TE Vwgh Beschluss 1995/3/22 95/13/0008

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Veröffentlicht am 22.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über den Antrag des Dr. R, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde in dem mit Beschluß vom 9. November 1994, 94/13/0229, AW 94/13/0035-5, abgeschlossenen Verfahren, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Die am 22. September 1994 vom Antragsteller, einem Rechtsanwalt, in eigener Sache zur Post gegebene Beschwerde wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1994, 94/13/0229, AW 94/13/0035-5, zugestellt am 5. Jänner 1995, wegen Unterlassung der Behebung eines Mangels der Beschwerde gemäß § 33 Abs 1 und § 34 Abs 2 VwGG eingestellt.

In seinem am 13. Jänner 1995 (somit fristgerecht) überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt der Antragsteller zur Begründung dieses Antrages aus: Er habe nach Zustellung des Mängelbehebungsauftrages in seinem Büro zwei weitere Ausfertigungen der Beschwerde anfertigen lassen und diese auch ordnungsgemäß mit seiner Originalunterschrift versehen. Erst bei der Postabfertigung seien durch die damalige Büroangestellte des Beschwerdeführers, Frau Z, irrtümlich zwei andere Kopien der Beschwerde mit den Stempelmarken freigemacht, einkuvertiert und zur Post gegeben worden. Diese Verwechslung zu entdecken, wäre dem Antragsteller auch bei aller gebotener Sorgfalt unmöglich gewesen, weil die Stempelung und Kuvertierung der von ihm bereits unterschriebenen Post niemals von ihm selbst, sondern immer von einer der beiden dazu befugten und damit beschäftigten Büroangestellten vorgenommen werde, und dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könne und müsse, auch diesen Vorgang noch selbst durchzuführen oder auch nur zu kontrollieren. Als Bescheinigungsmittel bot der Antragsteller Frau Z und sich selbst an. Der Antragsteller vertrat die Ansicht, daß er somit unverschuldet durch ein für ihn unvorhersehbares Ereignis - ein derartiger Fehler habe sich vorher noch nie ereignet - an der ordnungsgemäßen Mängelbehebung verhindert gewesen sei und stellte den Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erfüllung der aufgetragenen Mängelbehebung zu gewähren. Zugleich holte er die aufgetragene Mängelbehebung nach und legte zwei im Original unterschriebene Ausfertigungen der Beschwerde vor.

Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Dem Antragsteller ist einzuräumen, daß der Gerichtshof in Fällen, in welchen einer Kanzleikraft, deren Zuverlässigkeit glaubhaft dargetan wird, nach Unterfertigung eines fristgebundenen Schriftsatzes und nach Kontrolle desselben samt den dazugehörigen Beilagen durch den Rechtsanwalt im Zug der Kuvertierung ein Fehler unterläuft, wiederholt ausgesprochen hat, daß dies ein unvorhergesehenes Ereignis darstellt (vgl zB die hg Beschlüsse vom 7. September 1990, 90/14/0146, oder vom 20. Juni 1990, 90/13/0136). Die regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft diese rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Rechtsanwalt nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen.

Daß und weshalb der Antragsteller von der Zuverlässigkeit gerade jener Mitarbeiterin ausgehen durfte, der das im Wiedereinsetzungsantrag behauptete Versehen unterlaufen war, hat er nicht vorgebracht. Die Antragsbehauptung, daß sich "ein derartiger Fehler vorher noch nie ereignet" habe, konnte das erforderliche Sachvorbringen über die erwiesene Verläßlichkeit der im konkreten Fall tätig gewordenen Mitarbeiterin nicht ersetzen; das bisherige Funktionieren betrieblicher Abläufe gibt nämlich dann nicht Auskunft über die Verläßlichkeit einer mit bestimmten Agenden betrauten Person, wenn nicht gleichzeitig dargelegt wird, daß (auch) diese Person es war, deren klaglose Aufgabenerfüllung am bisherigen Funktionieren der betrieblichen Abläufe ihren Anteil hatte.

Indem der Antragsteller die Verläßlichkeit seiner mit der Kuvertierung beauftragten damaligen Büroangestellten nicht behauptet hat, ließ er es in entscheidender Weise an der Erstattung eines solchen Vorbringens fehlen, bei dessen Bescheinigung der unterlaufene Fehler rechtlich auf ein ihm zuzurechnendes Versehen bloß minderen Grades zurückgeführt werden könnte.

Der - allein im Rahmen des geltend gemachten Sachverhaltes zu beurteilende - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war deshalb gemäß § 46 Abs 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995130008.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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