TE Vfgh Beschluss 1992/12/9 B1463/92

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Veröffentlicht am 09.12.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags nach Versäumung eines Mängelbehebungsauftrags; Nichtvorlage des Bescheides mangels Verfügbarkeit eines funktionsfähigen Kopiergeräts kein minderer Grad des Versehens

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller erhob beim Verfassungsgerichtshof eine (selbstverfaßte), auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 7. Jänner 1992, Z B111-6/90.

Mit Verfügung vom 6. März 1992 forderte der Verfassungsgerichtshof den Antragsteller auf, binnen vier Wochen die Beschwerde durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Gleichzeitig wurde der Antragsteller auf die Möglichkeit, innerhalb der gesetzten Frist einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu stellen, hingewiesen und aufgefordert, dem Antrag den angefochtenen Bescheid in Urschrift, Gleichschrift, Abschrift oder Kopie anzuschließen. Auf die Säumnisfolgen des §19 Abs3 VerfGG wurde der Antragsteller aufmerksam gemacht.

Daraufhin stellte der Antragsteller unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses fristgerecht einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, ohne jedoch den angefochtenen Bescheid vorzulegen.

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe sowie die Beschwerde wurden daher mit Beschluß vom 24. Juni 1992, B285/92, wegen eines nichtbehobenen Mangels eines formellen Erfordernisses gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG bzw. §19 Abs3 litc VerfGG zurückgewiesen.

2. Mit der am 19. September 1992 zur Post gegebenen Eingabe begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Mängelbehebung. Er begründet seinen Antrag im wesentlichen damit, daß er sich "zum Zeitpunkt der Erfüllung des Verbesserungsauftrages" an einem Ort aufhielt, wo er nur ein defektes Kopiergerät zur Verfügung hatte, weshalb er keine Kopie des angefochtenen Bescheides vorlegen konnte. Er sei überdies der Überzeugung gewesen, daß es genüge, den Antrag auf Verfahrenshilfe zu stellen und den Bescheid erst gemeinsam mit der durch den Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde vorzulegen.

II. Der Antrag ist nicht begründet.

1. Gemäß §33 VerfGG kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen (§§146 ff.) der ZPO (idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135) sinngemäß anzuwenden. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Darunter ist, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (zB VfSlg. 9817/1983, 10341/1985), leichte Fahrlässigkeit zu verstehen.

2. Diese Voraussetzungen liegen hier, wenn man vom Antragsvorbringen ausgeht, nicht vor: Es kann nicht als "minderer Grad des Versehens" iSd §146 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG gewertet werden, wenn der Antragsteller der in der Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1992 enthaltenen eindeutigen Aufforderung, den angefochtenen Bescheid vorzulegen, nicht nachkam, weil er kein funktionsfähiges Kopiergerät zu seiner unmittelbaren Verfügung hatte. Ebensowenig kann von einer bloß leichten Fahrlässigkeit die Rede sein, wenn der Antragsteller die rechtzeitige Vorlage des Bescheides (auch deshalb) unterließ, weil er entgegen dem Wortlaut der Aufforderung des Gerichtshofes der Ansicht war, daß es wohl genügen könnte, den angefochtenen Bescheid gemeinsam mit der Beschwerde zu übermitteln.

Das Vorbringen des Antragstellers war daher nicht geeignet, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen.

Der Antrag war sohin abzuweisen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §33 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1463.1992

Dokumentnummer

JFT_10078791_92B01463_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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