TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/21 93/08/0251

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Veröffentlicht am 21.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §44 Abs1;
AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des K in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 1. Oktober 1993, Zl. IVb-69-2/1990, betreffend Feststellung der allgemeinen Beitragsgrundlage für den Monat Oktober 1985 (mitbeteiligte Parteien: 1. Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Dornbirn, Jahngasse 4, 2. E), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.465,-- und der mitbeteiligten Vorarlberger Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Vorarlberger Gebietskrankenkasse erließ einen mit 17. Oktober 1989 datierten Bescheid mit dem Betreff: "Firma K-GesmbH ...; Feststellung der Beitragsgrundlage für den Monat Oktober 1985 für Herrn K ...". Der Spruch dieses Bescheides lautet: "Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG wird die allgemeine Beitragsgrundlage für den Monat Oktober 1985 für den Dienstnehmer K ... mit S 11.176,-- festgestellt." Der Bescheidbegründung legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse folgenden Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer sei bis 28. Februar 1985 Buchhalter der Firma G in B gewesen. Ab 1. März 1985 habe er die Buchhaltungsarbeiten für die Firma E, übernommen. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem jeweiligen Dienstgeber sei vereinbart worden, daß der Beschwerdeführer eine Aufstellung der tatsächlich geleisteten Stunden erstelle und zu Monatsende dann aufgrund dieser Aufzeichnungen das entsprechende Gehalt errechne. Am 3. November 1985 habe der Beschwerdeführer einen Hirnschlag erlitten, sodaß durch das Steuerbüro M für den Monat Oktober 1985 nur eine Akontozahlung (S 10.000,-- brutto) habe verrechnet werden können, weil die Aufzeichnung der geleisteten Stunden nicht vorgelegen sei. In der Folge sei für die Monate November und Dezember 1985 für die Berechnung der Fortzahlung des Gehaltes eine durchschnittliche Anzahl von 115 Stunden angenommen worden, die sich aus den auf dem Lohnkontobeleg ab 1. Jänner 1985 ausgewiesenen und verrechneten Arbeitsstunden ergebe. Diese Aufstellung zeige (und dies sei auch auf dem Lohnkontobeleg vermerkt), daß für den Monat Oktober 1985 76 Stunden (68 plus 8) zu verrechnen seien. Für den Monat Oktober 1985 würde sich daher bei Berücksichtigung eines Stundenlohnes von S 147,-- ein Monatslohn von S 11.172,-- ergeben. Die Akontozahlung für den Monat Oktober entspreche - mit einer ganz geringfügigen Abweichung - der Verrechnung von 68 geleisteten Arbeitsstunden. Die darüber hinaus vermerkten 8 Arbeitsstunden seien erst im November 1985 ausbezahlt worden. Werde berücksichtigt, daß für den Monat Oktober 1985 eine Akontozahlung von S 10.000,-- und erst nachträglich im November 1985 ein Nachtrag für 8 Stunden a S 147,-- (= S 1.076,--) erfolgt sei, so müsse als Beitragsgrundlage für den Monat Oktober 1985 der Betrag von S 11.176,-- festgestellt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid.

Nach der Bescheidbegründung habe der Beschwerdeführer in seinem Einspruch zunächst ausgeführt, daß im "Betreff" des bekämpften Bescheides als Dienstgeber die K-GesmbH angeführt sei. Er sei jedoch damals nicht bei dieser Gesellschaft, sondern beim mitbeteiligten E beschäftigt gewesen. Dies sei zu berichtigen und der Bescheid auch seinem ehemaligen Dienstgeber zuzustellen. Zwischen ihm und seinem Dienstgeber sei vereinbart gewesen, daß er Stundenaufzeichnungen als Grundlage der monatlichen Gehaltsabrechnungen führe. Das Lohnkontoblatt für Oktober und November 1985 enthalte jedoch irreführende Angaben. Dies sei auf seinen am 3. November 1985 erlittenen Hirnschlag zurückzuführen. Die Buchhaltung sei damals interimistisch von M durchgeführt worden. Dieser habe eine pauschale Akontozahlung in der Höhe von S 10.000,-- vorgenommen, was einer Stundenanzahl von 68 entspreche. Um den 20. Dezember 1985 habe der Beschwerdeführer selbst wieder die Buchhaltung weitergeführt. Er sei jedoch zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich beeinträchtigt gewesen. Deshalb sei er bei der Komplettierung des Lohnkontoblattes zum Teil völlig unlogisch vorgegangen. So habe er für Oktober 1985 nie die tatsächliche Stundenanzahl verrechnet, sondern lediglich 8 zusätzliche Stunden für einen Feiertag eingerechnet, woraus sich dann ein Schnitt von 115 Stunden monatlich ergeben habe, den er dann in der Novemberspalte eingetragen habe. Weitere Fehler habe er auch hinsichtlich des Monates November 1985 gemacht und schließlich in der Lohnmeldung vom 20. Dezember 1985 für Oktober wiederum einen Betrag von S 16.905,-- eingesetzt, was der Jahresdurchschnittsstundenzahl von 115 entspreche.

Bei einer späteren Einvernahme habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe nach seinem Hirnschlag im Dezember 1985 die Lohnverrechnung weitergeführt, obwohl er damals noch sehr angeschlagen gewesen sei. Für Oktober 1985 sei jedoch die Lohnabrechnung durch das Steuerbüro M erfolgt, das aber mangels Stundenunterlagen nur eine Kontoabrechnung habe durchführen können. Nach seinen fortlaufenden und täglichen Aufzeichnungen habe der Beschwerdeführer im Oktober 1985 tatsächlich aber 123 Stunden gearbeitet. Nach der Betriebsprüfung sei zutage gekommen, daß er noch Ansprüche auf nichtausbezahlte Stunden gehabt habe. Diese ihm zustehenden Lohnansprüche habe er in Form von Naturalien (Geburtstagsessen) pauschal abgegolten erhalten. Den vermehrten Arbeitsaufwand für Oktober 1985 habe der Beschwerdeführer damit erklärt, daß er in den Sommermonaten Juli und August weniger gearbeitet und dies dann in der Folge im Oktober 1985 wieder aufgearbeitet habe. Insbesondere habe er in diesem Zeitraum auch an Finanzierungsgesprächen teilgenommen. Die Arbeitskarte der 43. Woche habe er nach der Betriebsprüfung vom ehemaligen Dienstgeber E bestätigen lassen, weil seine Aufzeichnungen damals vom Betriebsprüfer in Zweifel gezogen worden seien. Es sei auch üblich gewesen, jeden Monat die Lohnaufzeichnungen dem Chef vorzulegen. Erst nach dessen Genehmigung sei der Lohn ausbezahlt worden. Die Aussagen seines ehemaligen Dienstgebers, daß er die Stundenliste nicht kontrolliert bzw. nicht zu Gesicht bekommen habe, entsprächen nicht den Tatsachen.

E habe ausgesagt, daß er in die Lohnabrechnungen und die Buchhaltung nie Einblick bekommen habe. Sämtliche mit der Sozialversicherung und dem Finanzamt im Zusammenhang stehenden Geschäfte seien vom Beschwerdeführer erledigt worden. Nach dessen Hirnschlag habe man die Nachwirkungen noch ein bißchen wahrnehmen können. Jedenfalls habe er keine Fehler gemacht. Es habe lediglich möglich sein können, daß er für die Erledigung seiner Arbeiten etwas länger gebraucht habe. Die Hauptsaison habe sich von Mai bis Oktober erstreckt. Im November und Dezember sei nicht viel los gewesen. Die Schlußabrechnung habe man erst Ende des Monats Oktober durchgeführt. Ein Großteil des Personals sei dann auf Urlaub gegangen bzw. habe das Dienstverhältnis aufgelöst. Die große Abrechnung sei also erst im November erfolgt. Stundenlisten seien ihm nicht regelmäßig vorgelegt worden. Auf einer einzigen Stundenliste, nämlich jener der Woche Nr. 43/85, habe er unterschrieben. Im übrigen müsse aber betont werden, daß er die Stundenlisten nie kontrolliert bzw. zu Gesicht bekommen habe, mit eben der erwähnten Ausnahme. Diese Unterschrift habe er geleistet, ohne das Geschriebene überprüft zu haben. Er habe in dieser Hinsicht eben voll seinem Steuerberater vertraut.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens legte die belangte Behörde ihrer Entscheidung nachstehende Feststellungen zugrunde: Der Beschwerdeführer sei als Dienstnehmer des mitbeteiligten E ab 1. März 1985 zur Sozialversicherung gemeldet worden. Er habe die Buchhaltungsarbeiten hinsichtlich des von E geführten Gasthofes "B" erledigt. Die vom Beschwerdeführer geleisteten Arbeitsstunden hätten je nach Arbeitsanfall variiert. In einem "Kontoblatt" (gemeint: in einer Arbeitskarte) habe der Beschwerdeführer die geleisteten Arbeitsstunden selbst verzeichnet. Die Gehaltsabrechnung sei basierend auf dieser Stundenauflistung, die vom Dienstgeber keiner Kontrolle unterzogen worden sei, erfolgt. Am 3. November 1985 habe der Beschwerdeführer einen Hirnschlag erlitten und habe die Abrechnung des Monates Oktober 1985 nicht mehr durchführen können. Die Buchhaltung sei vorübergehend vom Steuerberater M aus Bregenz übernommen worden. Da diesem keine Stundenaufzeichnungen vorgelegen seien, habe ein Mitarbeiter des Steuerberaters für den Beschwerdeführer eine pauschale Akontozahlung für den Monat Oktober 1985 in der Höhe von S 10.000,-- vorgenommen und diesen Betrag auch in das Gehaltskontoblatt eingetragen. In der Folge habe der Beschwerdeführer in der Oktoberspalte das Datum, die Stundenanzahl 68 und die dazu geklammerte Zahl 8 nachträglich eingetragen. Auch die nachträglichen Eintragungen betreffend November und Dezember 1985 seien vom Beschwerdeführer erfolgt.

Die Aussagen des Beschwerdeführers, bei den Eintragungen im Lohnkontoblatt (insbesondere für Oktober 1985) bedingt durch seinen Gehirnschlag unlogisch vorgegangen zu sein, erschienen der belangten Behörde aufgrund nachfolgender Erwägungen nicht glaubwürdig: Der Beschwerdeführer sei im Dezember 1985 aus der stationären Behandlung entlassen worden und habe um den 20. Dezember 1985 die Lohnbuchhaltung weitergeführt, das heiße, die angefallenen Buchhaltungsarbeiten nachgeholt. Der Steuerberater habe lediglich für den Monat Oktober 1985 die Lohnverrechnung provisorisch durchgeführt. Zum selben Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bereits zur Erledigung sämtlicher anfallender Buchhaltungsarbeiten fähig gewesen sei, habe er auch für den Monat Oktober die Korrektur entsprechend seinen tatsächlich geleisteten Stunden (68 plus 8 Stunden) vorgenommen. Vom ehemaligen Dienstgeber des Beschwerdeführers sei angeführt worden, daß der Beschwerdeführer auch nach seinem Hirnschlag die Arbeiten, wenn auch etwas verlangsamt, jedoch korrekt ausgeführt habe. Wenn nun der Beschwerdeführer Ende Dezember 1985 imstande gewesen sei, sämtliche Buchhaltungsarbeiten ordnungsgemäß zu erledigen, dann sei nicht einsichtig, weshalb ihm gerade bei einer so banalen Aufgabe wie der bloßen Übertragung der aufgezeichneten Arbeitsstunden des Monates Oktober 1985 in das Lohnkontoblatt Fehler hätten unterlaufen sollen. Darüber hinaus sei auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen sich der Beschwerdeführer die zusätzlichen Stunden (123 minus 76 = 47) nicht habe auszahlen lassen, die sich nach der Beitragsprüfung ergeben hätten. Auf diese Frage angesprochen, habe der Beschwerdeführer anläßlich seiner Einvernahme wenig plausibel ausgeführt, es seien ihm die noch zuständigen Lohnansprüche in Form von Naturalien (Geburtstagsessen) pauschal abgegolten worden. Im Ermittlungsverfahren sei ferner aufgefallen, daß nur die Arbeitskarte der 43. Woche im Oktober 1985 vom ehemaligen Dienstgeber gestempelt und bestätigt worden sei. Darauf angesprochen habe der Beschwerdeführer angeführt, daß die Bestätigung erst nach der Betriebsprüfung erfolgt sei, obwohl er zuvor in seinem Einspruch deutlich gemacht habe, nachträglich keinerlei Beweismittel hergestellt zu haben. Der Beschwerdeführer habe weiters ausgesagt, daß es üblich gewesen sei, jeden Monat die Lohnaufzeichnungen dem Chef vorzulegen. Erst nach dessen Genehmigung sei der Lohn ausbezahlt worden. Demgegenüber habe der ehemalige Dienstgeber jedoch bei seiner Einvernahme bekräftigt, daß er die Stundenlisten nicht kontrolliert bzw. nicht zu Gesicht bekommen habe; dies mit Ausnahme der genannten Stundenliste 43/85, die offensichtlich als Beweismittel habe dienen sollen. Aufgrund dieser Erwägungen erachte die belangte Behörde die Eintragungen im Lohnkontoblatt als richtig und erscheine ihr, basierend auf diesen Eintragungen, der folgende Geschehensablauf als realistisch:

Der Beschwerdeführer habe nach seinem stationären Aufenthalt im Krankenhaus sein Lohnkontoblatt vorgefunden, in dem für Oktober 1985 lediglich eine Akontozahlung und die sonstigen Bemessungsgrundlagen, nicht jedoch die Stundenanzahl eingetragen gewesen seien. Er habe über die geleisteten Arbeitsstunden genaue Aufzeichnungen geführt und habe daher gewußt, wieviele Stunden er im Oktober 1985 gearbeitet habe. Daraufhin habe er den eingetragenen Betrag von S 10.000,-- durch den bis dahin bezahlten Stundenlohn geteilt und habe als Resultat 68 durch die Akontozahlung abgegoltene Stunden erhalten. Die für Oktober demgemäß unberichtigt aushaftenden 8 Stunden habe er vermerkt, wobei die die Zahlen 68 und 8 verbindende Klammer darauf hinweise, daß die fehlenden 8 Stunden jedenfalls dem Oktober 1985 zuzuschlagen seien. Der Beschwerdeführer habe somit für diesen Monat S 10.000,-- erhalten und Anspruch auf weitere 8 Stundenlöhne gehabt. Aufgrund der aufgezählten Widersprüche gehe die belangte Behörde davon aus, daß die Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers nicht der Wirklichkeit entsprechen, vielmehr die Eintragungen im Lohnkontoblatt glaubwürdiger und nachvollziehbar anzusehen seien.

Den Einwänden zum "Betreff" des bekämpften Bescheides hielt die belangte Behörde entgegen, daß diese Angaben keinen notwendigen und wesentlichen Bestandteil eines Bescheides darstellten. Sie dienten lediglich der leichteren und schnelleren Orientierung. Der Sachverhaltsdarstellung sei jedoch unzweifelhaft zu entnehmen, wer Dienstgeber des Beschwerdeführers im gegenständlichen Zeitraum gewesen sei. Der bekämpfte Bescheid sei dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellt und von ihm beeinsprucht worden. Daher könne er sich nicht darauf berufen, es sei der Bescheid nichtig, weil er nicht gleichzeitig einer weiteren Verfahrenspartei zugestellt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wendet der Beschwerdeführer ein, daß er im Oktober 1985 in zwei Dienstverhältnissen gestanden sei und schon deshalb der durch den angefochtenen Bescheid übernommene Spruch des erstinstanzlichen Bescheides verfehlt sei, weil danach die allgemeine Beitragsgrundlage für den Beschwerdeführer im Oktober 1985 insgesamt nur S 11.176,-- betragen habe. Die belangte Behörde hätte vielmehr den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nur mit der Maßgabe bestätigen dürfen, daß die darin genannte Beitragsgrundlage lediglich das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zu E betreffe, oder die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse anleiten müssen, ihren Bescheid entsprechend zu berichtigen.

Diesem Einwand kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil sich aus dem von der belangten Behörde übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides im Zusammenhang mit der Bescheidbegründung eindeutig ergibt, daß sich die festgestellte allgemeine Beitragsgrundlage nur auf das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Mitbeteiligten E bezieht.

Im übrigen bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit folgender Begründung:

Die belangte Behörde würdige die drei widersprüchlichen Beweismittel über die von ihm im Oktober 1985 geleisteten Stunden (Arbeits- und Entgeltbestätigung für Oktober 1985 mit einem Entgelt von S 16.905,--, Komplettierung des Lohnkontoblattes für Oktober und November 1985 mit 68 plus 8 Stunden und Arbeitskarte für Oktober 1985 mit 123 Stunden) zu seinem Nachteil in der Richtung, daß er im Oktober 1985 lediglich 76 Stunden gearbeitet habe und deshalb die Beitragsgrundlage für diesen Monat nur S 11.176,-- betrage. Dabei übergehe die belangte Behörde ein von ihm zur Klärung dieser widersprüchlichen Beweisergebnisse angebotenes Beweismittel, nämlich die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens darüber, daß dem Beschwerdeführer aufgrund der Folgen seines Hirnschlages bei der Komplettierung der Buchhaltung im Dezember 1985 und im Jänner 1986 unlogische Fehlleistungen unterlaufen seien, vollständig. Zu den Argumenten, aufgrund derer die belangte Behörde seine Aussagen zu den von ihm vorgenommenen Eintragungen als unglaubwürdig erachte, sei zu bemerken: Daß dem Beschwerdeführer sonst keine Fehler unterlaufen seien, nehme die belangte Behörde ohne zureichendes Beweisergebnis an. Wohl habe der frühere Dienstgeber angeführt, daß der Beschwerdeführer die Arbeiten nach seinem Hirnschlag, wenn auch verlangsamt, so doch korrekt ausgeführt habe, sein ehemaliger Dienstgeber habe sich aber, wie aus den Beweisergebnissen auch hervorgehe, nicht um Details gekümmert und könne daher überhaupt nicht sagen, ob nicht doch auch sonst irgendwo ein Fehler unterlaufen sei, der möglicherweise bis heute niemandem aufgefallen sei. Abgesehen davon sei die Übertragung der aufgezeichneten Arbeitsstunden des Monates Oktober 1985 in das Lohnkontoblatt nicht eine banale Aufgabe. Tatsache sei nämlich, daß in der Zeile für Oktober 1985 bereits S 10.000,-- eingetragen gewesen seien und daher diese Zeile nicht nochmals habe beschriftet werden können. Es sei daher ein Modus zu finden gewesen, wie dies habe bewerkstelligt werden können. Aufgrund eines unlogischen Schlusses habe der Beschwerdeführer offensichtlich vermeint, die Zahl 123 durch Anführung in der Zeile für November 1985 mit 115 plus 8 komplettieren zu können. Die Unterstellung, er habe nachträglich ein Beweismittel hergestellt, sei haltlos. Er habe lediglich nach der Betriebsprüfung dem ehemaligen Dienstgeber ein schon bestehendes Beweismittel zur Unterschrift vorgelegt. Auch sei unwiderlegt geblieben, daß im Oktober 1985 vermehrt Auswärtstermine gewesen seien. Auch dies sei ein Indiz für die Richtigkeit der Aufzeichnungen des Beschwerdeführers. Schließlich hätte der Beschwerdeführer, wenn er tatsächlich betrügerisch die Beitragsgrundlage für Oktober 1985 hätte manipulieren wollen, dies entsprechend perfekt im Lohnkontoblatt durchgeführt, weil ihm als erfahrenem Buchhalter natürlich bekannt gewesen sei, daß der Beitragsprüfer der Gebietskrankenkasse die Kontrolle anhand der Lohnkonten durchführe. Aus all diesen Gründen sei die Nichteinholung des beantragten fachärztlichen Gutachtens ein wesentlicher Verfahrensmangel. Nach Einholung des Gutachtens werde es sich nämlich als durchaus wahrscheinlich ergeben, daß in der unmittelbaren zeitlichen Folge eines Hirnschlages bei schwierigeren buchhalterischen oder mathematischen Überlegungen Fehler unterliefen und daß dies beim Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall gewesen sei.

Mit diesen Verfahrensrügen bekämpft der Beschwerdeführer die Schlüssigkeit und Mängelfreiheit der Beweiswürdigung der belangten Behörde in bezug auf die Anzahl der von ihm im Oktober 1985 geleisteten Stunden.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt ihr mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Einer Prüfung unter diesen Gesichtspunkten hält die Begründung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens aus nachstehenden Gründen stand:

War der Beschwerdeführer (nach dem Beschwerdevorbringen ein "erfahrener Buchhalter") - entsprechend der Aussage seines ehemaligen Dienstgebers - Ende Dezember 1985 imstande, sämtliche Buchhaltungsarbeiten ordnungsgemäß, wenn auch langsamer als vor seinem Hirnschlag, zu erledigen, dann ist es in der Tat nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde meint, es sei nicht einsichtig, weshalb ihm gerade bei einer (für einen erfahrenen Buchhalter) so banalen Aufgabe der bloßen Übertragung der (nach seiner Behauptung schon damals) aufgezeichneten Arbeitsstunden des Monates Oktober 1985 in das Lohnkontoblatt die aufgezeigten Fehler hätten unterlaufen sollen. Zu einer Überprüfung der buchhalterischen Arbeiten des Beschwerdeführers ab Dezember 1985 daraufhin, ob nicht doch - entgegen der Aussage des ehemaligen Dienstgebers - Fehler unterlaufen seien, bestand für die belangte Behörde mangels irgendwelcher Anhaltspunkte dafür keine Veranlassung. War der Beschwerdeführer, ein erfahrener Buchhalter, aber wiederum in der Lage, Buchhaltungsarbeiten ordnungsgemäß durchzuführen, so ist es unerfindlich, welche Erwägungen ihn dazu bestimmt haben sollten, wegen des bereits eingetragenen Grundgehaltes von S 10.000,-- in der Oktoberspalte des Lohnkontoblattes unrichtigerweise statt der tatsächlich geleisteten

123 Arbeitsstunden nur 68 plus 8 einzutragen und nicht entsprechende Korrekturen des Lohnkontos vorzunehmen. Auch die übrigen Überlegungen der belangten Behörde, aufgrund derer sie nicht die Behauptung des Beschwerdeführers für glaubwürdig erachtete, er habe im Oktober 1985 123 Stunden geleistet, sind nicht unschlüssig. Dies trifft insbesondere auf seine Behauptung zu, es sei ihm erst nach der Betriebsprüfung aufgefallen, daß er noch Lohnansprüche für Oktober 1985 habe und ihm diese "in Form von Naturalien (Geburtstagsessen) pauschal abgegolten" worden seien. Ausgehend davon, daß der Beschwerdeführer Ende Dezember 1985 wieder in der Lage war, Buchhaltungsarbeiten ordnungsgemäß, wenn auch etwas langsamer als vor dem Gehirnschlag, durchzuführen, und es sich bei der unter Zugrundelegung von 123 im Oktober 1985 geleisteten Arbeitsstunden gebotenen Korrektur des Lohnkontoblattes nicht um eine schwierige buchhalterische Arbeit handelte, ist es auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde nicht das beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis dafür eingeholt hat, es sei durchaus wahrscheinlich, "daß in der Folge eines Hirnschlages zeitlich unmittelbar darauf folgend bei schwierigeren buchhalterischen oder mathematischen Überlegungen Fehler unterlaufen".

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993080251.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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