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50/01 Gewerbeordnung;Norm
AWG 1990 §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des M jun. in J, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 18. Jänner 1993, Zl. UVS-4/77/5-1993, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 18. Jänner 1993 wurde dem Beschwerdeführer folgende Tat zur Last gelegt:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma X-GesmbH in den Monaten Oktober, November und Dezember 1991 am Standort S G-Straße 55a, von verschiedenen Firmen Altöl und gefährlichen Abfälle entgegengenommen und damit das Gewerbe "Sammler von Altöl und gefährlichen Abfällen" ausgeübt, ohne im Besitze einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.
Sie haben dadurch § 366 Abs. 1 Z. 1 i.Z.m. § 5 Z. 1 der GewO 1973 übertreten.
Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 wird über sie eine Geldstrafe von S 4.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt.
Der Beschuldigte hat außerdem einen Betrag zu den Kosten des Verfahrens in der Höhe von S 400,-- zu leisten."
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, die Firma X-GesmbH sei Tochterfirma der Firmen Y-GesmbH und Z-GesmbH. Sie nehme Aufträge über das Sammeln von Altöl und gefährlichen Abfällen entgegen. In der Regel würden diese Aufträge nicht selbst durchgeführt, sondern würden diese Abfälle von den vorgenannten Gesellschaften bei den Kunden abgeholt und der Entsorgung zugeführt. Bei kleineren Abfallmengen komme es jedoch immer wieder vor, daß diese von Kunden unmittelbar am Standort G-Straße 55a abgeliefert würden. Dort werde der Begleitschein für diese Abfälle bestätigt, welche sodann bis zum Abtransport durch die berechtigte Firma Y-GesmbH zwischenlagerten. In den Monaten Oktober, November und Dezember 1991 sei es vorgekommen, daß die Sekretärin der X-GesmbH entgegen den Anweisungen des Beschuldigten auf den Begleitscheinen mit dem Stempel der Firma X-GesmbH und nicht mit jenem der Y-GesmbH die Übernahme bestätigt habe. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Z. 1 GewO 1973 dürften Anmeldungsgewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden. Was Gegenstand des Sammelns gefährlicher Abfälle und Altöl sei, besage § 15 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG). Danach sei unter Sammmeln Abholen oder Entgegennehmen gemeint. Der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer der Firma X-GesmbH gefährliche Abfälle (Lösungsmittel, Leuchtstoffröhren, Säure, Batterien und dgl.) und Altöle im Standort G-Straße 55a entgegengenommen und sie in die ausschließliche Gewahrsame dieses Unternehmens gebracht. Er habe damit die Tätigkeit ausgeübt, welche er angeblich nur vermittelt habe. Unstrittig sei die Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht bei dieser Tätigkeit. Die Entgegennahme von gefährlichen Abfällen und Altölen durch die Sekretärin sei auch nicht entgegen der Weisung des Beschwerdeführers erfolgt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Äußerung zu dieser Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Hiezu bringt er unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u. a. vor, die X-GesmbH sei ein reines Administrationsunternehmen, das von den Firmen Y-GesmbH und Z-GesmbH gegründet worden sei, um die Aktivierung, die Annahme und die Weitervermittlung von Aufträgen durchzuführen. Allein auf Grund ihrer betrieblichen Struktur wäre erstere gar nicht in der Lage, Abfälle zu sammeln, da sie über keinerlei Lagerplatz oder Entsorgungspersonal verfüge, lediglich eine Sekretärin und einen Außendienstmitarbeiter beschäftige. Die belangte Behörde sei jedoch auf die Betriebsstruktur der X-GesmbH überhaupt nicht eingegangen und habe es auch nicht der Mühe wert gefunden, aufzuklären, wem nunmehr das Betriebsgelände, insbesondere der Lagerplatz zuzuordnen sei. Dem Beschwerdeführer werde die Ausübung des Gewerbes "Sammler von Altöl und gefährlichen Abfällen" vorgeworfen, als Sachverhalt habe jedoch die belangte Behörde die Entgegennahme von Aufträgen über das Sammeln von Altöl und gefährlichen Abfällen zugrundegelegt. Die belangte Behörde werfe dem Beschwerdeführer - ungeachtet des als Begründungsmangel anzusehenden Widerspruchs - eine Tätigkeit vor, die nicht mit der Norm des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in Einklang zu bringen sei. Voraussetzung für eine unbefugte Gewerbeausübung sei der Mangel jeglicher Gewerbeberechtigung für die Tätigkeit, die den Gegenstand der unbefugten Gewerbeausübung bilden solle. Die Behörde habe die Entgegennahme und Weiterleitung von Aufträgen zum Sammeln von Altöl und gefährlichen Abfällen der Ausübung eines Anmeldungsgewerbes gleichgestellt. Dadurch habe die belangte Behörde jedoch gegen das im gesamten Strafrecht bestehende absolute Analogieverbot verstoßen. Auch im Verwaltungsstrafverfahren gelte der Grundsatz
"nulla poena sine lege", die Behörde sei daher nicht berechtigt, einen dieser Bestimmung ähnlich gelagerten Sachverhalt unter den vorgenannten Tatbestand zu subsumieren.
Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund dieses Vorbringens aus folgenden Gründen als berechtigt:
Gemäß § 3 Abs. 1 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 1990/325 (AWG), gilt dieses Bundesgesetz für gefährliche Abfälle (§ 2 Abs. 5) und Altöle (§ 21). § 15 AWG normiert eine Erlaubnispflicht für Abfallsammler und -behandler. Demnach bedarf gemäß Abs. 1 des § 15 AWG, wer gefährliche Abfälle oder Altöl sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt) hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes.
Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zugehörigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen mit Geldstrafe von 50.000,-- bis 500.000,-- Schilling, wer die Tätigkeit eines Abfall- (Altöl-)sammlers oder Abfall- (Altöl-)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder sie entgegen § 15 Abs. 5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß § 15 Abs. 8 ausübt.
Gleichzeitig mit Inkrafttreten des AWG wurden die erst mit der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399/1988, geschaffene Konzessionspflicht des Sonderabfallsammlers und -beseitigers und des Altölsammlers und -verwerters und die damit zusammenhängenden Bestimmungen (§§ 248a ff GewO 1973) ersatzlos aufgehoben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 93/04/0231, näher ausgeführt hat, sollte diese Tätigkeit dem Geltungsbereich der Gewerbeordnung entzogen und ausschließlich dem AWG unterstellt werden. Das Sammeln oder Behandeln gefährlicher Abfälle oder Altöle bedarf daher ausschließlich der Erlaubnis nach § 15 AWG und nicht etwa (auch) nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung.
Die belangte Behörde belastete daher den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, da sie dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der Firma X-GesmbH - entgegen der Gesetzeslage - zur Last gelegt hat, "das Gewerbe "Sammler von Altöl und gefährlichen Abfällen" ausgeübt (zu haben), ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein" und "dadurch § 366 Abs. 1 Z. 1 im Zusammenhang mit § 5 Z. 1 GewO 1973 übertreten" zu haben.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993040058.X00Im RIS seit
20.11.2000