TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/23 94/18/0588

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Veröffentlicht am 23.03.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des B in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1994, Zl. 101.912/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 14. Dezember 1993 (eingelangt am 15. Dezember 1993 bei der Erstbehörde) den Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz.

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als vom Landeshauptmann für Tirol ermächtigte Behörde sprach mit Bescheid vom 1. April 1994 aus, daß die beantragte unbefristete Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werde.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) der Berufung Folge, indem der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben wurde. Der Beschwerdeführer sei im Besitze eines am 14. Jänner 1992 ausgestellten bis 13. Jänner 1995 gültigen Sichtvermerkes. Gemäß § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz bleibe die Berechtigung zum Aufenthalt eines Fremden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehe, bis zu deren Ablauf unberührt. Der Beschwerdeführer sei daher vom Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes derzeit nicht erfaßt. Käme die belangte Behörde zur Ansicht, daß eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sei, wäre der Beschwerdeführer im Besitze zweier Aufenthaltsberechtigungen, und zwar des genannten Sichtvermerkes und der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Ein solches Ergebnis sei aber schon durch den eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ausgeschlossen. Die Behörde erster Instanz habe bei der Erlassung des bekämpften Bescheides eine Kompetenz in Anspruch genommen, die ihr noch nicht gemäß § 13 Abs. 1 AufG zustehe und daher in ein bestehendes Recht - Sichtvermerk erteilt durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck - eingegriffen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz bleiben die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen.

Für die Stellung eines derartigen Verlängerungsantrages ist gemäß § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz eine hinsichtlich ihres Endes, nicht aber ihres Beginnes fixierte Frist ("mit Ablauf der Geltungsdauer") eingeräumt.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß dem Beschwerdeführer ein Sichtvermerk mit einer Geltungsdauer bis 13. Jänner 1995 erteilt und der Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz am 14. Dezember 1993 gestellt wurde. Demnach hielt sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (1. Juli 1993) rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Ein in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG ergangener Behebungsbescheid bedeutet eine endgültige Erledigung der betreffenden Verwaltungssache, soweit über sie im aufgehobenen erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen wurde, mit der aus § 68 Abs. 1 AVG folgenden Wirkung, daß die Behörde erster Instanz über diesen Gegenstand (bei gleicher Sach- und Rechtslage) nicht neuerlich entscheiden darf. In Fällen, in denen über einen Parteienantrag zu erkennen ist, wird bei einem Vorgehen der Berufungsbehörde i.S. des § 66 Abs. 4 AVG der Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache nicht entsprochen, wenn zwar der angefochtene Bescheid aufgehoben wird, im übrigen aber ein Abspruch über den dem Bescheid zugrundeliegenden Antrag der Partei unterbleibt. Im Beschwerdefall wurde mit dem angefochtenen Bescheid zwar der Bescheid erster Instanz "ersatzlos behoben", der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung blieb jedoch unerledigt. Damit verletzte die belangte Behörde in Verkennung des rechtlichen Gehaltes ihrer sich aus § 66 Abs. 4 AVG ergebenden Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst das Gesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0260). Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß (Beschwerde 2-fach, S 240,-- und Beilage S 30,--) zuzusprechen.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994180588.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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