TE Vfgh Beschluss 1992/12/1 G193/92

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Veröffentlicht am 01.12.1992
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Oö RaumOG §25 Abs6
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Oö RaumOG betreffend Aufhebung eines Kaufvertrages nach Umwidmung des Grundstückes von Grünland in Bauland mangels unmittelbarer Betroffenheit der Rechtssphäre der Antragstellerin

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Die Antragstellerin hat nach ihrem Vorbringen im Jahre 1987 durch Kaufvertrag die beiden als Grünland gewidmeten Grundstücke Nr. 1112/3 und 1112/4, beide EZ 46, KG Raffelstetten, erworben. Die durch eine Teilung dieser Grundstücke neu geschaffene Liegenschaft Nr. 1112/5 wurde durch eine Flächenwidmungsplanänderung im Jahr 1990 von Grünland in "Mischgebiet ohne betriebsfremde Wohnung" umgewidmet. Seit 8. November 1991 bestehe für dieses Grundstück ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid "der Marktgemeinde Asten".

Die Antragstellerin begehrt, der Verfassungsgerichtshof möge "gemäß Art139 Abs3 BVG und §59 Abs2 VvGG den §25 Abs2 der OÖ. Raumordnung (LGBl. 18/1972) in der geltenden Fassung als verfassungswidrig aufheben".

Sie sei durch §25 Abs6 OÖ ROG unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen, da diese Bestimmung die ehemalige Eigentümerin der Grundstücke dazu ermächtige, jederzeit gerichtlich gegen sie (die Erwerberin) vorzugehen, was auch bereits geschehen sei. Dadurch werde ihr Eigentumsrecht ausgehöhlt. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §25 Abs6 OÖ ROG bringt die Antragstellerin vor, dieser treffe in Überschreitung der durch Art15 Abs9 B-VG eingeräumten Ermächtigung eine zivilrechtliche Regelung, die in keinem rechtstechnischen Zusammenhang mit dem Oberösterreichischen Raumordnungsrecht stehe. Außerdem verstoße die angefochtene Bestimmung in mehrfacher Hinsicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Obwohl die Antragstellerin sich auf "Art139 BVG" und auf das "VvGG" beruft, kann die Eingabe ihrem gesamten Inhalt nach als Individualantrag gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG iVm §62 VfGG auf Aufhebung einer bestimmten Gesetzesstelle, nämlich des §25 Abs6 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz (OÖ ROG), LGBl. 18/1972, verstanden werden. Im Sinne der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes beeinträchtigen derartige Fehlzitierungen an sich nicht die Zulässigkeit einer den sonstigen Erfordernissen entsprechenden Eingabe an den Verfassungsgerichtshof (vgl. mutatis mutandis VfSlg. 8292/1978, 12096/1989). Daß im Antrag konkret die Aufhebung des Abs2 des §25 OÖ ROG begehrt wird, ist offensichtlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen, da im restlichen Schriftsatz immer von dessen Absatz 6 die Rede ist und sich auch die inhaltlichen Bedenken ganz offensichtlich nur gegen diese Bestimmung richten. Ob diese gehäuften Fehler im Antragsbegehren nicht schon allein die Zurückweisung der Eingabe rechtfertigen würden, kann aber dahingestellt bleiben, da der Antrag auch aus anderen Gründen nicht zulässig ist.

2. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

§25 Abs6 OÖ ROG sieht vor, daß der Verkäufer eines zum Zeitpunkt der Veräußerung als Grünland gewidmeten Grundstückes unter bestimmten Voraussetzungen (Weiterveräußerung des Grundstückes oder Erwirken einer Baubewilligung) bei Gericht die Aufhebung des Kaufvertrages fordern kann, wenn das Grundstück innerhalb von 12 Jahren nach dem Verkauf von Grünland in Bauland umgewidmet wird. Der Erwerber des Grundstückes kann die Aufhebung des Vertrages durch eine Ausgleichszahlung abwenden. §25 Abs6 OÖ ROG behandelt also eine bürgerliche Rechtssache im Sinne des §1 JN, die die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben. §25 Abs6 OÖ ROG entfaltet seine Rechtswirkungen nur im Wege eines allfälligen gerichtlichen Verfahrens über die Vertragsaufhebung. Der Antragstellerin steht es frei, im Rahmen dieses - nach dem Antragsvorbringen bereits anhängigen - Verfahrens bei dem zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenen Gericht anzuregen, es möge gemäß Art140 Abs1 1. Satz B-VG die Aufhebung des §25 Abs6 OÖ ROG beim Verfassungsgerichtshof beantragen.

Es ergibt sich somit, daß der Individualantrag mangels unmittelbarer Betroffenheit der Rechtssphäre der Antragstellerin durch die bekämpfte Gesetzesbestimmung, somit mangels Legitimation, zurückzuweisen ist.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Entschädigung, Auslegung eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G193.1992

Dokumentnummer

JFT_10078799_92G00193_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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