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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
AVG §56;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/10/0130 E 27. März 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des Mag. T in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. April 1993, Zlen. N - 102800/Kü - 1993, betreffend naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1992 trug die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Beschwerdeführer auf, die widerrechtlich im Mondsee auf bzw. vor einem näher bezeichneten Grundstück errichtete Steganlage im Ausmaß von ca. 6 x 0,8 m zu entfernen. Begründend wurde dargelegt, im Bereich des Campingplatzes S. bestünden ca. 15 widerrechtlich errichtete Steganlagen, darunter jene des Beschwerdeführers. Die Anlage des Beschwerdeführers stelle einen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Die Steganlage sei im Jahr 1964 und somit im zeitlichen Geltungsbereich des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1955 bzw. 1964 errichtet worden. Der Eingriff sei gemäß § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80 (NSchG), verboten. Eine bescheidmäßige Feststellung im Sinne der zitierten Vorschrift liege nicht vor. Gemäß § 39 NSchG sei mit der Entfernung vorzugehen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte vor, der Bescheid sei ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden, weil er sich auf das NSchG 1982 stütze; die Anlage sei jedoch bereits im Jahre 1964 errichtet worden. Es handle sich nicht um einen Eingriff, weil der seit mehr als 28 Jahren bestehende Zustand einem objektiven Betrachter schon so vertraut sei, daß nicht die Steganlage selbst, sondern nur deren Entfernung eine störende Wirkung erziele. Es sei wissenschaftlich anerkannt, daß ein Steg das geeignetste natur- und landschaftsschonende Mittel darstelle, um einen Seezugang zu ermöglichen. Es werde vermieden, daß Wege durch das Schilf gebahnt würden, um zum See zu gelangen.
Die belangte Behörde holte Befund und Gutachten einer Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz ein. Diese legte dar, das Landschaftsbild im Bereich der Steganlage werde von zwei gegensätzlichen Komponenten geprägt. Die Hintergrundsituation werde vom Campingplatz mit seinen Einrichtungen, wie z.B. Wohnwagen, Vorzelten, Abgrenzungen, Tisch-Bank-Kombinationen, geschotterten Zufahrtswegen, bestimmt. Die unmittelbare Uferlinie weise zahlreiche natürliche Elemente auf. Die offene Seefläche, die mit einem stellenweise sehr dicht ausgeprägten Schilfgürtel in der Verlandungszone zum Festland überleite, das intakte, dem sensiblen Übergangsbereich See/Land einen gewissen Schutz gewährende Uferbegleitgehölz sowie das frei auslaufende, nicht befestigte Ufer könnten als Elemente der ursprünglichen Naturraumausstattung angesehen werden. Die zahlreichen in diesem Uferabschnitt vorhandenen, größtenteils konsenslos errichteten Steganlagen bedingten eine nicht vertretbare Degradierung des Landschaftsbildes. Stege würden grundsätzlich
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als räumliche Objekte, die in die offene Seefläche ragen - als störende Fremdkörper und somit als Eingriffe in das Landschaftsbild wahrgenommen. Auch im vorliegenden Fall führe der Steg auf Grund seiner Situierung, Form und Farbgebung zu einer optisch wahrnehmbaren negativen Veränderung der Naturlandschaft, zu einer Degradierung und Denaturierung. Durch die Verlagerung des anthropogenen Elementes in die offene Wasserfläche werde das Landschaftsbild in seiner Erscheinung belastet und gestört, wobei die negative Eingriffswirkung durch die land-, vor allem aber durch die seeseitige Einsehbarkeit zusätzlich verstärkt werde. Er lasse jede Einbindung in die Uferlandschaft vermissen. Ziel des Natur- und Landschaftsschutzes müsse es sein, ein Überhandnehmen der künstlichen nutzungsbedingten Eingriffe in das Landschaftsbild zu verhindern, um schützenswerte Bereiche, wie sie im gegenständlichen Fall vorlägen, in ihrer Ausgestaltung zu erhalten bzw. eine weitere Degradierung zu vermeiden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde
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unter Neufestsetzung der Entfernungsfrist - die Berufung als unbegründet ab. Nach Feststellung des Sachverhaltes und Darlegung der Rechtslage vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, Eingriffe im Seeuferschutzbereich seien bereits seit dem NSchG 1955 verboten, solange nicht eine begünstigende Feststellung der Naturschutzbehörde getroffen sei. Der Beschwerdeführer könne sich somit nicht mit Erfolg auf die Errichtung der Steganlage vor Inkrafttreten des NSchG 1982 berufen. Aus dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten ergebe sich, daß die Steganlage zufolge ihres optischen Eindruckes geeignet sei, das Landschaftsbild maßgeblich zu verändern; es handle sich daher um einen Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 5 Abs. 1 NSchG. Mit seinem Vorbringen, daß durch die Steganlage der Zutritt zum See ermöglicht und damit der Übergangsbereich See - Land geschützt werde, übersehe der Beschwerdeführer, daß auf dem Campingplatz eine zentrale Steganlage naturschutzbehördlich genehmigt worden sei, um den Campingplatzbenützern den Zugang zum See zu ermöglichen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom 15. Juni 1993, Zl. B 998/93, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 NSchG ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.
Gemäß § 39 Abs. 1 NSchG kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde hätte sich nicht auf das Amtssachverständigengutachten stützen dürfen, weil dieses unschlüssig sei. Die Unschlüssigkeit zeige sich zunächst darin, daß die Sachverständige den Steg als "Fremdkörper" bezeichnet habe. Dies sei unrichtig, weil gerade ein Steg dazu da sei, "die optimale Verbindung zwischen Land und Wasser im Sinne der Ziele des Naturschutzes herzustellen". Die Erhaltung des Steges sei aus ökologischer Sicht wünschenswert; durch Steganlagen werde nämlich vermieden, daß sich jedermann beliebige Wege durch das Schilf bahne. Gerade der gegenständliche Steg gewährleiste bestmöglich die "vegetative Entfaltung" (gemeint wohl: die Entfaltung der Vegetation) und die Schonung des sensiblen Übergangsbereiches See - Land. Der Steg habe sich seit seiner Errichtung derart in die Natur integriert, daß aus ökologischer Sicht die Entfernung wohl das größere Übel gegenüber dem weiteren Bestehen der Steganlage darstellen würde.
Mit diesen Darlegungen zeigt die Beschwerde keinen in der Heranziehung eines unschlüssigen Sachverständigengutachtens gelegenen Verfahrensmangel auf.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Eingriffsbegriff des § 5 NSchG ist entscheidend, ob die Maßnahme zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgebend verändert. Es kommt nicht darauf an, ob der Eingriff ein "störender" ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. Jänner 1995, Zlen. 94/10/0145, 0146, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Errichtung eines Seesteges hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach als Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 5 Abs. 1 NSchG qualifiziert (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 90/10/0144, und die dort zitierte Vorjudikatur). Angesichts dieser Rechtslage zeigt die Beschwerde mit ihren oben wiedergegebenen Darlegungen keine Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens auf. Für die Beurteilung, ob ein Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt, ist nämlich nicht maßgeblich, ob ein Steg "die optimale Verbindung zwischen Land und Wasser" darstellt, weil der Eingriffsbegriff auf eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes und nicht auf die Funktion einer bestimmten Anlage abstellt. Eine Interessenabwägung war im vorliegenden Entfernungsverfahren nicht vorzunehmen. Ebensowenig wird eine Unschlüssigkeit der Auffassung, der Steg stelle eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes dar, mit dem Hinweis aufgezeigt, daß durch Steganlagen vermieden werde, daß sich "jedermann" beliebige Wege durch das Schilf bahne. In welchem Zusammenhang dieser Umstand mit dem optischen Eindruck der Anlage im Landschaftsbild stehen soll, ist nicht ersichtlich; im übrigen ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß dem Zweck, "jedermann" den Zugang zum See zu ermöglichen, gerade durch die Anlage des Beschwerdeführers gedient werde.
Auch die Darlegungen der Beschwerde, der Steg habe sich "in die Natur und das Landschaftsbild integriert", stellen lediglich eine nicht weiter - insbesondere nicht auf sachverständiger Basis - begründete Gegenbehauptung zur widerspruchsfrei begründeten Auffassung des Gutachtens dar, der Steg stelle infolge seiner räumlichen Erstreckung in die offene Seefläche eine negative Veränderung der Uferlandschaft dar; sie läßt diese nicht als unschlüssig erscheinen.
Die Beschwerde macht weiters geltend, es fehle eine gesetzliche Grundlage für den erteilten Entfernungsauftrag. Der Steg sei nämlich 1964 und somit vor Inkrafttreten des NSchG (am 1. Jänner 1983) errichtet worden. Das NSchG treffe keine Regelung für Handlungen, die vor seinem Inkrafttreten gesetzt worden seien. Der Entfernungsauftrag könne auch nicht auf das NSchG 1964 gestützt werden, weil dieses mit dem 1. Jänner 1983 außer Kraft getreten sei.
Auch diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach dargelegt, daß (auch) im zeitlichen Geltungsbereich des Oö NSchG 1955 bzw. 1964 vorgenommene bewilligungspflichtige Eingriffe der Vorschrift des § 39 NSchG (1982) unterliegen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 23. September 1991, Zl. 90/10/0144, und vom 20. Juni 1994, Zl. 93/10/0206); des näheren wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe der genannten Erkenntnisse verwiesen.
Schließlich macht die Beschwerde geltend, der Beschwerdeführer sei für den Entfernungsauftrag nicht passiv legitimiert, weil er nicht Grundeigentümer, sondern Pächter sei.
Auch diese Darlegungen führen die Beschwerde nicht zum Erfolg. § 39 NSchG knüpft nicht an das Grundeigentum an; Normadressat ist vielmehr derjenige, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Juni 1992, Zl. 91/10/0133, und vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/10/0110).
In seiner Berufung gegen den ihm gegenüber erlassenen Entfernungsauftrag der ersten Instanz machte der Beschwerdeführer nicht geltend, daß die genannten Voraussetzungen in seiner Person nicht vorlägen. Bei dieser Sachlage war die belangte Behörde zu Ermittlungen und Feststellungen in der Frage der Passivlegitimation nicht verpflichtet. Im übrigen greift die Beschwerde auch mit den oben wiedergegebenen Darlegungen die dem angefochtenen Bescheid implizit zugrundeliegende Annahme, der Beschwerdeführer bzw. sein Rechtsvorgänger habe die Steganlage errichtet bzw. errichten lassen, nicht konkret an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993100131.X00Im RIS seit
11.07.2001