TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/21 93/09/0476

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Veröffentlicht am 21.03.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §13 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1991/684;
AVG §58 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der T-GmbH in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 27. Oktober 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 5. Juli 1993 beim Arbeitsamt den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die türkische Staatsangehörige G für die berufliche Tätigkeit als Bedienerin.

Diesen Antrag wies das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 29. Juli 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. In der Begründung wurde nach Zitierung des § 4 Abs. 6 AuslBG festgestellt, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer Berufung rügte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen das Fehlen von Ermittlungen und eine bisher nicht erfolgte Vermittlung befähigter, geeigneter und gewillter Arbeitskräfte für die freie, dringend zu besetzende Arbeitsstelle. Auch fehle es dem Bescheid des Arbeitsamtes, der nicht den Mindestanforderungen nach § 18 AVG entspreche, an einer ausreichenden Begründung. Die beschwerdeführende Partei habe sich mangels Bekanntgabe auch nicht vor Erlassung des Bescheides zur Befragung des Vermittlungsausschusses äußern können. Die gesamte Familie der beantragten Dienstnehmerin befinde sich bereits in Österreich; dieser "familienrechtliche bedeutsame" Gesichtspunkt sei vom Arbeitsamt vollkommen unberücksichtigt gelassen worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG keine Folge. Begründend stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und traf die Feststellung, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1993 (BGBl. Nr. 254/1992, richtig wohl: BGBl. Nr. 738/1992) festgesetzte Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien (97.000) laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Jahresbeginn bei weitem überschritten sei. Bei Überschreitung der Landeshöchstzahl komme es bei der Prüfung, ob eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen sei, zum strengeren Landeshöchstzahlenüberschreitungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG. Nur unter den - näher ausgeführten - Ausnahmebestimmungen des § 4 Abs. 6 leg. cit. sei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zulässig. Es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt werde.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Bereits das Arbeitsamt ist bei Erlassung des abweisenden Bescheides von der Notwendigkeit der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG (und damit auch von der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehenden Überschreitung der Landeshöchstzahl) ausgegangen. Auch im angefochtenen Bescheid wird zur Landeshöchstzahlenüberschreitung festgestellt, daß die für das Jahr 1993 festgesetzte Landeshöchstzahl SEIT Jahresbeginn bei weitem überschritten ist. Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Ansicht wurde mit der Formulierung "seit Jahresbeginn" auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß damit diese Überschreitung eben auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegeben war (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, 93/09/0444).

Soweit die beschwerdeführende Partei (erstmals) rügt, der Bezug auf die offizielle Statistik bei der Landeshöchstzahlenüberschreitung lasse jeden Hinweis darauf vermissen, welche Grundsätze für die Erstellung dieser Statistik herangezogen worden seien, liegt in dieser damit verbundenen Bestreitung der Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 VwGG) vor (zu gleichgelagertem Beschwerdevorbringen siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0428, und 93/09/0429).

Dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht darin zu folgen, daß die belangte Behörde die Feststellung getroffen habe, der Vermittlungsausschuß habe "einhellig" die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung abgelehnt. Eine derartige "einhellige Ablehnung" ist im Gesetz gar nicht vorgesehen (sodaß auch die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, "ob tatsächlich Einstimmigkeit oder allenfalls Mehrstimmigkeit" gegeben war, auf sich beruhen kann) und die Feststellung über die mangelnde, im § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG vorgesehene (einhellige) BEFÜRWORTUNG erfolgte im erstinstanzlichen Bescheid.

Konnte die belangte Behörde damit zu Recht von den Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG ausgehen, dann wäre es an der beschwerdeführenden Partei gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in dem erschwerten Verfahren hätten maßgebend sein können. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn diese im Ergebnis im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, daß die beschwerdeführende Partei kein Vorbringen erstattet hat, durch das ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG erfüllt wird. Ein dringender Arbeitskräftebedarf ist hiezu für sich allein ebensowenig ausreichend (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 93/09/0318, m.w.N.), wie der Umstand, daß die gesamte Familie der beantragten Arbeitskraft in Österreich lebt. Daß mangels entsprechender Behauptungen die belangte Behörde keine Feststellungen zum "Schlüsselkrafttatbetand" oder "dringenden Ersatzbedarf" getroffen hat, kann ihr in der Beschwerde nicht zum Vorwurf gemacht werden (vgl. dazu auch beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 94/09/0081).

Die von der belangte Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei erweist sich daher gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzmäßig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werde konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993090476.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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