TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/29 95/10/0036

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Veröffentlicht am 29.03.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §21 Abs2;
ZustG §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des E in H, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 3. Jänner 1995, Zl. 1-0156 bis 1-0158/94/K3, betreffend Zurückweisung von Berufungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Jänner 1994 als verspätet zurück.

Sie ging von folgendem Sachverhalt aus:

Die Zustellung der Straferkenntnisse in der Wohnung des Beschwerdeführers sei am 13. und 14. Jänner 1994 erfolglos versucht worden. Beim ersten Zustellversuch am 13. Jänner 1994 habe der Zusteller Aufforderungsschreiben in den Briefkasten des Beschwerdeführers eingelegt. Beim zweiten Zustellversuch am 14. Jänner 1994 habe der Zusteller Hinterlegungsanzeigen in den Briefkasten des Beschwerdeführers eingelegt; am selben Tag seien die Sendungen beim Postamt H. hinterlegt worden. Der Beschwerdeführer sei vom 4. Jänner bis 12. Jänner 1994 in Italien gewesen; Behauptungen des Beschwerdeführers, seine Abwesenheit von der Abgabestelle habe infolge eines Aufenthaltes in Italien bis 17. bzw. 18. Jänner 1994 gedauert, folgte die belangte Behörde auf Grund einer näher dargelegten Beweiswürdigung nicht. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes ging die belangte Behörde davon aus, daß die Rechtsmittelfrist am 14. Jänner 1994 begonnen und am 28. Jänner 1994 geendet habe. Die am 24. Februar 1994 eingebrachte Berufung sei daher verspätet. Eine vom Beschwerdeführer behauptete zweite Zustellung am 10. Februar 1994 sei im Hinblick auf die wirksam erfolgte "erste" Zustellung ohne rechtliche Wirkung. Ergänzend wies die belangte Behörde darauf hin, daß sich keine andere Beurteilung ergäbe, wenn der Beschwerdeführer bis 17. Jänner 1994 von der Abgabestelle abwesend gewesen wäre. Diesfalls wäre im Hinblick auf seine Rückkehr an die Abgabestelle an diesem Tag die Zustellung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG am 18. Jänner 1994 wirksam geworden; auch in diesem Fall wären die am 24. Februar 1994 eingebrachten Berufungen verspätet gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 ZustG lautet:

"(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde in der Frage der Dauer der Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle; der Beschwerdebehauptung zufolge sei der Beschwerdeführer erst am 17. Jänner 1994 an die Abgabestelle zurückgekehrt.

Diese Darlegungen können der Beschwerde im Hinblick auf § 17 Abs. 3 letzter Satz ZustG nicht zum Erfolg verhelfen. Unterstellt man nämlich die Behauptung der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei am 17. Jänner 1994 - und somit innerhalb der am 14. Jänner 1994 beginnenden, frühestens am 28. Jänner 1994 endenden Abholfrist - an die Abgabestelle zurückgekehrt, als richtig, so hätte die zweiwöchige Berufungsfrist (vgl. § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG) am 1. Februar 1994 geendet. Auch in diesem Fall wären die am 24. Februar 1994 eingebrachten Berufungen verspätet gewesen; die belangte Behörde hätte somit selbst auf der Grundlage einer Feststellung, der Beschwerdeführer wäre (nicht schon am 14. Jänner 1994, sondern erst) am 17. Jänner 1994 an die Abgabestelle zurückgekehrt, zu keinem anderen Bescheid kommen können.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die Hinterlegung am 14. Jänner 1994 sei nicht gesetzmäßig erfolgt, weil auf den Rückscheinen nicht "angekreuzt" worden sei, ob ein zweiter Zustellversuch angekündigt bzw. der Beschwerdeführer über die Hinterlegung verständigt worden sei.

Auch diese Darlegungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Die Wirksamkeit der Hinterlegung setzt nach § 17 Abs. 2 ZustG eine schriftliche Verständigung von der Hinterlegung voraus, die (primär; vgl. hiezu das Erkenntnis vom 24. September 1986, Slg. 12240/A) in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen ist und den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen hat. Die Beschwerde tritt der Feststellung des angefochtenen Bescheides, der Zusteller habe anläßlich des ersten Zustellversuches Aufforderungsschreiben und anläßlich des zweiten Zustellversuches Verständigungen von der Hinterlegung in den Briefkasten des Beschwerdeführers eingelegt, nicht entgegen. Sie behauptet auch nicht, daß die Hinterlegungsanzeigen nicht den nach dem Gesagten notwendigen Inhalt aufgewiesen hätten. Daß auf den - zum Nachweis der Zustellung dienenden - Rückscheinen die Rubrik "Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt" nicht angekreuzt war, ist angesichts der unbekämpften Feststellung des angefochtenen Bescheides, die Verständigungen von der Hinterlegung seien in den Briefkasten des Beschwerdeführers eingelegt worden, ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der Zustellung; denn es besteht keine Vorschrift des Inhaltes, wonach die erwähnte Feststellung ausschließlich auf Grund entsprechender Eintragungen auf dem Rückschein getroffen werden dürfte.

Auch aus dem Umstand, daß die Straferkenntnisse erster Instanz dem Beschwerdeführer im Zuge von Erhebungen durch die Gendarmerie am 10. Februar 1994 ausgefolgt wurden, ist für den Standpunkt der Beschwerde nichts zu gewinnen.

Nach § 6 ZustG ist die erste Zustellung maßgebend, wenn das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt wird.

Nach dem oben Gesagten wurden die Straferkenntnisse dem Beschwerdeführer bereits vor ihrer Ausfolgung am 10. Februar 1994 gültig zugestellt. Selbst unter der Annahme, daß es sich bei der Ausfolgung der Straferkenntnisse durch Gendarmerieorgane um eine "gültige Zustellung des gleichen Schriftstückes" im Sinne des § 6 ZustG gehandelt hätte, wäre durch diesen Vorgang der Lauf der Berufungsfrist nicht neuerlich in Gang gesetzt worden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. April 1988, Zl. 87/12/0043).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter Grundsatz der Unbeschränktheit freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995100036.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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