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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §302;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des Mag.pharm. G in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. November 1994, Zl. Vd-San-5038/84, betreffend Zurücknahme einer Apothekenkonzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 27. Februar 1987 war dem Beschwerdeführer die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in W. erteilt worden.
Gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerden hatte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnissen vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, und vom 18. Mai 1992, Zl. 90/10/0101, als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 25. März 1993 hatte die Bezirkshauptmannschaft Schwaz dem Beschwerdeführer die Frist zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Apotheke in W. bis zum 9. April 1994 erstreckt. Der Beschwerdeführer hat bisher ein Apothekenunternehmen in W. nicht begründet.
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 1993 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem Landeshauptmann von Tirol, auf die ihm erteilte Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer Apotheke in W. unter der Bedingung der Erteilung dieser Konzession an Mag.pharm. Elisabeth L. zu verzichten.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 1993 erteilte der Landeshauptmann von Tirol der Mag.pharm. Elisabeth L. über deren Antrag im "verkürzten Verfahren" im Sinne des § 46 Abs. 2 ApG die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in
W.
Dr. Gerhard U. hatte am 8. Oktober 1993 ebenfalls die Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer Apotheke in W. (im verkürzten Verfahren) beantragt. Er brachte u. a. vor, der Beschwerdeführer habe sich gegenüber Mag.pharm. Reinhard Sch. verpflichtet, die ihm erteilte Konzession zugunsten eines von Mag.pharm. Sch. namhaft zu machenden Konzessionswerbers zurückzulegen und die für die Erteilung der Konzession an den namhaft gemachten Konzessionswerber erforderlichen Erklärungen abzugeben. Mag.pharm. Sch. habe gegenüber dem Beschwerdeführer ihn - den Dr. Gerhard U. - als Konzessionswerber namhaft gemacht.
Diesen Antrag wies der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 15. November 1993 ab.
Über Berufung des Dr. Gerhard U. behob der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz mit Bescheid vom 25. November 1994 den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. Oktober 1993, mit dem Mag.pharm. Elisabeth L. die beantragte Apothekenkonzession erteilt worden war, und wies den Konzessionsantrag der Mag.pharm. Elisabeth L. ab.
Die von Dr. Gerhard U. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 15. November 1993, mit dem sein Konzessionsantrag abgewiesen worden war, erhobene Berufung wies der Bundesminister mit dem erwähnten Bescheid ab.
Mit Bescheid vom 9. Mai 1994 nahm die Bezirkshauptmannschaft Schwaz die dem Beschwerdeführer erteilte Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer Apotheke in W. gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG zurück.
Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Tirol mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ab. Spruchpunkt II. des Bescheides, mit dem die Berufung gegen den einen Fristerstreckungsantrag des Beschwerdeführers zurückweisenden Bescheid der BH zurückgewiesen wurde, ist im Hinblick auf die Fassung des Beschwerdepunktes nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Begründend vertrat die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges im wesentlichen folgende Auffassung:
Der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, die Eröffnung einer Apotheke in W. zu beabsichtigen. Er strebe ausschließlich die "Weitergabe der Konzession" an. Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, daß eine als erforderlich erkannte Heilmittelabgabestelle zügig errichtet werde. Während der langen Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei das Zuwarten mit der Zurücknahme noch gerechtfertigt gewesen; in Anbetracht der langen Zeit seit Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei ein weiteres Zuwarten nicht mehr gerechtfertigt. Der Apothekenstandort W. sei bereits seit mehr als sieben Jahren durch eine rechtskräftige, aber nicht in die Realität umgesetzte Konzession blockiert. Dieser Zustand könne nicht mehr hingenommen werden, und zwar sowohl im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung als auch im Hinblick auf andere Interessenten, die in diesem Bereich eine öffentliche Apotheke errichten möchten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG kann die Zurücknahme der Konzession zum Betriebe einer öffentlichen Apotheke erfolgen, wenn die Apotheke binnen einem Jahr nach Ausfolgung der Konzessionsurkunde nicht in Betrieb gesetzt wird.
Die Vorschrift dient dem Schutz des öffentlichen Interesses, daß die an dem betroffenen Standort als erforderlich erkannte Apotheke zügig errichtet werde; es soll ein gewisser Druck auf den Konzessionär ausgeübt werden, die im öffentlichen Interesse als notwendig erkannte Apotheke auch tatsächlich einzurichten und nicht einen Apothekenstandort sozusagen zu blockieren. Die Einräumung von Ermessen soll eine gewisse Elastizität der Handhabung gewährleisten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1991, Zl. 86/08/0159).
Im vorliegenden Zusammenhang ist weiters von Bedeutung, daß die "bedingte Konzessionszurücklegung" durch den bisherigen Konzessionär zugunsten des Erwerbers eines Apothekenunternehmens zwar in der Praxis üblich sein mag, abgesehen von dem hier nicht zu beurteilenden Fall, daß der Konzessionswerber bereits Inhaber einer Apothekenkonzession ist (vgl. § 46 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 und § 3 Abs. 7 ApG) aber nicht gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung der Erteilung der Konzession an den Erwerber ist (vgl. hiezu Orator, Zivil- und verwaltungsrechtliche Aspekte der Apothekenübertragungen, ÖAZ 1971, 648, 652; Wiederin, Übergang und Verlegung konzessionierter öffentlicher Apotheken, FS Winkler, 237, 248). Ob die Konzessionserteilung an einen Bewerber im "verkürzten Verfahren" gemäß § 46 Abs. 2 ApG zu erfolgen hat, hängt vom "Nachweis des Überganges des gesamten Apothekenunternehmens unter der Voraussetzung der Konzessionserteilung an den Bewerber" ab (vgl. § 46 Abs. 2 ApG) und nicht von der "bedingten Konzessionszurücklegung" des bisherigen Inhabers.
Wird im Hinblick auf den "Übergang" eines Apothekenunternehmens auf einen Erwerber diesem im Sinne des § 15 Abs. 1 letzter Halbsatz in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ApG eine neue Konzession erteilt, so geht damit die Konzession des bisherigen Konzessionsinhabers unter (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1970, Slg. 7734/A, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beschwerde macht zunächst Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides (sinngemäß) mit der Begründung geltend, die belangte Behörde hätte das Verfahren gemäß § 38 AVG aussetzen und mit der Entscheidung im Zurücknahmeverfahren bis zur Entscheidung im Verfahren über die Erteilung der Apothekenkonzession an Mag.pharm. Elisabeth L. zuwarten müssen. Diesfalls hätte sich - im Hinblick darauf, daß dem Berufungswerber Dr. Gerhard U. im Konzessionsverfahren der Mag.pharm. Elisabeth L. keine Parteistellung zugekommen sei - herausgestellt, daß der Bescheid, mit dem Mag.pharm. Elisabeth L. die Apothekenkonzession erteilt worden war, bereits am 22. Oktober 1993 - und somit vor Erlassung des Zurücknahmebescheides gegenüber dem Beschwerdeführer in erster Instanz - in Rechtskraft erwachsen war.
Damit macht die Beschwerde der Sache nach geltend, die belangte Behörde habe bei der Erlassung des Zurücknahmebescheides die Wirkungen jenes Bescheides nicht beachtet, mit dem Mag.pharm. Elisabeth L. die "neue Konzession" erteilt worden sei; diese seien - insbesondere im Hinblick auf die mangelnde Parteistellung desjenigen, der gegen diesen Bescheid Berufung erhoben habe - mit der Erlassung des Konzessionsbescheides in erster Instanz bzw. dem Ablauf der Rechtsmittelfrist und somit vor Erlassung des Zurücknahmebescheides gegenüber dem Beschwerdeführer eingetreten.
Dies könnte der Beschwerde selbst dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn man die Auffassung, die Rechtskraft des gegenüber Mag.pharm. Elisabeth L. erlassenen "neuen" Konzessionsbescheides sei vor der Erlassung des angefochtenen Zurücknahmebescheides gegenüber dem Beschwerdeführer eingetreten, als richtig unterstellt.
Die Erteilung der Konzession an Mag.pharm. Elisabeth L. hätte nämlich, wie oben unter Hinweis auf Vorjudikatur bereits dargelegt wurde, ipso iure (ohne gesonderten bescheidmäßigen Abspruch) den Untergang der dem Beschwerdeführer erteilten Konzession zur Folge gehabt. Im Falle des Eintrittes der Wirkungen des neuen Konzessionsbescheides vor Erlassung des Zurücknahmebescheides, den die Beschwerde unterstellt, wäre der Zurücknahmebescheid somit nicht geeignet gewesen, die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil zu verändern; denn es handelte sich diesfalls lediglich um die - die Rechtslage nicht gestaltende - "Zurücknahme" eines ohnedies bereits untergegangenen Rechts.
Die Beschwerde macht weiters eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch unter dem Gesichtspunkt geltend, daß die im § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG normierte Jahresfrist nicht zu laufen begonnen habe, weil es zu der in der zitierten Vorschrift normierten "Ausfolgung der Konzessionsurkunde" nicht gekommen sei.
Dieser bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung ist die belangte Behörde zu Recht nicht gefolgt.
§ 51 Abs. 4 ApG in der Fassung des Stammgesetzes, RGBl. Nr. 5/1907, lautete:
"In der Entscheidung, mit welcher eine Konzession zum Betriebe einer Apotheke erteilt wurde, ist zugleich die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher die in § 11 bezeichnete Konzessionstaxe bei der politischen Behörde zu erlegen ist. Nach Rechtskraft dieser Entscheidung und nach dem Erlage der Konzessionstaxe ist die Konzessionsurkunde auszufertigen und dem Konzessionsinhaber auszufolgen."
In der Fassung der Apothekengesetz-Novelle 1984, BGBl. Nr. 502/1984, in Kraft getreten am 1. Jänner 1985 (Art. IV Abs. 1), lautet die zitierte Vorschrift:
"Im Bescheid, mit welchem die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erteilt wird, ist die Verpflichtung zur Entrichtung der Konzessionstaxe (§ 11) auszusprechen."
Eine gesetzliche Grundlage für die Ausstellung und Ausfolgung einer - von der Ausfertigung des Konzessionsbescheides zu unterscheidenden - "Konzessionsurkunde" im Sinne des § 51 Abs. 4 ApG 1907 (vgl. zu diesem Begriff das Erkenntnis vom 8. April 1975, Slg. Nr. 8798/A) besteht somit seit der ApG-Nov 1984 nicht. Dessen ungeachtet knüpft das Gesetz (§ 19 Abs. 1 Z. 1 ApG) für den Beginn des Laufes der dort normierten Frist weiterhin an die "Ausstellung der Konzessionsurkunde" an. Die der Beschwerde vorschwebende Auslegung dieser Vorschrift, wonach dem Begriff der "Konzessionsurkunde" ausschließlich jener Inhalt unterstellt werden kann, der dem § 51 Abs. 4 alte Fassung zugrunde lag, ist keineswegs zwingend. Diesfalls ergäbe sich die Unanwendbarkeit dieser Vorschrift, weil es zur Ausfolgung einer solchen "Konzessionsurkunde" mangels gesetzlicher Grundlage nicht kommt.
Derartiges ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes in der anzuwendenden Fassung noch kann dem Gesetzgeber der ApG-Nov 1984 unterstellt werden, eine solche Regelung schaffen zu wollen. Schon auf Grund der Beibehaltung der Regelung des § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber weiterhin der Gesetzeszweck vor Augen stand, im öffentlichen Interesse an einer flächendeckenden Heilmittelversorgung das "Blockieren" von Apothekenstandorten zu verhindern. Bei Bedachtnahme auf diesen Gesetzeszweck ist von einem Bedeutungswandel der in § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG verwendeten Begriffe auszugehen; die Grenzen des Wortsinnes werden dabei nicht überschritten. Der Begriff "Konzessionsurkunde" kann nämlich zwanglos als Bezeichnung der Ausfertigung des Konzessionsbescheides, die "Ausfolgung" als dessen - regelmäßig in Gestalt der Zustellung erfolgende - Erlassung verstanden werden. Die in § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG normierte Frist beginnt somit mit der Erlassung des Konzessionsbescheides gegenüber dem Konzessionsinhaber.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995100001.X00Im RIS seit
11.07.2001