TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/27 90/10/0154

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Veröffentlicht am 27.03.1995
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 litb;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 litl;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs2 litc;
VVG §1 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des 1. RS, 2. FS, beide in D, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 6. Juli 1990, Zl. IVe-223/148, betreffend naturschutzbehördlicher Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird eingestellt.

Das Land Vorarlberg hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Dezember 1989 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, die auf der Gp. 3656 KG D. lagernden Betonfertigteile bis zum 1. Februar 1990 der Verwertung zuzuführen oder auf einem hiefür genehmigten Lagerplatz zu deponieren. Der frühere Zustand der Wiese sei bis zum 1. April 1990 wiederherzustellen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Sie brachten unter Hinweis auf Vorgänge in verschiedenen Baubewilligungsverfahren vor, sie hätten die in Frage stehenden Betonfertigteile 1987 im Hinblick auf eine zu erwartende Baugenehmigung auf der Fläche gelagert. Die "Umlagerung" bzw. der "Umtransport" der Betonfertigteile wäre mit sehr hohen Transportkosten verbunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Festsetzung neuer Leistungsfristen ab. Begründend legte sie dar, bei der strittigen Fläche handle es sich um eine mehrmähdige Fettwiese. Die über dem Gsieggraben liegenden Flächen würden als Streuewiesen genutzt und seien auf Grund ihres Bestandes an Sumpfgladiolen besonders schützenswert. Seit 1987 seien auf einer Grundfläche von 12,8 x 12,5 m Betonfertigteile abgelagert. Diese stellten in der offenen Riedlandschaft einen weithin sichtbaren und besonders nachhaltigen Landschaftsschaden dar. Gemäß § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. l des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982 idF

LGBl. Nr. 22/1988, (LSchG), sei die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu verfügen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Mit Bescheid vom 13. November 1990 hob die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in Ansehung des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Gemäß § 3 Abs. 1 lit. l LSchG bedarf einer Bewilligung der Behörde die Errichtung und die im Hinblick auf die Interessen des Landschaftsschutzes wesentliche Änderung von Lagerplätzen mit einer Grundfläche von über 400 m2 und Ablagerungsplätzen mit einer Grundfläche von über 100 m2.

Nach § 3 Abs. 2 lit. c LSchG bedarf die Errichtung und Änderung von Lagerplätzen (Abs. 1 lit. l), die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, keiner Bewilligung.

Gemäß § 12 Abs. 1 lit. a LSchG kann die Behörde die Einstellung der Arbeiten verfügen, wenn Vorhaben, die nach den §§ 3 bis 6 oder nach einer auf Grund des § 8 erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung ausgeführt werden.

Nach § 12 Abs. 2 LSchG hat die Behörde demjenigen, der Vorhaben im Sinne des Abs. 1 ausführt, und, falls dieser nicht herangezogen werden kann, dem Grundeigentümer die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid aufzutragen. Wenn die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich ist, hat die Behörde die möglichst wirksame Beseitigung der durch die Ausführung des Vorhabens nach Abs. 1 hervorgerufenen Verletzungen von Interessen des Landschaftsschutzes aufzutragen. Hiebei sind für die Ausführung der aufgetragenen Maßnahmen angemessene Fristen festzusetzen.

Der Erstbeschwerdeführer tritt der Feststellung der belangten Behörde, er habe die strittigen Ablagerungen vorgenommen, nicht entgegen. Nach § 12 Abs. 2 LSchG ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes (primär) demjenigen, der Vorhaben im Sinne des Abs. 1 ausführt, aufzutragen. Mit dem Hinweis des Beschwerdeführers, er sei nicht Grundeigentümer, wird keine Rechtswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Auffassung, es läge die soeben erörterte Tatbestandsvoraussetzung der Erlassung eines Wiederherstellungsauftrages vor, aufgezeigt.

§ 12 Abs. 2 LSchG knüpft u.a. an die Bewilligungspflicht von Vorhaben nach § 3 als Voraussetzung der Erlassung eines Wiederherstellungsauftrages an. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, die strittige Ablagerung stelle keinen Tatbestand einer Bewilligungspflicht her. Das Material könne beim Bau eines landwirtschaftlichen Fahrsilos verwendet werden; die Fläche werde somit im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. c LSchG als "Lagerplatz, der land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient", verwendet, wofür nach der zuletzt zitierten Vorschrift keine Bewilligung erforderlich sei. Es handle sich nicht um eine "Ablagerung", sondern um eine "Lagerung", weil die Gegenstände nicht dauernd auf der Liegenschaft belassen, sondern wiederverwendet werden sollten. Lagerungen bis zu einer Fläche von 400 m2 seien jedoch nicht bewilligungspflichtig.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Dafür, daß die Fläche auf eine Art und Weise genutzt werde, die nach der Verkehrsauffassung und dem äußeren Erscheinungsbild eine organisatorische Eingliederung in einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erkennen ließe, kann schon angesichts der Art der abgelagerten Gegenstände keine Rede sein. Die Voraussetzungen, die Fläche als "Lagerplatz, der land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient", anzusehen, liegen somit nicht vor.

Ebensowenig kann der Auffassung der Beschwerde gefolgt werden, daß nur eine (bis zu einer Grundfläche von 400 m2 nicht bewilligungspflichtige; vgl. § 3 Abs. 1 lit. l erster Fall LSchG) "Lagerung" vorläge. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit dem in § 3 Abs. 1 lit. l LSchG verwendeten Begriff des "Ablagerungsplatzes" unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien dargelegt, daß darunter Plätze zur Deponierung von Abfällen verstanden werden. Nach dem dem LSchG zugrundeliegenden Begriffsverständnis sei die Bestimmung zur Aufnahme von Abfällen für die rechtliche Wertung einer Fläche als Ablagerungsplatz maßgebend. Ob bei einem Platz diese Bestimmung gegeben sei, sei nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und den konkreten Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen. Das LSchG enthält zwar keine Definition des Begriffes "Abfall", bezeichnet aber in der demonstrativen Aufzählung des § 34 Abs. 1 lit. e Altmaterial, Autowracks, Bauschutt udgl., ausdrücklich als Abfälle (vgl. das Erkenntnis vom 9. Dezember 1987, Zl. 86/10/0113; zum Abfallbegriff in Landschafts- und Naturschutzvorschriften weiters das Erkenntnis vom 28. Juni 1993, Zl. 92/10/0114, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Den Begriff des "Ablagerns" hat der Gerichtshof im Sinne des (auch) vorübergehenden Ablegens von Sachen aufgefaßt (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 88/12/0046 zu § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Abfallgesetzes).

Angesichts der dargestellten Rechtslage zeigt die Beschwerde mit ihrem Hinweis, es sei die "Wiederverwendung" der Gegenstände beabsichtigt, keine Rechtswidrigkeit in der Beurteilung der Fläche als "Ablagerungsplatz" auf. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, daß es sich bei den fraglichen Gegenständen um aus einem Gebäudeabbruch stammende Betonteile handle; sie behauptet auch nicht, daß solche Betonteile ihrer Art nach entsprechend der Verkehrsauffassung zur mehrfachen Verwendung bei der Errichtung von Gebäuden bestimmt wären. Die im Akt erliegenden Lichtbilder bestätigen die Auffassung, daß es sich bei den Gegenständen (nach der Verkehrsauffassung) um Abbruchmaterial handelt; nach dem in landschaftsschutzrechtlicher Hinsicht maßgeblichen "äußeren Erscheinungsbild" ist daher eine Wertung als Ablagerungsplatz (für Abbruchmaterial) nicht rechtswidrig. Auf eine allfällige subjektive Absicht des Ablagernden, die nach der Verkehrsauffassung als Abfall anzusehenden Gegenstände einer (späteren) Verwendung zuzuführen, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.

Unter dem Gesichtspunkt der Unbestimmtheit des Wiederherstellungsauftrages rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe nicht aufgezählt, um wieviele Betonfertigteile es sich handle und diese nicht näher beschrieben. Sie habe nicht dargelegt, was sie unter einer "Verwertung" verstehe und den - vom Beschwerdeführer wiederherzustellenden - "früheren Zustand" nicht beschrieben.

Auch diese Darlegungen zeigen keine Rechtsverletzung auf. Der Beseitigungsauftrag ist auch ohne Beschreibung und Nennung der Zahl der Betonteile hinreichend bestimmt, weil er sich erkennbar auf die gesamte Menge der auf dem (konkret bezeichneten) Grundstück abgelagerten Betonteile bezieht. Das Vorbringen der Beschwerde bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß beim Beschwerdeführer Unklarheiten über den Umfang des ihm erteilten Auftrages bestünden. Es ist somit weder ersichtlich, daß er durch eine Unbestimmtheit des Bescheides daran gehindert wäre, dem ihm erteilten Auftrag zu entsprechen, noch, daß der Umfang einer allfälligen Ersatzvornahme nicht hinreichend abgegrenzt wäre. Ebensowenig zeigt der Beschwerdeführer auf, inwiefern er in seinen Rechten dadurch verletzt wäre, daß ihm keine bestimmte Art der "Verwertung" vorgeschrieben werde. Dies trifft auch auf den Auftrag zur Herstellung des "früheren Zustandes" zu. Mangels Vorschreibung konkreter, über die Entfernung der Betonfertigteile hinausgehender Maßnahmen ist davon auszugehen, daß unter dem "früheren Zustand" jener zu verstehen ist, in den die Fläche durch die Entfernung der abgelagerten Betonfertigteile versetzt wird. Der Beschwerdeführer kann aber nicht dadurch in seinen Rechten verletzt sein, daß ihm die Behörde nicht weitere bzw. andere Maßnahmen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes oder etwa im Sinne des § 12 Abs. 2 zweiter Satz LSchG die "möglichst wirksame Beseitigung der durch die Ausführung des Vorhabens hervorgerufenen Verletzungen von Interessen des Landschaftsschutzes" aufgetragen hat.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Diese Voraussetzungen liegen hier betreffend die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers vor, weil die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, soweit er sich an den Zweitbeschwerdeführer richtete, gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den oben zitierten Gesetzesstellen, insbesondere § 56 VwGG.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1990100154.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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