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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §122 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde
1. der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien und 2. der Stadt Wien, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. April 1993, Zl. 3-30 P 231-93/50, betreffend einstweilige Verfügung nach § 122 WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: Josef P in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 16. Februar 1993 haben die beschwerdeführenden Parteien bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur (BH) einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 eingebracht, womit zur Schließung des Dammes unterhalb der ehemaligen B.-Grube als erforderliche Maßnahmen die Einbringung von großen Steinen, das Einsetzen eines Holzrechens und die Sicherung der Flankenuntersetzung einer kurzen Leistungsfrist angeordnet werden sollen.
Diesen Antrag hat die BH mit Bescheid vom 23. März 1993 gemäß den §§ 98 und 122 WRG 1959 als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung im wesentlichen damit, daß Inhalt einer einstweiligen Verfügung nur eine Angelegenheit sein kann, die auch nach den sonstigen wasserrechtlichen Bestimmungen einer Erledigung zugänglich ist. Die beantragten Maßnahmen würden jedoch im § 138 WRG 1959 keine Deckung finden, sodaß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ins Leere gehe.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien insbesondere vor, daß die mP selbst, aber auch als Rechtsnachfolger des bereits im Schotterabbau tätig gewesenen Vaters der mP, wasserrechtlich nicht bewilligte Veränderungen des Geländes im Bereich der K.-Schütt durch Schotterabbau verursacht habe, wobei durch rückschreitende Erosion bis in die sogenannte B.-Grube sowie durch "gefährdete Standfestigkeit" der Nachbarliegenschaften der beschwerdeführenden Parteien diese in ihren Rechten betroffen seien. Der durch eigenmächtig vorgenommene Neuerungen geschaffene Zustand sei nach § 138 WRG 1959 zu beseitigen. Eine besondere Sicherung könne vor allem nach § 138 Abs. 1 lit. b leg. cit. aufgetragen werden.
Unter Bezugnahme auf einen gemäß § 138 WRG 1959 mit Bescheid der BH vom 12. Dezember 1979 erteilten wasserpolizeilichen Auftrag, wonach die mP den Geländebestand "gemäß dem Gutachten K." wiederherstellen müsse, hätte auch der, durch die rückschreitende Erosion infolge der "unerlaubten" Neuerung eingetretene Verlust der Barriere im Bereich unterhalb der B.-Grube ausgeglichen und die Bodenausformung, wie sie bei Verwirklichung "des Projektes K."
gegeben wäre, aufgetragen und hergestellt werden müssen. Entgegen der Auffassung der BH seien die von den beschwerdeführenden Parteien im Zuge einer einstweiligen Verfügung geforderten Maßnahmen "in einem später zu erteilenden endgültigen Auftrag gemäß § 138 WRG" gedeckt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung führte die belangte Behörde hinsichtlich der begehrten einstweiligen Verfügung unter anderem aus, daß infolge gänzlicher Einstellung der Schottergewinnung eine "vorübergehende Gefahr" im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "nicht aktuell" sei. Für den Schotterabbau hätten zwei wasserrechtliche Bewilligungen aus den Jahren 1959 und 1979 bestanden (offensichtlich gemeint:
die dem Rechtsvorgänger der mP nach den §§ 9, 98 und 107 WRG erteilte "nachträgliche" wasserrechtliche Bewilligung für die über den Gemeingebrauch hinausgehende Schotterentnahme aus dem Bachbett des K.-Baches (der K.-Schütt) aufgrund des Bescheides der BH vom 9. November 1959 sowie die gemäß den §§ 9, 21, 98, 107 und 111 WRG 1959 gemäß Spruchpunkt II des Bescheides der BH vom 7. Februar 1979 befristet und unter Einhaltung diverser Vorschreibungen erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Schotterentnahme in der K.-Schütt, Gst. Nr. 851/1, KG. S., im Ausmaß von ca. 330.000 m3). Ein wasserrechtliches Überprüfungsverfahren im Sinne des § 121 WRG 1959 sei hierüber noch nicht zum Abschluß gebracht worden. Seitens der beschwerdeführenden Parteien sei als an die Schottergrube der mP angrenzende Grundeigentümer ein Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 WRG 1959 gestellt worden, wobei dieses Verfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides infolge einer Devolution nach § 73 AVG bei der Obersten Wasserrechtsbehörde anhängig gewesen sei. Im Rahmen dieses Verfahrens werde auch zu klären sein, ob die rückschreitende Erosion im "Anknüpfungsbereich zur sogenannten B.-Grube" als nachteilige Auswirkung rechtmäßig durchgeführter Schotterentnahmen oder allenfalls auf darüber hinausgehende Materialentnahmen zurückzuführen sei.
Im Falle einer "bloß vorläufigen Gefahrenabwehr" (nach § 122 WRG 1959) müsse jedenfalls ein sachlicher und rechtlicher Konnex zwischen der als einstweiliger Verfügung zu treffenden "Veranlassung" und der endgültigen Maßnahme bestehen. Ferner müsse bereits zum Zeitpunkt der Erlassung einer einstweiligen Verfügung feststehen, auf welche Rechtsgrundlage die "endgültige Regelung" gestützt werden könne. Rechtsgrundlage für eine endgültige Maßnahme solle schließlich (wie auch aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien hervorgehe) ein wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 138 WRG 1959 sein.
Nach Ansicht der belangten Behörde überschreite jedoch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 16. Februar 1993 bezüglich des begehrten Umfangs der anzuordnenden Maßnahmen die Grenzen eines wasserpolizeilichen Auftrags nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht "auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung in Teilvorwegnahme der Durchsetzung bestehender wasserrechtlicher Aufträge" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte; einen derartigen Antrag stellte auch die mP im Rahmen einer von ihr erstatteten Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch Bestätigung der in erster Instanz erfolgten Zurückweisung infolge Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Parteien im angefochtenen Bescheid konnten diese nicht in ihren Rechten verletzt werden, da sowohl im erstinstanzlichen als auch im angefochtenen Bescheid eine Sachentscheidung von den Behörden getroffen wurde (vgl. das zu einer ähnlichen Sachlage ergangene hg. Erkenntnis vom 24. März 1971, Slg. NF Nr. 7995/A).
Gemäß dem ersten Satz des § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen.
Unter Gefahr im Verzug ist eine Situation, die zur Abwehr einer bestehenden oder wahrscheinlichen Gefahr ein sofortiges behördliches Einschreiten erfordert, zu verstehen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1987, 86/07/0230).
Im Zuge der Berufung führten die beschwerdeführenden Parteien unter Verweis auf die aufgetretenen Erosionserscheinungen lediglich aus, daß sie insbesondere auf eine sachgerechte Wiederherstellung des durch den Schotterabbau in Mitleidenschaft gezogenen Geländes bestehen. Die einstweilige Verfügung solle die künftige Verwirklichung der Wiederherstellung sichern und zugleich auch die Gefahr weiteren Grundverlustes hintanhalten.
In der Beschwerde bringen die beschwerdeführenden Parteien hiezu unter anderem vor, es sei eine irrige Anwendung der belangten Behörde, daß durch Einstellung des Schotterabbaues "die Gefahr aus der bisher nicht nur nicht bewilligten, sondern gegen bestehende rechtskräftige Bescheide verstoßende Tätigkeit beseitigt sei." Sie verweisen unter Bezugnahme auf Gutachten aus anderen - insbesondere wasserrechtlichen - Verfahren auf die von einer Abtiefung im Unterlauf des K.-Baches ausgehende Gefährdung des bedrohten Bestandes ihrer Liegenschaften hin.
Damit konnten die beschwerdeführenden Parteien jedoch nicht darlegen, daß tatsächlich Gefahr im Verzug vorliegt und somit ein sofortiges Einschreiten durch die Behörde zur Abwendung dieser Gefahr erforderlich gewesen wäre. Im Ergebnis konnten daher die auf § 122 Abs. 1 WRG 1959 gestützten Anträge der beschwerdeführenden Parteien zu Recht abgewiesen werden. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die von den beschwerdeführenden Parteien geforderten Maßnahmen im Rahmen einer einstweiligen Verfügung angeordnet werden hätten können.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich somit die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz - hinsichtlich der mP im Rahmen des gestellten Begehrens - gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993070072.X00Im RIS seit
12.11.2001