TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/24 93/17/0387

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Veröffentlicht am 24.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
23/01 Konkursordnung;
38 Punzierung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §9;
KO §1 Abs1;
KO §3 Abs1;
KO §81;
KO §83;
ProkG 1945 §5;
PunzierungsG 1954 §14 Abs2;
VwGG §28 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §49 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache 1.) des Dr. N, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der SDBV-GmbH in G, und

2.) desselben als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der PTB-GmbH in G, gegen den Bescheid des Hauptpunzierungs- und Probieramtes vom 24. September 1993, Zl. 65/6/93, betreffend Anordnung der Zerschlagung von Edelmetallgegenständen gemäß § 14 Abs. 2 des Punzierungsgesetzes,

Spruch

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei wird zurückgewiesen.

Die zweitbeschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Finanzen), zu Handen der Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, Aufwendungen in der Höhe von

S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) hat der erstbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Punzierungsamtes Graz vom 4. Februar 1993 wurde ausgesprochen:

"Am 21. März 1990 wurden im Rahmen einer amtlichen Nachschau in der Verkaufsstätte Z Handelsges.m.b.H. in XY unter anderem ein kleines goldenes Ketterl nicht als punziert und nicht probhältig gemäß § 1 PunzG beanstandet. Dieser Gegenstand wird nun gemäß § 14 (2) PunzG 1954 in der Fassung des Bundesgesetzblattes vom 21. Juni 1967 BGBL Nr. 222/1967 zerschlagen."

Nach der Begründung dieses Bescheides weise der Gegenstand den Mindestfeingehalt von 585 Tausendstel nicht auf. Eine Befreiung von der Punzierung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d PunzierungsG komme nicht in Betracht; es sei weder ein diesbezügliches Gutachten vorgelegt noch ein Antrag auf Erstellung eines amtswegigen Gutachtens gestellt worden. Der Bescheid ist an "Dr. N, Rechtsanwalt", adressiert.

Ein weiterer Bescheid des Punzierungsamtes Graz vom 4. Februar 1993 lautet im Spruch wie folgt:

"Am 2. April 1990 wurden auf der Antiquitätenmesse Graz, Ausstellungsstand von Frau D, aus dem feilgebotenem Warensortiment der SDBV Ges.m.b.H.

1 goldene Brosche in Mascherlform

1 goldenes Medaillon mit Gürtelapplikation als nicht punziert und nicht probhältig gemäß § 1 PunzG beanstandet. Diese Gegenstände werden nun gemäß § 14 (2) PunzG 1954 in der Fassung des Bundesgesetzblattes vom 21. Juni 1967 BGBL Nr. 222/1967 zerschlagen."

Dieser Bescheid weist eine im wesentlichen gleichartige Begründung wie der vorzitierte Bescheid auf. Auch er ist an "Dr. N, Rechtsanwalt", adressiert.

Gegen diese beiden Bescheide erhob der "Berufungswerber:

Dr. N, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter über das Vermögen der PTB-GmbH" Berufung.

1.2. Unter Bezugnahme auf diese Berufung erging der Bescheid des Hauptpunzierungs- und Probieramtes vom 24. September 1993, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Die Bescheide des Punzierungsamtes Graz Zl.: 4/58/4/90 und Zl.: 4/59/6/90 beide vom 4. Feber 1993 werden bestätigt.

1 goldene Brosche in Mascherlform, Gewicht: 3,5 g 1 goldenes Medaillon mit Gürtelapplikation, Gewicht: 11,2 g 1 goldenes Ketterl, Gewicht: 4,7 g

erreichen nicht den in § 1 Punzierungsgesetz BGBl: 58/1954 in der dzt. gültigen Fassung (PG) normierten Mindestfeingehalt. Da eine Befreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d PG mangels Gutachten nicht in Betracht kommt, sind Edelmetallgegenstände gemäß § 14 Abs. 2 PG zu zerschlagen und dem Einreicher zurückzustellen.

Die Anträge zur Vornahme eines Ortsaugenscheines durch das Hauptpunzierungs- und Probieramt am Landesgericht für Strafsachen Graz und auf weitere Fristerstreckung von 6 Monaten zur Vorlage von Gutachten werden abgewiesen."

Dieser Bescheid ist an "Rechtsanwalt Dr. N, Masseverwalter SDBV GesmbH", adressiert.

Nach der Begründung dieses Bescheides erreichten die genannten Edelmetallgegenstände bei der gemäß § 9 PunzierungsG durchgeführten Feingehaltsprüfung nicht den in § 1 leg. cit. normierten Mindestfeingehalt. Eine Befreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. d PunzierungsG komme mangels eines Gutachtens im Sinne des § 2 der Durchführungsverordnung zum Punzierungsgesetz nicht in Betracht. Auf Edelmetallgegenstände, die den Mindestfeingehalt nicht erreichten, sei § 14 Abs. 2 PunzierungsG anzuwenden, d.h. sie seien zu zerschlagen und dem Einreicher zurückzustellen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Gemeinschuldnerin erachte sich in ihrem Recht auf Befreiung von der Punzierungspflicht gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1

lit. d PunzierungsG verletzt; die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, es handle sich bei den beschlagnahmten Gegenständen nicht um kultur- bzw. kunsthistorische Werte. In der Sachverhaltsdarstellung dieser Beschwerde wird unter anderem ausgeführt, bei den in Rede stehenden Goldgegenständen habe es sich um drei Schmuckstücke aus dem Warenbestand der SDBV Ges.m.b.H. gehandelt.

1.4. Denselben Bescheid bekämpften die beschwerdeführenden Parteien auch vor dem Verfassungsgerichtshof; die Beschwerde ist dort zu B 1889/93 protokolliert.

1.5. Die belangte Behörde, vertreten durch die Finanzprokuratur, legte dem Verwaltungsgerichtshof Kopien der Verwaltungsakten, die im Original dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt worden waren, vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zuständigen Fünfersenat, dessen Bildung sich hinsichtlich des zurückweisenden Teiles des Spruches auf § 12 Abs. 3 VwGG stützt, erwogen:

2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Konkursordnung sind nach der Konkurseröffnung Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam und der Konkursverwalter übt - angesichts der Tatsache, daß gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt, dessen freier Verfügung entzogen ist - insgesamt in bezug auf die Führung des Betriebes die gesetzlich auf ihn übergegangenen Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 1987, Zlen. 85/17/0104, 0152, und vom 18. Dezember 1992, Zlen. 89/17/0037, 0038). Als Partei des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kommt nach Konkurseröffnung und Bestellung eines Masseverwalters nur dieser, und zwar als gesetzlicher Vertreter jenes Gemeinschuldners, auf dessen der Exekution unterworfenes Vermögen sich das jeweilige Verwaltungsrechtsverhältnis bezieht, in Betracht. Dies trifft jedenfalls auf die Anordnung der Zerschlagung von Edelmetallgegenständen nach dem PunzierungsG zu. Der einschreitende Rechtsanwalt als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der SDBV-GmbH wird daher im folgenden als erstbeschwerdeführende Partei und als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der PTB-GmbH als zweitbeschwerdeführende Partei bezeichnet.

2.2. Zur Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei:

2.2.1. Im Beschwerdeschriftsatz wird sachverhaltsbezogen unter anderem ausgeführt, im Rahmen einer amtlichen Nachschau am 21. März 1990 und am 2. April 1990 seien jeweils aus dem Warenbestand der erstgenannten Gemeinschuldnerin die in Rede stehenden drei Goldschmuckstücke "beschlagnahmt" worden.

Die ZWEITBESCHWERDEFÜHRENDE PARTEI ist nicht Adressatin des angefochtenen Berufungsbescheides. Auch konnte sie angesichts der eben wiedergegebenen Sachverhaltsbehauptung des Masseverwalters beider gemeinschuldnerischer Gesellschaften durch die Zerschlagungsanordnung in ihren Rechten nicht verletzt werden.

Die von ihr erhobene Beschwerde war daher wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung stützt sich auf § 39 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG.

2.2.2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 2 und 51 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Im Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten werden ausschließlich für die Verfassung der Gegenschrift S 12.500,-- geltend gemacht. Nach der eben zitierten Pauschalierungsverordnung steht der belangten Behörde aber nur ein Kostenersatz von S 4.000,-- für die Gegenschrift zu. Die Bestimmung des § 5 des Prokuraturgesetzes, StGBl. Nr. 172/1945, wonach der Prokuratur der Zuspruch der Kosten gleich einem Rechtsanwalt gebührt, reicht zur Begründung eines diesbezüglichen Kostenmehrbegehrens der durch die Finanzprokuratur vertretenen belangten Behörde nicht hin, weil die Frage des Aufwandersatzes für die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im VwGG eine besondere Regelung erfahren hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1966, Zl. 1113/66, und vom 8. Mai 1969, Zl. 1830/68). Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

2.3. Zur Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei:

2.3.1. Was die ERSTBESCHWERDEFÜHRENDE PARTEI anlangt, ist folgender Gang des Verwaltungsverfahrens von Bedeutung:

Die beiden erstinstanzlichen Bescheide des Punzierungsamtes Graz vom 4. Februar 1993 sind im Adressfeld an den einschreitenden Rechtsanwalt ohne Hinweis auf die in Betracht kommende Konkursmasse gerichtet. Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, der die Beanstandung vom 20. April 1990 betrifft, werden die beanstandeten Waren, deren Zerschlagung angeordnet wird, als Waren "aus dem feilgebotenen Warensortiment der SDBV Ges.m.b.H." bezeichnet.

Bescheidadressatin war daher die erstbeschwerdeführende Partei.

Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, der die Beanstandung vom 21. März 1990 betrifft, ist lediglich von "einer amtlichen Nachschau in der Verkaufsstätte

Z Handelsges.m.b.H." in XY die Rede. Der Bescheid ist an den einschreitenden Rechtsanwalt ohne weiteren Hinweis auf die von diesem vertretene Person oder Vermögensmasse gerichtet. In der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof ist allerdings von der erstbeschwerdeführenden Partei selbst geklärt worden, daß die Ware aus ihrem Warenbestand gestammt hat und sich daher die angeordnete Zerschlagung in ihrer Vermögenssphäre ereignen sollte.

Gegen diese erstinstanzlichen Bescheide hat die erstbeschwerdeführende Partei keine Berufung erhoben. Daß in dem durch die Berufung der zweitbeschwerdeführenden Partei ausgelösten Berufungsverfahren (die behördliche Aufforderung, ein Ansuchen um Einholung eines amtswegigen Gutachtens zu stellen, erging z.B. noch an die zweitbeschwerdeführende Partei) sich in der weiteren Korrespondenz zum Teil im Betreff der Schreiben auch Hinweise wie "SDBV GmbH" oder "Konkurs SDBV" finden, ändert nichts an der Tatsache, daß nach der Aktenlage nur eine Berufung der zweitbeschwerdeführenden Partei vorliegt.

Ungeachtet dessen hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen, an die erstbeschwerdeführende Partei gerichteten Bescheid die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt, darüber hinaus aber dem Spruch eine eigenständige neue Fassung gegeben (weswegen eine Rechtsverletzungsmöglichkeit nicht schlechterdings verneint werden kann) und in dieser Weise gegenüber der erstbeschwerdeführenden Partei eine Sachentscheidung getroffen.

Berufungsentscheidungen sind, wie sich aus den §§ 63 und 66 AVG ergibt, antragsbedürftige Bescheide. Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie der erstbeschwerdeführenden Partei gegenüber eine meritorische Berufungsentscheidung getroffen hat, ohne daß eine Berufung derselben vorlag, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG belastet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1983, Zlen. 82/10/0112, 0113 = ZfVB 1984/1/260; vgl. ferner das hg. Erkenntnis vom 14. November 1984, Zl. 84/03/0221 = ZfVB 1985/3/1103).

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

2.3.2. Die diesbezügliche Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Der angefochtene Bescheid brauchte gemäß § 28 Abs. 5 VwGG nur in einer einzigen Ausfertigung oder Abschrift der Beschwerde angeschlossen zu werden, weshalb der Ersatz der Stempelgebühr nur für eine Bescheidausfertigung gebührt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 682, zitierte Rechtsprechung).

2.3.3. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG Abstand genommen werden.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

MasseverwalterBelangte Behörde als obsiegende ParteiStempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Nicht erforderliche NICHTERFORDERLICHE Schriftsatzausfertigungen und BeilagenVorlagen- und Schriftsatzaufwand der belangten Behörde Vertretung durch die Finanzprokuratur bzw durch einen RechtsanwaltBerufungsrecht Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993170387.X00

Im RIS seit

07.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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