TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/23 95/18/0301

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Veröffentlicht am 23.03.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §20 Abs1 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in Wien, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Dezember 1994, Zl. SD 1131/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Dezember 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Asylantrag des am 10. Juni 1991 nach Österreich eingereisten Beschwerdeführers sei mit Bescheid vom 28. August 1991 (zugestellt am 8. Oktober 1991) rechtskräftig abgewiesen worden. Seit diesem Zeitpunkt halte er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Am 2. Mai 1994 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen schwerer Körperverletzung sowie wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden. Damit seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Das der Verurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten, sein langandauernder illegaler Aufenthalt in Österreich sowie die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.

Aufgrund des relativ kurzen und zum Großteil unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie des Fehlens familiärer Bindungen - gegen seinen Bruder sei ebenfalls ein Aufenthaltsverbot erlassen worden - könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG keine Rede sein. Es sei daher weder zu prüfen, ob das Aufenthaltsgebot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlange, so erscheine die Befristung von zehn Jahren notwendig, um den Beschwerdeführer dahin zu bringen, daß er die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften zu beachten habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die - unter Zugrundelegung des unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltes zutreffende - Rechtsansicht der belangten Behörde, daß vorliegend der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und aufgrund dessen die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft.

2.1. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, daß im Hinblick auf seine Integration und seine mehrjährige Beschäftigung im Bundesgebiet "die stärkste Bindung zu Österreich" bestehe und daher ein nach § 19 FrG bedeutsamer Eingriff in sein Privatleben vorliege. In Anwendung dieser Bestimmung hätte eine Interessenabwägung zu seinen Gunsten erfolgen müssen.

2.2. Selbst wenn man unter Zugrundelegung der Beschwerdebehauptung, daß der Beschwerdeführer seit mehreren Jahren einer (erlaubten) Beschäftigung im Bundesgebiet nachgehe und man - ungeachtet der in der Beschwerde nicht in Abrede gestellten Unrechtmäßigkeit des größten Teiles seines Aufenthaltes in Österreich - von einem gewissen Ausmaß an Integration ausginge und als Folge dessen einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annähme, wäre damit im Ergebnis für ihn nichts zu gewinnen. Denn die sich in der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung und versuchter Erpressung manifestierende grobe Beeinträchtigung wesentlicher Rechtsgüter durch den Beschwerdeführer, aber auch sein im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung schon fast dreieinhalb Jahre dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich lassen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten erscheinen. Von daher gesehen wäre die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes aus dem Blickwinkel des § 19 FrG auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens zu bejahen.

2.3. Der Zulässigkeit dieser Maßnahme stünde darüber hinaus die - bei Annahme eines relevanten Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers zum Tragen kommende - Bestimmung des § 20 Abs. 1 FrG nicht entgegen. Da nur eine rechtmäßige Dauer des Aufenthaltes zugunsten des Fremden zu berücksichtigen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0342) und die Integration des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Unerlaubtheit nahezu der ganzen Dauer seines Aufenthaltes sowie das Fehlen familiärer und sonstiger Bindungen keineswegs hoch zu veranschlagen wäre, käme den hier maßgeblichen, durch das verpönte Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigten öffentlichen Interessen jedenfalls größeres Gewicht zu als den nachteiligen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

3. Was die Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlangt, so ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, daß eine eingehendere Begründung der Bemessung mit zehn Jahren wünschenswert gewesen wäre. Allerdings lassen die knappen Ausführungen dazu gerade noch hinreichend die Annahme der belangten Behörde erkennen, daß die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (§ 21 Abs. 2 FrG), also das für diese Maßnahme sprechende öffentliche Interesse, vorhersehbarerweise nicht vor Verstreichen von zehn Jahren wegfallen werde. Diese Beurteilung ist angesichts der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden erheblichen Verletzung hoch zu veranschlagender Rechtsgüter (körperliche Unversehrtheit, Eigentum), aber auch der mehrere Jahre anhaltenden Mißachtung von für die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens wesentlichen Rechtsvorschriften nicht als rechtswidrig zu erkennen.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180301.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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