TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/28 94/19/1105

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Veröffentlicht am 28.03.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. März 1994, Zl. 4.302.225/3-III/13/91, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Asylwesens, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich stellte mit Bescheid vom 19. März 1991 fest, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Zaires, nicht Flüchtling sei. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid als verspätet zurückgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, erwogen:

Der Beschwerdeführer geht - ebenso wie die belangte Behörde - davon aus, daß der erstinstanzliche Bescheid am 26. März 1991 zugestellt wurde und der letzte Tag für die fristgerechte Einbringung einer Berufung somit der 9. April 1991 gewesen wäre. Anders als die belangte Behörde, die annahm, daß die Berufung erst am 10. April 1991 eingebracht worden sei (an diesem Tag ist sie laut Eingangsstempel der Behörde erster Instanz bei dieser in Linz eingelangt, zur Post wurde die Sendung in Vöcklabruck gegeben, der Postaufgabestempel auf dem Briefumschlag ist unleserlich), geht der Beschwerdeführer davon aus, daß die Postaufgabe des mit 9. April 1991 datierten Schriftsatzes noch rechtzeitig, d.h. am 9. April 1991, erfolgt sei. Er verweist diesbezüglich auf das in der Kanzlei seines Rechtsfreundes geführte Postaufgabebuch, aus dem sich ergebe, daß unter der Aufgabenummer 885 am 9. April 1991 ein eingeschriebener Brief an die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich zur Post gegeben worden sei; dieser Brief habe die Berufung in der gegenständlichen Verwaltungsrechtssache zum Inhalt gehabt, was aus dem unter Aufgabenummer 885 enthaltenen Vermerk "326/90" hervorgehe. Diese Ziffernfolge sei die kanzleiinterne Aktenzahl für das gegenständliche Verfahren; diese Aktenzahl sei auch auf der ersten Seite der Berufungsschrift zu ersehen. Tatsächlich enthält das dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegte Postaufgabebuch bei der Eintragung, die sich behauptetermaßen auf die strittige Aufgabe beziehen soll, den Poststempel des Postamtes 4840 Vöcklabruck mit dem Datum 9.4.91.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trägt die Berufungsbehörde das Risiko der Aufhebung des Bescheides, wenn sie dem Berufungswerber - wie hier - die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist nicht zur Stellungnahme vorhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1994, Zl. 94/20/0095, mit weiteren Nachweisen). Dadurch, daß die belangte Behörde von der Einholung einer derartigen Stellungnahme des Beschwerdeführers bzw. von der Durchführung entsprechender Ermittlungen - deren Ergebnisse dem Parteiengehör zu unterziehen gewesen wären - abgesehen hat, hat sie ihren Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet. Dieser erweist sich angesichts des Umstandes, daß dann, wenn die Angaben des Beschwerdeführers zutreffen, die Berufungsfrist gewahrt wäre, als wesentlich, sodaß nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Eingabengebühr war abzuweisen, da die Beschwerde nur mit zwei Ausfertigungen einzubringen und daher auch nur insoweit zu vergebühren war.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994191105.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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