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L74004 Fremdenverkehr Tourismus Oberösterreich;Norm
AVG §74 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach J, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 1994, Zl. Wi(Ge) - 850022/1 - 1994/Pö/Ra, betreffend Vertretungskosten im Öffnungsverfahren nach dem Oberösterreichischen Tourismusgesetz 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der BH Rohrbach vom 25. März 1987, Zl. Wi-33/1986, wurde unter Spruchpunkt I.1. folgender Spruch gefaßt:
"Dem Antrag des Fremdenverkehrsverbandes Altenfelden-Kirchberg o.d.D. vom 26. September 1986 wird teilweise Folge gegeben und der am linken Donauufer zwischen Obermühl und Untermühl über dem Eigentum des Herrn J, befindlichen Grundparzellen ... verlaufende Weg für den Fußgängerverkehr geöffnet bzw. hat diese Wegfläche uneingeschränkt für den Fußgängerverkehr geöffnet zu bleiben. Das darüber hinausgehende Begehren auf Öffnung dieses Weges für Zwecke des Radfahrens, Reitens und Befahrens mit Kutschenfahrzeugen wird abgewiesen. Der Antrag des Herrn J auf Entschädigung wird abgewiesen."
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Fremdenverkehrsverband Altenfelden-Kirchberg o.d.D. wie J Berufung.
Die Oberösterreichische Landesregierung sprach mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 1994 hierüber in der Weise ab, daß mit Spruchpunkt I. die Berufung des Fremdenverkehrsverbandes mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen und mit Spruchpunkt II. "der Berufung des Herrn J, nunmehr Verlassenschaft nach dem am 1. Februar 1993 verstorbenen J" stattgegeben und der obzitierte Spruchpunkt I. des Bescheides der BH Rohrbach vom 25. März 1987 behoben wurde. Mit Spruchpunkt III. wurde weiters "der Antrag der Verlassenschaft nach dem am 1. Februar 1993 verstorbenen J ... vom 22. Dezember 1993 auf Zuerkennung eines Kostenersatzanspruches gegen den Fremdenverkehrsverband Altenfelden- Kirchberg o.d.D. in Höhe von S 139.506,-- zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von S 27.901,20 und Stempelmarken in Höhe von S 600,--" als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde zu diesem Spruchpunkt im wesentlichen ausgeführt, die Eingabe vom 22. Dezember 1993 beziehe sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211. In diesem Erkenntnis habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob nach der Kostentragungsregelung des § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 das Eisenbahnunternehmen verpflichtet sei, dem Liegenschaftseigentümer als Antragsgegner auch die Kosten einer anwaltlichen Vertretung im Enteignungsverfahren zu ersetzen. Der Verwaltungsgerichtshof sei dabei aufgrund einer eingehenden Rechtsanalyse von seiner Vorjudikatur abgewichen und zum Ergebnis gelangt, daß unter Verfahrenskosten stets auch die einer Partei durch anwaltliche Vertretung erwachsenen Kosten zu verstehen seien. Ein Kostenersatz könne jedoch nur dort zugesprochen werden, wo eine solche Ersatzregelung gesetzlich vorgesehen sei. Weder im Oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetz 1965 noch im Oberösterreichischen Tourismusgesetz 1990 sei eine Regelung über die Tragung der Verfahrenskosten getroffen. Es sei auch nicht normiert, daß Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäß anzuwenden wären. Es sei daher von der Kostentragungsregelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes auszugehen, wonach jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten habe (Hinweis auf § 74 Abs. 1 AVG). Mangels einer von diesem Grundsatz der Selbsttragung der Verfahrenskosten abweichenden Bestimmung erweise sich der gegenständliche Antrag auf Zuerkennung eines Kostenersatzes somit als unbegründet. Der diesbezügliche Antrag sei somit abzuweisen gewesen.
Gegen "den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 1994", inhaltlich jedoch lediglich gegen dessen Spruchpunkt III., richtet sich die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem Vorbringen in dem Recht auf Zuerkennung eines Kostenersatzes gegenüber dem antragstellenden und die Enteignung begehrenden Fremdenverkehrsverband verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zlen. 90/06/0211-13, ausgesprochen, daß § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes auch den Ersatz der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung umfasse. Vorweg sei deshalb zu prüfen, ob § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes im gegenständlichen Verfahren zur Anwendung gelange. Kraft Art. 13 des Verwaltungsentlastungsgesetzes finde § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes bezüglich des Enteignungsverfahrens nach dem Oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetz bzw. dem Oberösterreichischen Tourismusgesetz Anwendung. Zum Umfang der Entschädigung habe der Verwaltungsgerichtshof in dem obzitierten Erkenntnis vom 11. Februar 1993 auf sein Erkenntnis vom 18. Oktober 1973, Zl. 279/73, verwiesen. Demnach seien die Kosten anwaltlicher Vertretung nur insoferne zu ersetzen, als diese im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, dem Gegenstand und dem Umfang der Enteignung aufgelaufen seien. Jene Verfahrenskosten, die im Zusammenhang mit der Festsetzung der Entschädigung aufgelaufen seien, wären demnach nicht zu ersetzen, soferne man diesen Umkehrschluß ziehe. Diese Auslegung führe jedoch wiederum zu unlösbaren Wertungswidersprüchen (Hinweis auf Kerschner, JBl. 1993, 677 ff).
Die belangte Behörde brachte in ihrer Gegenschrift zunächst vor, im gegenständlichen Falle liege eine Enteignung im eigentlichen Sinne, d.h. die Entziehung einer Sache mit anschließender Übertragung derselben auf eine andere Person, nicht vor, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Beschränkung des Eigentums, weshalb die Bestimmungen des Verwaltungsentlastungsgesetzes nicht zum Tragen kämen. Aber selbst unter der Annahme, § 15 des Oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetzes 1965 habe eine Maßnahme der Enteignung dargestellt, und für dessen Verfahren wären die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes sinngemäß anzuwenden gewesen, wäre der Kostenbestimmungsantrag deshalb unbegründet gewesen, da darin beantragt worden sei, den Fremdenverkehrsverband Altenfelden-Kirchberg o.d.D. bzw. dessen Rechtsnachfolger zum Kostenersatz zu verpflichten. Dem sei aber zu entgegen, daß die Fremdenverkehrsverbände nach dem Oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetz 1965 bzw. dem Oberösterreichischen Tourismusgesetz 1990 nicht als Repräsentanten der Allgemeinheit, denen stellvertretend ein Recht zugesprochen werde, fungierten. Den Fremdenverkehrsverbänden komme in dem entsprechenden Verfahren nach § 15 des Oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetzes 1965 bzw. des § 47 des Oberösterreichischen Tourismusgesetzes 1990 auch keine Parteistellung zu, wobei diesbezüglich auf die Begründung zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides verwiesen werde. Darüberhinaus sei noch festzustellen, daß der Fremdenverkehrsverband Altenfelden-Kirchberg o.d.D. gemäß § 51 Abs. 2 des Oberösterreichischen Tourismusgesetzes 1990 mit Ablauf des 30. Juni 1990 aufgelöst worden sei. Der nunmehrige Tourismusverband könne nicht als Rechtsnachfolger des Fremdenverkehrsverbandes Altenfelden-Kirchberg o.d.D. angesehen werden. Auch aus diesen Gründen sei der beantragte Kostenzuspruch nicht berechtigt.
Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschbetrag festgesetzt werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in
einer Angelegenheit nach dem § 47 des O.ö. Tourismus-Gesetz 1990 abgesprochen. Das O.ö. Tourismus-Gesetz 1990 enthält keine von § 74 Abs. 1 AVG
abweichende Regelung.
Die Anwendung des § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 (Wiederverlautbarung) im Wege des Art. 13 des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. Nr. 277/1925, kommt im gegebenen Zusammenhang aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Gemäß Art. 13 des Verwaltungsentlastungsgesetzes finden, soferne die Gesetze Enteignungen zulassen und nichts anderes anordnen, für das bei der Durchführung der Enteignung und bei der Festsetzung der Entschädigung zu beobachtende Verfahren sinngemäß die Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Februar 1878, RGBl. Nr. 30, betreffend die Enteignung zum Zwecke der Herstellung und des Betriebes von Eisenbahnen, Anwendung.
Gemäß § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes sind die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.
Sowohl Art. 13 des Verwaltungsentlastungsgesetzes als auch § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes setzen eine "Enteignung", also die gänzliche oder teilweise Entziehung eines vermögenswerten Privatrechtes durch Verwaltungsakt, voraus (vgl. Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts, S. 20 und 60). Demgegenüber stellt die im § 47 O.ö. Tourismus-Gesetz 1990 vorgesehene Zwangsrechtseinräumung durch Öffnung und Absperrung von Privatwegen und Tourismuszielen eine "bloße Eigentumsbeschränkung" dar (vgl. in diesem Zusammenhang Korinek/Pauger/Rummel, a.a.O., S. 20). Auf eine solche Eigentumsbeschränkung findet somit Art. 13 des Verwaltungsentlastungsgesetzes nicht Anwendung.
Die belangte Behörde konnte daher ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin kein Kostenersatzanspruch zusteht.
Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der Kostenzuspruch erfolgte im begehrten Umfang.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994040040.X00Im RIS seit
20.11.2000