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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14. Jänner 1994, Zl. UVS 303.5-1/93-11, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 20. Oktober 1992 wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 25.000 S verhängt. Im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung wurde im Straferkenntnis ausgeführt, daß der Beschwerdeführer das Recht habe, binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich, fernschriftlich, telegrafisch oder mündlich Berufung einzubringen. Die Berufung habe den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Der Beschwerdeführer erhob gegen das Straferkenntnis Berufung, indem er auf der Ausfertigung des Bescheides - diese überreichte er persönlich bei der Erstbehörde - handschriftlich hinzufügte: "Ich berufe gegen dieses Straferkenntnis". Weiters brachte er auf der Ausfertigung des Straferkenntnisses den Vermerk an, daß er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage, dieser Antrag ist aber nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück, weil sie keinen begründeten Berufungsantrag aufweise.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die (schriftlich, telegrafisch oder fernschriftlich eingebrachte) Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Im Verwaltungsstrafverfahren kann gemäß § 51 Abs. 3 VStG die Berufung auch mündlich eingebracht werden, wobei es nur in diesem Fall keines begründeten Berufungsantrages bedarf. § 61 Abs. 1 AVG normiert, daß die Rechtsmittelbelehrung anzugeben hat, ob der Bescheid noch einem weiteren Rechtszug unterliegt oder nicht und bejahendenfalls, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist. Sie hat ferner auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hinzuweisen (§ 61 Abs. 1 letzter Satz AVG). § 61 Abs. 5 leg. cit. bestimmt im Zusammenhang mit dem letztangeführten Satz, daß dann, wenn der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages enthält, das Fehlen eines solchen als Formgebrechen (§ 13 Abs. 3 AVG) gilt.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, er habe sich persönlich zur Strafbehörde begeben, dort habe er zwar nicht den zuständigen Referenten, aber eine andere Beamtin angetroffen und dieser seine Absicht, gegen das Straferkenntnis zu berufen, bekanntgegeben. Sie habe ihn daraufhin dazu angeleitet, die Berufung mit der Formulierung "Ich berufe gegen dieses Straferkenntnis" auf der Rückseite des Bescheides auszuführen. Offenbar aufgrund der Abwesenheit des zuständigen Beamten sei kein Protokoll mit dem Beschwerdeführer aufgenommmen und er zur eigenhändigen Berufungsausführung veranlaßt worden. Hätte es die belangte Behörde nicht in Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlassen, eine mündliche Verhandlung über die Berufung anzuberaumen, so hätte sie festgestellt, daß der Beschwerdeführer lediglich wegen Verletzung der Manuduktionspflicht durch die Erstbehörde keinen begründeten Berufungsantrag formuliert habe. Zudem sei im gegenständlichen Fall die handschriftlich verfaßte Berufung einer mündlichen Berufung gleichzusetzen. Es müsse nämlich davon ausgegangen werden, daß der schriftlichen Ausführung im Zuge der Vorsprache bei der Behörde mündliches Kundtun, Berufung erheben zu wollen, vorausgehen müsse.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 30. November 1994, Zl. 93/03/0014, ausgesprochen hat, stellt eine auf der Ausfertigung des erstbehördlichen Straferkenntnisses schriftlich ausgeführte Berufung auch dann keine mündliche Berufung iSd § 51 Abs. 3 VStG dar, wenn sie bei der Erstbehörde persönlich eingebracht worden ist. Für eine derartige Berufung besteht daher das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages.
Dem Beschwerdevorbringen, er habe mündlich kundgetan, Berufung erheben zu wollen, ist folgendes zu entgegnen: Wenn einer Partei, die bei der Behörde einen mündlichen Antrag stellen will, von der Behörde bedeutet wird, den Antrag in schriftlicher Form zu stellen und damit im Zusammenhang für die Partei erkennbar nicht entsprechend dem § 14 Abs. 1 AVG eine Niederschrift aufgenommen wird, so muß die Partei davon ausgehen, daß sie dann, wenn sie nicht auf der Entgegennahme des mündlichen Antrages beharrt, sondern einen schriftlichen Antrag stellt, einen mündlichen Antrag nicht gestellt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 3. August 1993, Zl. 93/11/0054).
Im Beschwerdefall wies die Rechtsmittelbelehrung des erstbehördlichen Straferkenntnisses darauf hin, daß schriftliche, telegrafische oder fernmündliche Berufungen einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten haben. Eine solche Rechtsmittelbelehrung entspricht den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Einer weiteren Belehrung bedurfte es auch aus der Sicht des § 13a AVG nicht. Daß die belangte Behörde nicht festgestellt hat, ob dem Beschwerdeführer anläßlich seiner mündlichen Vorsprache bei der Erstbehörde eine weitergehende Belehrung erteilt worden ist, stellt schon aus diesem Grunde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. § 51e VStG schreibt im übrigen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung für den Fall, daß die Berufung zurückzuweisen ist, nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof kann es somit nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde die Berufung aufgrund des Fehlens des begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994030056.X00Im RIS seit
12.06.2001