einwendungen gegen die Verhandlungsniederschrift im Verwaltungsverfahren vorzubringen gewesen wären; auch wenn man das Vorbringen (vor allem im Zusammenhang mit der am Schluß der Beschwerde enthaltenen allgemeineren Verfahrensrüge betreffend die Verletzung des Parteiengehörs zur Frage der Einwendungen im fortgesetzten Verfahren) dahingehend versteht, daß der Beschwerdeführer nicht nur vermeint, daß die Verhandlung vom 19. Juli 1990 anders verlaufen wäre, als der Niederschrift zu entnehmen ist, sondern daß er allenfalls zu einem anderen Zeitpunkt des Verfahrens Einwendungen (bzw. Änderungsansuchen im Sinne des § 43 des Tir. Straßengesetzes) erhoben hätte, ist damit für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen:
Wohl ist einzuräumen, daß der Beschwerdeführer im Hinblick darauf, daß ihm zu dieser Frage kein Parteiengehör eingeräumt wurde, mit einem entsprechenden Tatsachenvorbringen erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot verstieße und es ihm offenstünde, durch entsprechendes Vorbringen die Wesentlichkeit eines allenfalls diesbezüglich bestehenden Mangels aufzuzeigen; in der Beschwerde ist jedoch in keinerlei Hinsicht ausgeführt, zu welchen anderen Feststellungen die Behörde gekommen wäre, wenn sie dem Beschwerdeführer zu dieser Frage noch das Parteiengehör eingeräumt hätte. Der Beschwerdeführer hat somit gar kein neues Tatsachenvorbringen erstattet. Es kann aber damit auch nicht davon ausgegangen werden, daß ein etwaiger diesbezüglicher Verfahrensmangel wesentlich wäre, da auch dem Verwaltungsgerichtshof bei dem dargestellten Verfahrensverlauf nicht ersichtlich ist, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels hätte kommen können. Es braucht daher im Beschwerdefall auch nicht näher untersucht zu werden, wie die entsprechenden Ausführungen im ersten Vorstellungsbescheid zu verstehen sind und inwieweit die tragenden Gründe für die Aufhebung eine Bindungswirkung (auch für den Verwaltungsgerichtshof) im fortgesetzten Verfahren entfalten. Auch ausgehend von der Annahme des Erfordernisses weiterer Erhebungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer entgegen der den Gemeindebehörden vorliegenden Aktenlage doch eine Änderung im Sinne des § 43 Abs. 1 Tir. Straßengesetz beantragt hatte, kann nicht von der Wesentlichkeit eines allenfalls diesbezüglich unterlaufenen Verfahrensmangels ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer auch im vorliegenden Verfahren nicht zu erkennen gibt, in welcher Weise er derartige Einwendungen bzw. Abänderungsanträge im Verfahren vor den Gemeindebehörden gestellt hat (vgl. zu den Folgen der Verletzung des Parteiengehörs allgemein etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 30. Jänner 1967, Slg. 7070 A, und zur Frage der Darlegung der Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1961, Zl. 1231/59, und vom 2. Dezember 1987, 87/03/0077).
Die belangte Behörde weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, daß der Beschwerdeführer auf derartige Änderungsanträge auch nicht in seiner Vorstellung eingegangen ist.
Es trifft daher nicht zu, daß die belangte Behörde einen Mangel des letztinstanzlichen Gemeindebescheides im Hinblick auf die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts wahrzunehmen gehabt hätte; es war daher auch keine Verletzung der nach § 43 Abs. 1 iVm § 37 Tir Straßengesetz 1989 erforderlichen Interessenabwägung festzustellen, da diese nur bezüglich konkreter Änderungsanträge in Betracht kommt.
Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides weiters darin erblickt, daß dem Antrag auf Erteilung der Straßenbaubewilligung ein Bauentwurf in dreifacher Ausfertigung beizuschließen sei, § 50 Abs. 3 Tir Straßengesetz vorsehe, daß die Straßenbaubewilligung zu erteilen sei, wenn die vorgesehene Trasse und technische Ausführung der Straße den bestehenden und voraussehbaren Verkehrsbedürfnissen entspreche, daß der Erteilung der Straßenbaubewilligung eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle vorauszugehen habe und dieser Verhandlung bei sonstiger Nichtigkeit des Baubewilligungsbescheides ein straßenbautechnischer Sachverständiger beizuziehen sei, so ist zu diesem Vorbringen zu bemerken, daß (abgesehen davon, daß in der Beschwerde mit Ausnahme zur Frage der Anwesenheit des Sachverständigen keine entsprechenden Sachverhaltsbehauptungen, daß diesbezüglich Mängel aufgetreten seien, enthalten sind) sich dieses Vorbringen nicht auf subjektive Rechte des Beschwerdeführers bezieht. Ein Eingehen auf dieses Vorbringen ist dem Verwaltungsgerichtshof daher im Hinblick darauf, daß das verwaltungsgerichtliche Verfahren (nur) der Prüfung der Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers dient (Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG) verwehrt.
Was die erwähnte Frage der Anwesenheit eines straßenbautechnischen Sachverständigen betrifft (aufgrund welcher in der Beschwerde auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird), so ist darauf hinzuweisen, daß nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung der Amtssachverständige des Straßenbauamtes Kufstein anwesend war und auch die Niederschrift gefertigt hat. Die entsprechenden Ausführungen in der Beschwerde sind damit aktenwidrig. Ein Verfahrensmangel liegt daher auch insoweit nicht vor, ganz abgesehen davon, daß - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - die Verfahrensrechte einer Partei nur der Durchsetzung ihrer materiellen Rechte dienen und insofern nicht weiter reichen können als diese subjektiven Rechte. Der Beschwerdeführer hat es auch in diesem Zusammenhang verabsäumt, aufzuzeigen, in welchen Rechten er durch die allfällige Verletzung der von ihm angezogenen Bestimmung verletzt sein könnte. Dies gilt auch für die Ausführungen der Beschwerde betreffend das in der ersten Instanz erstattete Gutachten, sodaß auch nicht näher darauf einzugehen ist, inwiefern ein allfälliger diesbezüglicher Mangel durch die im Laufe des Verfahrens erfolgte Ergänzung des Gutachtens als geheilt anzusehen ist.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993060081.X00Im RIS seit
20.11.2000