Index
72/13 Studienförderung;Norm
StudFG 1992 §12 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der Ed M in S, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 24. Oktober 1994, Zl. 56.042/53-I/7a/94, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte mit dem am 9. Dezember 1993 eingelangten Antrag die Gewährung einer Studienbeihilfe gemäß dem Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG). In einer (sichtlich beigelegten) Erklärung gemäß § 11 Abs. 2 StudFG vom 18. November 1993 erklärte der Vater der Beschwerdeführerin, nicht zur Vermögensteuer veranlagt zu sein. In einer formularmäßigen Bestätigung des zuständigen Finanzamtes vom 20. Oktober 1993 heißt es hingegen, daß der Vater der Beschwerdeführerin zur Vermögensteuer erfaßt werde. Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin am 20. Jänner 1994 aufgefordert, den "letztergangenen Vermögensteuerbescheid" ihres Vaters vorzulegen. Am 24. Februar 1994 wurde ein Vermögensteuerbescheid vom 12. August 1991 vorgelegt, der an "M E Erbe nach E Dr. A" gerichtet ist (E M ist der Vater der Beschwerdeführerin) und der nach dem Vordruck nur für das Jahr 1989 gilt; dieser weist ein steuerpflichtiges Vermögen von S 1,022.000,-- auf.
Mit Bescheid vom 1. März 1994 wies die Studienbeihilfenbehörde den Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe ab, weil angesichts des Vermögens des Vaters (§ 12 StudFG) von S 1,022.000,-- keine soziale Bedürftigkeit im Sinne des § 12 Abs. 4 StudFG vorliege.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie vorbrachte, die Annahme, ihr Vater verfüge über dieses Vermögen, sei unzutreffend. Aus dem Vermögensteuerbescheid vom 12. August 1991 für das Jahr 1989 ergebe sich, daß ihr Vater "Erbe nach E Dr. A" sei. Das im Vermögensteuerbescheid angezogene Vermögen sei nach dem Tod der H. E. an ihren Bruder Dr. A E gefallen, der es für die Errichtung eines Alterssitzes verbraucht habe. Dr. A E sei am 24. August 1990 verstorben, "bevor die Vermögensteuer von 1989 abgehandelt" worden sei. Diese Verpflichtung sei nun an ihren Vater als Erben des Dr. A E gefallen, der die Vermögensteuer habe entrichten müssen, ohne das Vermögen jemals besessen zu haben, was auch aus den im Verlassenschaftsverfahren nach Dr. A E ergangenen gerichtlichen Entscheidungen ersichtlich sei. Ihr Vater habe den Reinnachlaß zur Schaffung von Wohnraum "und damit verbundener Schuldtilgung" verwendet; daher sei für ihren Vater "auch keine weitere Vermögensteuererklärung bzw. - bescheid ausgestellt" worden. Beigelegt war die Ablichtung der Einantwortungsurkunde vom 14. November 1990, wonach der Nachlaß des am 24. August 1990 verstorbenen Dr. A E zur Gänze dem Vater der Beschwerdeführerin ohne die Rechtswohltat des Inventars eingeantwortet wurde, und des sogenannten Mantelbeschlusses vom selben Tage, womit unter anderem das eidesstättige Vermögensbekenntnis mit Aktiva von S 540.157,01 und Passiva von S 60.812,01, somit einem reinen Nachlaß von S 479.345,-- der Abhandlung zugrundegelegt wurde.
In einem Aktenvermerk vom 20. Juni 1994 hielt die Behörde fest, laut Auskunft eines näher bezeichneten Beamten des Finanzamtes sei die fragliche Steuernummer (nämlich jene, die auf dem genannten Vermögensteuerbescheid aufscheint) am 2. März 1994 gelöscht worden. Bis Ende 1993 sei Vermögensteuer bezahlt worden. Der Steuerpflichtige hätte in den Jahren "90/91/92/93 eine neue Steuererklärung abgeben können. Wurde aber nicht gemacht. Somit war bis 31.12.93 der VM-Bescheid aufrecht".
Mit Bescheid vom 2. August 1994 wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.
Begründend führte die Vorstellungsbehörde zusammenfassend aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß der Vater der Beschwerdeführerin bis 31. Dezember 1993 zur Vermögensteuer erfaßt und "diese Steuernummer" am 2. März 1994 gelöscht worden sei. Der Vermögensteuerbescheid vom 12. August 1991 sei bis einschließlich 1993 gültig gewesen. Wie sich aus § 12 Abs. 4 StudFG ergebe, liege keinesfalls soziale Bedürftigkeit vor, wenn das Vermögen des Studierenden, seiner Eltern sowie seines Ehegatten zusammen S 500.000,-- übersteige. Personen, die zur Vermögensteuer veranlagt seien, hätten das Vermögen durch den zuletzt zugestellten Steuerbescheid nachzuweisen. Nach der Bestätigung des Finanzamtes vom 20. Oktober 1993 werde der Vater der Beschwerdeführerin zur Vermögensteuer erfaßt. Somit sei für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit im Sinne des Studienförderungsgesetzes der Vermögensteuerbescheid (gemeint: vom 12. August 1991) heranzuziehen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen aufrecht hielt und überdies darauf verwies, daß nicht "die bloße Veranlagung zu einem Vermögenssteuerbescheid" ausschlaggebend sei, "sondern die Höhe des Vermögens, denn ein Vermögenssteuerbescheid kann ja auch mit einem geringeren, oder sogar ohne Vermögen bestehen". Diese Berufung wurde mit dem nun angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zusammenfassend schloß sich die belangte Behörde der Beurteilung der Vorstellungsbehörde an.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und nach dem Vorbringen auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 und 6 VwGG unter Abstandnahme von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung - erwogen:
Gemäß § 6 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 (diese Bestimmung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung) ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe unter anderem, daß der Studierende sozial bedürftig ist.
§ 12 StudFG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung lautet:
"§ 12 (1) Vermögen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist bei unbeschränkt Vermögensteuerpflichtigen (§ 1 Abs. 1 Z. 1 des Vermögensteuergesetzes 1954, BGBl. Nr. 192) das steuerpflichtige Vermögen im Sinne des § 7 Z. 1 lit. a des Vermögensteuergesetzes 1954. Bei beschränkt Vermögensteuerpflichtigen sowie bei Personen, die im Inland nicht vermögensteuerpflichtig sind, ist vom Inlandsvermögen zuzüglich des Wertes des erklärten ausländischen Vermögens auszugehen.
(2) Wird das Vermögen nicht nachgewiesen oder nicht glaubhaft gemacht, ist es unter Anwendung des § 184 BAO zu schätzen.
(3) Personen, die zur Vermögensteuer veranlagt sind, haben das Vermögen durch den zuletzt zugestellten Steuerbescheid nachzuweisen. Personen, die im Inland im Sinne des Vermögensteuergesetzes 1954 nicht oder nur beschränkt vermögensteuerpflichtig sind, haben das ausländische Vermögen der Höhe nach zu erklären.
(4) Soziale Bedürftigkeit liegt keinesfalls vor, wenn das Vermögen des Studierenden, seiner Eltern sowie seines Ehegatten zusammen 500.000 S übersteigt."
Aufgrund der gegebenen Verfahrenslage vermag der Verwaltungsgerichtshof der tragenden Beurteilung der belangten Behörde, der Vermögensteuerbescheid vom 12. August 1991 weise ein steuerpflichtiges Vermögen des Vaters der Beschwerdeführerin von S 1,022.000,-- aus, (weshalb gemäß dem § 6 und § 12 Abs. 4 StudFG keine soziale Bedürftigkeit vorliege) nicht beizutreten: Der objektive Erklärungswert dieses Vermögensteuerbescheides, nämlich die Bezeichnung des Adressaten wie auch der Umstand, daß er ausdrücklich nur für das Jahr 1989 gilt, deuten vielmehr darauf hin, daß damit nicht das Vermögen des Vaters der Beschwerdeführerin, sondern vielmehr das Vermögen des 1990 verstorbenen Dr. A E besteuert wurde. Wäre diese Behauptung zutreffend, bedeutete dies, daß es sich dabei nicht um den "zuletzt zugestellten Steuerbescheid" im Sinne des § 12 Abs. 3 StudFG handeln würde (weil er weder das Vermögen des Studierenden, noch eines Elternteiles noch des Ehegatten beträfe). Davon ausgehend, ist aus der Bestätigung des Finanzamtes vom 20. Oktober 1993 nichts Entscheidendes zu gewinnen, weil es darin nur heißt, daß der Vater der Beschwerdeführerin zur Vermögensteuer veranlagt werde, ohne daß daraus nähere Einzelheiten ersichtlich wären (weder sind Bescheiddaten angegeben, noch wird das Ausmaß des steuerpflichtigen Vermögens genannt). Ergänzend wird bemerkt, daß der Amtsvermerk vom 20. Juni 1994, der allerdings der Beschwerdeführerin nicht eigens vorgehalten wurde und dessen Inhalt auch nur stark verkürzt in die Vorstellungsentscheidung Eingang gefunden hat, und auf den sich die belangte Behörde auch nicht gestützt hat, diese aufgezeigten Unklarheiten auch nicht bereinigt. Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt (Beurteilung, ob die Wertgrenze des § 12 Abs. 4 StudFG überschritten wird oder nicht) einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ersatz für die entrichteten Stempelmarken konnte mangels entsprechender Gebührenpflicht nicht zuerkannt werden (Befreiungsbestimmung gemäß § 72 StudFG; siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 14. September 1994, Zl. 94/12/0081).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994120349.X00Im RIS seit
20.11.2000