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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des L in R, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 11. April 1994, Zl. Frb-4250/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. Februar 1994 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon zwei Drittel bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 20. September 1993 als Mittäter beim Diebstahl des Tresors des Schloßgasthofes Schattenburg im Wert von S 21.494,-- samt Bargeld (vom Vorsatz umfaßt S 300.000,--, tatsächliche Beute S 538.162,--) sowie weiterer Bargeldbeträge von insgesamt S 18.000,-- mitgewirkt habe. Er habe beim Herausschleppen des Tresors aus der Schattenburg geholfen und seinen Pkw für den Abtransport des Tresors zur Verfügung gestellt. Aufgrund dieser rechtskräftigen Verurteilung sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer sei 1972 in Feldkirch geboren und dort aufgewachsen. Im Jahr 1981 sei er mit seiner Mutter nach Bosnien zurückgekehrt. Im Juni 1991 sei er wieder nach Österreich gekommen. Danach habe er zwei Jahre als Kellner gearbeitet und "zu dieser Zeit" mit seinen Eltern und Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Das Aufenthaltsverbot stelle daher einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar. Diese Maßnahme sei jedoch in Anbetracht der vom Beschwerdeführer bewiesenen hohen kriminellen Energie im Sinne des § 19 FrG zulässig, da sie zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten sei. Bei der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG müsse unter Beachtung der Schwere der Straftat und der Umstände, wie die Tat begangen worden sei, angenommen werden, daß dem öffentlichen Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein größeres Gewicht zukomme als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Es sei nicht von einer völligen Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser wohne zwar bei seiner Familie, sei aber bereits volljährig und zuletzt ohne Beschäftigung gewesen. Weiters sei zu berücksichtigen, daß er erst seit 1991 wieder im Bundesgebiet aufhältig sei und zuvor zehn Jahre in Jugoslawien verbracht habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gegen die zutreffende Annahme der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, bringt der Beschwerdeführer nichts vor.
Soweit er die Auffassung der belangten Behörde bekämpft, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Annahme schon aufgrund der Schwere der von ihm begangenen Straftat gerechtfertigt ist. Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden, wenn er geltend macht, daß er an der inkriminierten Tat "lediglich in völlig untergeordneter Weise" teilgenommen habe. Im Hinblick darauf, daß er sofort zur Mitwirkung an dem spektakulären Einbruch bereit war und auch noch sein Fahrzeug zum Abtransport des gestohlenen Tresors zur Verfügung stellte, kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer "hohen kriminellen Energie" des Beschwerdeführers ausging. Daran vermag weder der Umstand, daß er nur einen geringen Beuteanteil erhielt, noch sein im Strafverfahren abgelegtes Geständnis und sein im Tatzeitpunkt immerhin schon über der Grenze des § 1 Z. 2 JGG gelegenes Alter etwas zu ändern. Auch aus dem Ausmaß der über ihn verhängten Freiheitsstrafe kann kein zu seinen Gunsten sprechender Aspekt abgeleitet werden. Dies gilt auch für sein Vorbringen, daß er sich während seines zwölfjährigen Aufenthaltes in Österreich ansonsten sowohl in strafrechtlicher als auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht wohlverhalten habe, handelte es sich doch bei neun dieser zwölf Jahre um die Kindheit des Beschwerdeführers.
Angesichts der in der Straftat des Beschwerdeführeres zum Ausdruck kommenden krassen Mißachtung des Eigentums anderer begegnet es auch keinen Bedenken, wenn das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer im Sinne des § 19 FrG als zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele des Schutzes der Rechte anderer und der Verhinderung strafbarer Handlungen dringend geboten erachtet wurde.
Wenn die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ausgehende, nach den obigen Ausführungen mit Recht als beträchtlich eingeschätzte Gefahr für die öffentliche Sicherheit den für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen ein die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegendes Gewicht beimaß, stößt dies auf keinen Einwand. Die Berücksichtigung der Behauptung des Beschwerdeführers, daß sich seit der Erlassung des Bescheides die Verhältnisse insoferne geändert hätten, als er jetzt wieder einer Arbeit nachgehe, ist dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund des Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) verwehrt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er in Bosnien aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung mit dem Tod bedroht sei und daß die belangte Behörde dies hätte prüfen müssen, ist nicht zielführend, weil bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der Frage, in welches Land der Fremde allenfalls abgeschoben werden wird, keine rechtliche Bedeutung zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0218). Auch seine Behauptung, er habe für den Fall einer Abschiebung in ein anderes Land als Bosnien dort keine sozialen Bezugspunkte, vermag das Ergebnis der Interessenabwägung schon im Hinblick auf das Gewicht der oben dargelegten öffentlichen Interessen nicht zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180329.X00Im RIS seit
20.11.2000