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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art89 Abs2Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg auf Aufhebung einer Verordnung des Magistrats Salzburg mangels Präjudizialität infolge Aufhebung der die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründenden Bestimmung des §51 Abs1 VStG 1991 mit E v 01.10.92, G103-107/92 ua; der am 30.04.92 eingelangte Antrag ist einem Anlaßfall gleichzuhaltenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg ist eine Berufung gegen ein Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 16. August 1991, Z Cst 2681/SZ/91, anhängig, mit dem die Berufungswerberin wegen Übertretung eines straßenpolizeilichen Verbotes bestraft wurde. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg zur Entscheidung über die Berufung wurde aus §51 Abs1 VStG 1991 abgeleitet, wonach dem Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zusteht.
2. Aus Anlaß dieses Strafverfahrens stellt der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg mit dem am 29. April 1992 zur Post gegebenen und am 30. April 1992 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz, Z UVS-3/184/4-1992, gemäß Art129a Abs3 iVm Art89 und Art139 Abs1 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die in diesem Strafverfahren präjudizielle "Verordnung des Magistrats Salzburg vom 2.11.1990, Z1/06-79.359/90-15, mit der ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren an Sonn- und Feiertagen von 8 - 20 Uhr in der Innenstadt von Salzburg erlassen wurde", als gesetzwidrig aufheben.
II. Der Antrag ist unzulässig.
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Verordnungsprüfungsantrages gemäß Art129a Abs3 iVm Art89 und Art139 Abs1 B-VG sowie gemäß §57 Abs2 VerfGG ist, daß die Verordnung vom unabhängigen Verwaltungssenat in einer anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof (wenn auch für entsprechende Normenprüfungsanträge von Gerichten) dazu in ständiger Judikatur feststellte (VfSlg. 7999/1977, 11565/1987 uva.), darf ein Prüfungsantrag im Sinne des Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig ist, daß die - angefochtene - generelle Norm von der antragstellenden Behörde anzuwenden ist.
Ganz offenkundig ist die angefochtene Verordnung des Magistrats Salzburg vom Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg nur anzuwenden, wenn dieser zur Entscheidung über die eingangs erwähnte Berufung auch zuständig ist.
Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, G103/92 ua., hat der Verfassungsgerichtshof die, die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg begründende Bestimmung des §51 Abs1 VStG 1991 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. September 1993 in Kraft tritt.
Wie sich aus Art140 Abs7 B-VG ergibt, wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück.
Der Verfassungsgerichtshof hätte aber auch (zur Klärung der Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsantrages, der von der Zuständigkeit des antragstellenden Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg abhängt) aus Anlaß des genannten Antrages §51 VStG (wie im Gesetzesprüfungsverfahren G103/92 ua.) von Amts wegen in Prüfung ziehen können. Durch die Aufhebung des §51 VStG mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1992, G103/92 ua., steht dem Verfassungsgerichtshof diese Möglichkeit nun nicht mehr offen. Es wäre also allein von Umständen im Bereich des Gerichtshofes abhängig, ob ein bereits anhängiger Verordnungsprüfungsantrag im vorliegenden Zusammenhang Anlaß eines Gesetzesprüfungsverfahrens wird (VfSlg. 10067/1984; VfGH 2.3.1992, V298/91 ua.).
Die nichtöffentliche Beratung im Verfahren zur Prüfung des §51 Abs1 VStG 1991 begann am 1. Oktober 1992; mit Erkenntnis vom selben Tag wurde diese Vorschrift als verfassungswidrig aufgehoben. Da dem im Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall im engeren Sinn (anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet wurde) all jene Fälle gleichzuhalten sind, die mit Beginn der nichtöffentlichen Beratung bereits anhängig waren, ist der vorliegende, am 30. April 1992 eingelangte Antrag einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Es ist daher so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg beim Verfassungsgerichtshof nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte und als ob daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg zur Entscheidung über die Berufung, die Anlaß zur Anfechtung der Verordnung des Magistrats Salzburg vom 2. November 1992, Z1/06-79.359/90-15, beim Verfassungsgerichtshof war, jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht (mehr) gegeben war.
Fehlt aber dem Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg die Zuständigkeit in der Sache, sodaß ihm eine Entscheidung über die Berufung selbst verwehrt ist, ist er offenkundig auch nicht befugt, den Antrag nach Art139 B-VG zu stellen. Der Antrag war daher zurückzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs3 lite VerfGG abgesehen.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, VfGH / Anlaßfall, Unabhängiger VerwaltungssenatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:V28.1992Dokumentnummer
JFT_10078799_92V00028_00