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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/09/0044 B 21. März 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, in der Beschwerdesache des I in O, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. November 1994, Zl. UVS-07/03/00634/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit einer Strafsache nach dem AuslBG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Bezirksamt für den 11. Bezirk, vom 19. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG für schuldig erkannt. Er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 20. März 1992 auf der Baustelle in Wien X einen namentlich genannten ungarischen Staatsangehörigen ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung mit Maurerarbeiten beschäftigt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 10.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von S 1.000,-- auferlegt.
Dagegen wurde Berufung erhoben, die mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wird diesbezüglich im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die Berufung sei auf Kopfpapier der "I Gesellschaft m.b.H." geschrieben und mit einer nicht lesbaren Unterschrift unter Beifügung der Firmenstampiglie der I Gesellschaft m.b.H. unterfertigt. Der Berufung sei u.a. beigeschlossen gewesen eine ebenfalls auf Kopfpapier der genannten Gesellschaft geschriebene "Ermächtigung" vom 26. November 1992, in welcher die genannte Gesellschaft, vertreten durch Herrn H, Herrn Ing. R ermächtigt habe, sie in rechtlichen und gewerblichen Angelegenheiten zu vertreten.
Nach Aufforderung zur Klarstellung und Ladung durch die belangte Behörde seien Herr H und Herr I persönlich vor der belangten Behörde erschienen. Herr H habe im wesentlichen angegeben, das dem Beschwerdeführer an die Firmenadresse zugestellte Straferkenntnis sei von der Sekretärin übernommen und ihm (Herrn H) mit der Postmappe vorgelegt worden. Er habe dieses nicht an den Beschwerdeführer weitergeleitet, weil dieser für die Verwaltungsübertretung nicht verantwortlich sei und er gedacht habe, die Angelegenheit mit der Behörde könne von der Firma geklärt werden. Er habe daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens für die genannte Gesellschaft eine Vollmacht an Herrn Ing. R erteilt.
Der Beschwerdeführer habe im wesentlichen angegeben, ihm sei das Straferkenntnis nie ausgehändigt worden. Er habe niemanden bevollmächtigt, ihn im gegenständlichen Verfahren zu vertreten.
Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, von der erstinstanzlichen Behörde sei mit Aktenvermerk vom 21. September 1992 festgehalten, daß laut Gewerbeakt der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft sei. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage sei sohin das Strafverfahren zu Recht gegen eine natürliche Person, nämlich gegen den Beschwerdeführer "als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufenen gemäß § 9 Abs. 1 VStG der
I Gesellschaft m.b.H.", als Beschuldigter eingeleitet und mit dem Straferkenntnis in erster Instanz abgeschlossen worden. Das Recht der Berufung stehe aber gemäß § 51 Abs. 1 VStG nur dem Beschuldigten zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne nur der berufen, dem der Bescheid rechtswirksam zugestellt oder verkündet worden und für den er auch inhaltlich bestimmt sei; werde jemand als zur Vertretung einer Gesellschaft m.b.H. nach außen berufenes Organ einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so stehe das Berufungsrecht gemäß § 51 Abs. 1 VStG nur dem Beschuldigten, nicht aber der Gesellschaft zu (unter Angabe von Rechtsprechung).
Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers und des Herrn H vor der belangten Behörde stehe zweifelsfrei fest, daß die gegenständliche Berufung von der genannten Gesellschaft, vertreten durch Herrn Ing. R, als Berufungswerberin erhoben worden sei. Diese Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in den gesetzlich gewährleisteten Rechten entgegen den Bestimmungen der §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG und § 9 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 und 2 VStG und § 51 Abs. 7 VStG nicht bestraft zu werden, und auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 19 VStG verletzt.
Am 1. März 1995 legte der Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren und für Zl. 95/09/0044 noch Unterlagen über die angeblich zu Unrecht eingeleitete Vollstreckung vor.
Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens war aber allein die Frage der Zulässigkeit der Berufung der genannten Gesellschaft m.b.H., die nicht Adressat des erstinstanzlichen Straferkenntnisses war. Aus dem gesamten Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, daß der Beschwerdeführer die Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen worden ist, eingebracht hätte. Der Beschwerdeführer bringt vielmehr vor, das erstinstanzliche Straferkenntnis überhaupt nicht erhalten zu haben.
Nach Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, "wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges".
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 20. März 1979, Slg. N. F. Nr. 9802/A, ausgeführt, abgesehen von der Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und "seinem" Recht sieht Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG tatbestandsmäßig ein weiteres Beziehungsgefüge, das drei Komponenten umfaßt, nämlich "Recht", "Verletzt-Sein" und "Bescheid", vor. Hinsichtlich der dritten Komponente "Bescheid" ist nur vom Inhalt des normativen Ausspruches des angefochtenen Bescheides und nicht vom Inhalt eines anderen Rechtsaktes auszugehen. Nur wenn der angefochtene Bescheid den Inhalt eines anderen Rechtsaktes rezipiert, sodaß dieser andere Rechtsakt zum Inhalt des angefochtenen Bescheides wird, ist dieser andere Rechtsakt, und zwar nicht unmittelbar, sondern eben kraft der Übernahme in den normativen Ausspruch des angefochtenen Bescheides, bei der Beurteilung, ob das im Beschwerdepunkt angegebene Recht und der angefochtene Bescheid im Verhältnis des "Verletzens" und "Verletzt-Seins" stehen, zu berücksichtigen. Ein Straferkenntnis erster Instanz etwa ist insoweit als zum normativen Inhalt des Berufungsbescheides, der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten wird, gehörig zu betrachten, als mit diesem Bescheid das Straferkenntnis erster Instanz bestätigt wird. Eine Berufung, die zurückgewiesen wird, ist hingegen nur Objekt (nicht rezipierter Teil) des betreffenden Zurückweisungsbescheides und es wohnt dem betreffenden Bescheid zwar tatbestandsmäßig als Zuständigkeitsvoraussetzung, aber nicht als ein - im Wege einer Verweisung - rezipierter normativer Inhalt inne.
Ein Bescheid kann zufolge seiner Eigenschaften, die er im Verhältnis zum vorangegangenen Verwaltungsgeschehen hat, in Rechte des Beschwerdeführers eingreifen. Im Beziehungsfeld nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann trotzdem stets nur der angefochtene Bescheid (mit seinen Eigenschaften) als solcher und kein anderer Rechtsakt stehen.
Zwischen dem im angefochtenen Bescheid liegenden normativen Ausspruch und dem im Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht muß die Beziehung des "Verletzens" und des "Verletzt-Seins" in Betracht kommen. Es ist hier die Frage zu beantworten, ob der Bescheid, wenn im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde die - einer meritorischen Behandlung der Beschwerde nicht vorgreifende - bloße Hypothese der Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgestellt wird, dem im Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht entgegensteht (vgl. hiezu den Beschluß Slg. Nr. 549/A: "Nur der, dessen Rechtsstellung eine verschiedene ist, je nach dem, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, kann eine Verletzung seiner Rechte durch diesen Bescheid behaupten und deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erheben.").
Im vorliegenden Beschwerdefall enthält der angefochtene Bescheid die Entscheidung, daß die Berufung der
"I Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Herrn Ing. R," gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen wird. Durch diesen Bescheid kann daher nur die genannte Gesellschaft m.b.H. in ihren Rechten verletzt sein. Aus einer allfälligen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides kann nicht abgeleitet werden, daß durch diesen Bescheid in die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechte eingegriffen wird. Durch eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde sich nämlich die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nicht ändern, weil mit dem im Beschwerdefall angefochtenen Bescheid weder meritorisch noch formalrechtlich über eine eventuelle Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis, das gegen ihn gerichtet, aber nach den Angaben des Beschwerdeführers gar nicht ihm zugestellt worden war, abgesprochen worden ist.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unzulässig und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995090043.X00Im RIS seit
20.11.2000