Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §370 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des Dr. D in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. November 1994, Zl. Senat-NK-93-044, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. November 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als außenvertretungsbefugtes Organ der X-AG zu verantworten zu haben, daß durch diese in der Zeit vom 9. Dezember 1992 bis 13. Mai 1993 in S eine gewerbliche Betriebsanlage für die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Rasthauses ohne rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung errichtet worden sei. Die Anlage, die eine Kapazität von
160 Verabreichungsplätzen aufweise, sei geeignet, durch die Zufahrt zur D-Straße die Sicherheit des Verkehrs auf dieser Straße wesentlich zu beeinträchtigen sowie diese Sicherheit durch von Leuchtreklamen ausgehende Blend- und Ablenkungswirkungen auf Autofahrer wesentlich zu gefährden, wodurch bereits die Genehmigungspflicht begründet sei. Da für die Beheizung der Anlage eine Ölfeuerungsanlage vorgesehen sei, sei infolge der mit einer solchen Anlage verbundenen Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten darüber hinaus eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden der Betriebsanlage durch Brände zu befürchten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 erster Fall GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 begangen, weshalb gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit. über ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt wurde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., es sei im Verfahren unbestritten geblieben, daß es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine solche handle, die für die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Rasthauses (Raststätte) zu dienen bestimmt sei. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß die X-AG über keine Gastgewerbeberechtigung verfüge und sohin die Sondervorschrift des § 370 Abs. 2 GewO 1973 nicht zur Anwendung zu kommen habe. Wenn auch die X-AG über andere Gewerbeberechtigungen - z.B. Betrieb von Tankanlagen, Handelsgewerbe etc. - verfügen möge und diesbezüglich die Bestellung von Geschäftsführern angezeigt und diese genehmigt worden seien, bedeute dies nicht, daß diese auch für die Einhaltung von artfremden Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergäben, gewerberechtlich zur Verantwortung zu ziehen seien und diese somit für die Einhaltung von Verpflichtungen verwaltungsstrafrechtlich hafteten, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Geschäftsführertätigkeit stünden. Liege sohin keine entsprechende Gewerbeberechtigung vor, dann sei grundsätzlich strafrechtlich der Gewerbeinhaber verantwortlich, somit bei juristischen Personen deren außenvertretungsbefugte Organe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes nicht bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer u.a. vor, bei der Annahme, für die in Rede stehende Verwaltungsübertretung sei der Beschwerdeführer als "außenvertretungsbefugtes Organ" verantwortlich, übersehe die belangte Behörde, daß der gegenständliche Rasthausbau von der X-AG im Zusammenhang mit der bereits bestehenden Tankstelle durchgeführt worden sei. Die X-AG habe eine gewerberechtliche Berechtigung zum Betrieb von Tankstellen und hiefür auch einen - von der Person des Beschwerdeführers verschiedenen - gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt. Dieser und nicht der Beschwerdeführer hafte gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 für die in Rede stehende Verwaltungsübertretung.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 in der hier im Hinblick auf den Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Gemäß § 370 Abs. 2 leg. cit. sind Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines solchen angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, trifft, wenn eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeit steht, die strafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den gewerberechtlichen Geschäftsführer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1987, Zl. 86/04/0244).
Die belangte Behörde verkannte daher die Rechtslage, wenn sie davon ausging, im vorliegenden Fall treffe die strafrechtliche Verantwortung für die in Rede stehende Tat, die zweifellos im Sinne der zitierten Rechtsprechung mit der vorhandenen Gewerbeberechtigung der X-AG im sachlichen Zusammenhang steht, den Beschwerdeführer als "außenvertretungsbefugtes Organ der X-AG" (wobei auch diese Umschreibung des Grundes der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nicht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgebildeten Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG entspricht - vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1986, Zl. 85/04/0129) und nicht den für diese Gesellschaft bestellten gewerberechtlichen Geschäftsführer.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, weshalb es sich erübrigt, auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994040249.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.12.2009