TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/22 93/15/0072

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Veröffentlicht am 22.03.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der W-GmbH in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 4. März 1993, Zl. 307-2/93, betreffend Nachsicht von Umsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte nach der ihr gegenüber im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung im wiederaufgenommenen Verfahren erfolgten Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 1990 eine Abgabennachsicht in Höhe von S 102.412,--. Begründend führte sie lediglich aus, daß ihre Warenlieferung an die US-Army in Frankfurt im Wert von S 614.470,-- nur deswegen umsatzsteuerpflichtig sei, weil der erforderliche Ausfuhrnachweis nicht mehr auffindbar sei.

Das Finanzamt wies diesen Antrag mit der Begründung ab, es sei Sache des Nachsichtswerbers, einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, aus denen sich die Unbilligkeit der Einhebung der aushaftenden Abgaben ergibt. Werde dies wie im vorliegenden Fall unterlassen, so könne keine Nachsicht gewährt werden.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin sinngemäß aus, die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ergebe sich aus der Sache selbst, nämlich daraus, daß für den in Rede stehenden Warenexport Umsatzsteuer nur wegen des Fehlens der genannten formellen Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit festgesetzt worden sei.

In ihrem nach einer abweislichen Berufungvorentscheidung gestellten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin noch ergänzend aus, das Exportgeschäft sei durch die Verpflichtung zur Abfuhr der Umsatzsteuer zu einem Verlustgeschäft geworden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab; dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen mit der Begründung, die Einhebung der antragsgegenständlichen Umsatzsteuer sei nicht unbillig im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO. Da § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen an einen buchmäßigen Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen binde, dieser Nachweis aber im vorliegenden Fall nicht erbracht worden sei, liege eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage und nicht eine Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die "wegen Ermessensmißbrauch und Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung" erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Unbilligkeit der Einhebung im Sinne der eben zitierten Gesetzesstelle nur vor, wenn sie in den Besonderheiten des Einzelfalles begründet ist. Eine derartige Unbilligkeit des Einzelfalles ist aber nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliegt, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst folgt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 93/15/0024, m.w.N.).

In dem mit dem eben zitierten Erkenntnis entschiedenen Beschwerdefall ging es ebenfalls um Nachsicht einer wegen Nichterbringung des gesetzlich geforderten Ausfuhrnachweises festgesetzten Umsatzsteuer. Der Verwaltungsgerichtshof erblickte in der Einhebung der Umsatzsteuer keine Unbilligkeit des Einzelfalles, sondern nur eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage. Gleiches muß auch für den nunmehrigen Beschwerdefall gelten.

Da die belangte Behörde keine Ermessensentscheidung getroffen hat, sondern die von der Beschwerdeführerin begehrte Nachsicht schon wegen des Fehlens der Rechtsvoraussetzung der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung versagt hat, erweist sich auch der Beschwerdevorwurf des Ermessensmißbrauches als unbegründet.

Soweit die Beschwerde etwas aus der behaupteten Behandlung anderer Abgabepflichtiger abzuleiten sucht, ist ihr zu erwidern, daß die Rechtmäßigkeit eines Bescheides am Gesetz und nicht an der allenfalls rechtswidrigen Behandlung anderer Abgabepflichtiger zu messen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 93/14/0104).

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993150072.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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