Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §108;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der Wohnkunst K KG in Graz, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Komplementärs der Beschwerdeführerin, nämlich der P-GmbH in Graz, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 12. Jänner 1993, Zl. B 166-3/92, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Berufungen gegen den Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1986 und gegen den Feststellungsbescheid für das Jahr 1987 im Instanzenzug ab; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß zwar der behauptete Verlust der Berufungen auf dem Postweg einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könne, die Bewilligung der Wiedereinsetzung aber den Nachweis erfordere, daß die Berufungen tatsächlich zur Post gegeben worden seien. Ein solcher Nachweis sei jedoch nicht erbracht worden, zumal sich das Berufungsvorbringen, die Berufungen könnten unter bestimmten Einschreibnummern beim Postamt aufgegeben worden sein, als unrichtig herausgestellt habe. Für die nicht erfolgte Postaufgabe der beiden Berufungen spreche auch, daß für weitere acht Berufungen gegen insgesamt zehn im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung durch das Finanzamt erlassene Bescheide Postaufgabescheine vorhanden seien. Daß letztere für die beiden hier bedeutsamen Berufungen getrennt von den übrigen acht Postaufgabescheinen aufbewahrt worden seien, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Der Nachweis der Verfassung der Berufungsschriftsätze reiche hingegen als Nachweis für ihre Postaufgabe an die zuständige Behörde nicht aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Postaufgabe der Berufungen gegen den Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1986 und gegen den Feststellungsbescheid für das Jahr 1987 im Abgabenverfahren nachgewiesen wurde. Die Beschwerde bejaht dies aus den nachfolgend angeführten Gründen und meint, die gegenteilige Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde sei in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen:
Die Behörde habe zwar unter Anführung der Einschreibnummern der übrigen acht Berufungen beim Aufgabepostamt angefragt, ob am Aufgabetag noch weitere Schriftstücke vom selben Absender an das Finanzamt aufgegeben worden seien, der Beschwerdeführerin aber keine Gelegenheit gegeben, zum negativen Ergebnis dieses Auskunftsersuchens Stellung zu nehmen. Wäre diese Gelegenheit nicht versäumt worden, so hätte die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß die beiden Berufungen als die einzigen ursprünglich fehlerfrei verfaßten schon einen Tag vor den übrigen acht Berufungen aufgegeben wurden. Es bestehe also die Möglichkeit, daß die beiden Berufungen "am Bahnhofspostamt 8020 Graz", die übrigen acht Berufungen aber mittels Spätlingssendung "am Postamt 8010 Graz" aufgegeben worden seien. Die belangte Behörde habe weiters nicht begründet, warum sie der eidesstättlichen Erklärung jener Angestellten, die die Berufungsschriftsätze verfaßt habe, keinen Glauben geschenkt bzw. die Zeugin nicht einvernommen habe. Schließlich sei auch die Person des faktischen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin, B. L., hinlänglich bekannt und nachweisbar, daß diese "in sämtlichen bei der Abgabenbehörde erster Instanz bisher anhängigen Steuerverfahren" Berufung erhoben habe; dies schließe es aus, daß ausgerechnet die beiden in Rede stehenden Berufungen nicht zur Post gegeben worden seien.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hin, daß die Postanfrage lediglich der in der Berufung gegen den die Wiedereinsetzung nicht bewilligenden Bescheid angedeuteten Möglichkeit wegen erfolgte, den Aufgabenummern zu den übrigen acht Berufungen ließen sich allenfalls Hinweise auf die Postaufgabe der beiden nicht beim Finanzamt eingelangten Berufungen entnehmen. Dies war aber unbestrittenermaßen nicht der Fall und damit das von der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren aufgezeigte Beweismittel mit negativem Ergebnis erschöpft. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, die beiden nicht beim Finanzamt eingelangten Berufungen seien möglicherweise schon einen Tag früher als die übrigen acht Berufungen zur Post gegeben worden, ist hingegen wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich.
Die von der Beschwerde erwähnte eidesstattliche Erklärung einer Angestellten enthält zwar die Versicherung, die beiden nicht beim Finanzamt eingelangten Berufungen seien tatsächlich verfaßt und versandt worden, aber keine objektivierbaren Hinweise auf die näheren Umstände der Postaufgabe der beim Finanzamt nicht eingelangten Berufungen. Selbst die Beschwerde bringt nichts vor, was bei Ausschöpfung des Zeugenbeweises zur Annahme führen könnte, der Nachweis der Postaufgabe der beiden nicht beim Finanzamt eingelangten Berufungen sei erweisbar. Schließlich läßt sich ein solcher Schluß auch nicht darauf gründen, das verantwortliche Organ habe stets gegen alle Bescheide des Finanzamtes Berufung erhoben. Konnte die Beschwerdeführerin aber die behauptete Postaufgabe der beiden nicht beim Finanzamt eingelangten Berufungen nicht nachweisen, so stellt sich auch die bei erwiesener Postaufgabe weiters zu lösende Frage der Erweisbarkeit des Einlangens der der Post zur Beförderung übergebenen Sendungen bei der Behörde bzw. eines wegen des ohne Verschulden der Partei eingetretenen Verlustes der Sendungen auf dem Postweg anzunehmenden Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Stoll, Kommentar zur BAO, 1185) im Beschwerdefall nicht. Da die Beschwerde auch sonst nichts vorbringt, dessentwegen sich annehmen ließe, daß die Beschwerdeführerin durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist zur Erhebung der beiden Berufungen einzuhalten, hat die belangte Behörde frei von Rechtswidrigkeit die beantragte Wiedereinsetzung abgewiesen. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf die beiden Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat gefällt werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993150057.X00Im RIS seit
20.11.2000