TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/27 93/10/0225

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Veröffentlicht am 27.03.1995
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Index

L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;
NatSchG Bgld 1990 §50 Abs6;
RPG Bgld 1969 §16 Abs3;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs4;
RPG Bgld 1969 §20 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in N, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. September 1993, Zl. IV-2232-1993, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 30. April 1992 stellte ein Organ der Naturschutzbehörde fest, daß auf dem Grundstück des Beschwerdeführers in N. ein Zubau zu einer bestehenden Hütte (überdachte Terrasse) errichtet worden sei.

Nach einem Vorhalt der Rechtslage durch die BH beantragte der Beschwerdeführer am 10. August 1992 die "Genehmigung für den Zubau einer Lagerhütte ... laut beiliegender Baubeschreibung". Auf dem Erhebungsbogen gab er an, daß das Bauvorhaben Hobbyzwecken diene; als Begründung für die Notwendigkeit der Baumaßnahme führte er den "Schutz der bestehenden Hütte" an.

Die BH holte Stellungnahmen von Abteilungen der belangten Behörde ein. Diese legten dar, es handle sich bei dem Zubau um eine überdeckte Terrasse im Ausmaß von 7,50 x 3,0 m. Nach dem beigefügten Plan diene die Hütte als Stall und Rauhfutterlager; es sei nicht ersichtlich, wie eine überdeckte Terrasse - entsprechend den Angaben des Beschwerdeführers - "Zum Schutz der bestehenden Hütte" dienen solle. Für den Schutz der Verkleidung und der tragenden Teile der Lagerhütte vor Witterungseinflüssen sei der Anbau einer überdachten Terrasse nicht notwendig; es gebe andere Schutzmaßnahmen, wie z.B. Schutzanstriche.

Die BH hielt dem Beschwerdeführer diese Stellungnahmen vor; sie vertrat im Vorhalt u.a. die Auffassung, die vorliegende Baumaßnahme stelle keine solche dar, die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes auf die Erzielung von Einkünften abziele.

Der Beschwerdeführer äußerte sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den zuletzt erwähnten Vorhalt - dahin, die Baumaßnahmen seien im Hinblick auf Schäden notwendig, die an der Lagerhütte entstanden seien.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1993 wies die BH den Antrag des Beschwerdeführers, die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Zubaues zur bestehenden Hütte (Terrassenüberdachung) zu erteilen, gemäß den §§ 5 lit. a Z. 1, 50 Abs. 6 und 56 Abs. 1 des Burgenländischen Natur- und Landschaftspflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 27/1991 (NSchG) in Verbindung mit § 20 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18, in der geltenden Fassung (RPG), ab. Ferner erteilte die BH einen auf § 55 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 56 Abs. 1 NSchG gestützten Wiederherstellungsauftrag, der nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Begründend vertrat die Behörde die Auffassung, das Bauvorhaben bedürfe nach den zitierten Vorschriften und im Hinblick darauf, daß das Grundstück als "Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt" im Flächenwidmungsplan ausgewiesen sei, einer Bewilligung. Der Erteilung einer Bewilligung stehe § 50 Abs. 6 NSchG in Verbindung mit § 20 RPG entgegen, weil die Baumaßnahme (überdachte Terrasse) sachlich und funktionell nicht mit einer landwirtschaftlichen Tätigkeit in Verbindung stehe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung "gegen die Versagung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Zubaues zur bestehenden Hütte". Begründend führte er aus, an der Lagerhütte seien Schäden (Morschheit der Verkleidung und tragender Teile) entstanden. Die Errichtung eines überdachten Zubaues wäre die einzige Möglichkeit gewesen, die Lagerhütte vor dem Verfall zu bewahren. Schutzanstriche seien wenig erfolgversprechend.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend legte sie dar, die Voraussetzungen für die Abweisung des Bewilligungsantrages nach § 50 Abs. 6 NSchG in Verbindung mit § 20 RPG lägen vor, weil kein sachlicher oder funktioneller Zusammenhang des Bauvorhabens mit der widmungsgemäßen Nutzung (Landwirtschaft) gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht zunächst unter Hinweis auf § 81 Abs. 15 NSchG geltend, das NSchG sei im Beschwerdefall nicht

anzuwenden, weil mit der Errichtung des Zubaues

Ende 1990/Anfang 1991 begonnen worden sei.

Nach § 5 lit. a Z. 1 NSchG bedarf unter anderem die Errichtung und Erweiterung von Gebäuden und anderen hochbaulichen Anlagen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts- und Industriegebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis e, 15 Raumplanungsgesetz 1969 in der jeweils geltenden Fassung) ausgewiesen sind, einer Bewilligung.

Nach § 81 Abs. 15 NSchG finden auf Vorhaben, mit deren tatsächlicher Inangriffnahme noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden ist und für die eine Bewilligung nach den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes 1961 in der geltenden Fassung oder der auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnungen nicht zu erwirken gewesen ist, die Bestimmungen des § 5 keine Anwendung. Zur tatsächlichen Inangriffnahme eines Vorhabens zählt jede auf die Errichtung gerichtete bautechnische Maßnahme, nicht jedoch eine Vorbereitungshandlung. Den Nachweis, daß mit der tatsächlichen Inangriffnahme noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden ist, hat der Verfügungsberechtigte zu erbringen.

Mit den oben wiedergegebenen Darlegungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf, weil im Verwaltungsverfahren weder Anhaltspunkte dafür vorlagen noch behauptet wurde, mit der "tatsächlichen Inangriffnahme des Vorhabens" sei vor dem 1. März 1991 (vgl. § 80 Abs. 1 NSchG) begonnen worden; umsoweniger kann davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer im Sinne des letzten Satzes des § 81 Abs. 15 leg. cit. den entsprechenden Nachweis (angeboten und sodann) erbracht hätte.

Die Beschwerde macht weiters geltend, der "Zubau" entspreche dem Flächenwidmungsplan, weil der Beschwerdeführer auf der Liegenschaft die Fischzucht betreibe. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 RPG, die in der Beschwerde im Gesetzestext wiedergegeben werden, lägen vor.

Auch mit diesen Darlegungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

Gemäß § 50 Abs. 6 NSchG ist das Ansuchen ohne Durchführung eines Verfahrens abzuweisen, wenn die beantragte Bewilligung dem Landesraumordnungsplan (§ 2a Raumplanungsgesetz 1969 in der jeweils geltenden Fassung) oder dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspricht.

Gemäß § 20 Abs. 1 RPG sind Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

Gemäß § 20 Abs. 4 leg. cit. fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2.

Gemäß § 20 Abs. 5 ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, daß

a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,

b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,

c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und

d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.

Ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan läge - im Hinblick auf die Widmung "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" - nur dann nicht vor, wenn nach dem Inhalt der angestrebten naturschutzrechtlichen Bewilligung die Nutzung auf eine Art erfolgte, die mit der Widmung als "für die Landwirtschaft bestimmt" (vgl. § 16 Abs. 3 RPG) in Einklang stünde (vgl. das Erkenntnis vom 15. November 1993, Zl. 92/10/0432). Dies ist dann der Fall, wenn das geplante Vorhaben für die landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 20 Abs. 4 und 5 RPG notwendig ist.

Die oben wiedergegebenen Beschwerdeausführungen zeigen nicht auf, daß der angefochtene Bescheid in der Beurteilung der Notwendigkeit des Vorhabens für die landwirtschaftliche Nutzung rechtswidrig wäre. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren lediglich "Hobbyzwecke" geltend gemacht hat. Die Beschwerde tritt auch der Auffassung, es sei nicht ersichtlich, inwiefern eine überdachte Terrasse mit Zwecken der Landwirtschaft im Zusammenhang stehe, nicht konkret entgegen; insbesondere zeigt sie nicht auf, worin der sachliche und funktionelle Zusammenhang (vgl. § 20 Abs. 5 lit. a RPG) des Terrassenzubaues mit dem nunmehr geltend gemachten Zweck "Fischzucht" bestehen sollte.

Die Beschwerde zeigt somit auch insoweit keine Rechtswidrigkeit der auf § 50 Abs. 6 NSchG in Verbindung mit § 20 RPG gestützten Abweisung des Bewilligungsantrages auf. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993100225.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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