TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/29 94/10/0151

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Veröffentlicht am 29.03.1995
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. August 1994, Zl. 18.327/18-IA8/94, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 29. April 1988 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) die Erteilung der Rodungsbewilligung für Teile der Waldparzellen 1630, 1627/2, 1627/1 und 1626, KG X, im Ausmaß von ca. 5 ha zum Zweck des Steinabbaues und der Herstellung von Flußbausteinen.

Die Gemeinde Kirchdorf sprach sich entschieden gegen das Rodungsvorhaben aus, weil davon nachteilige Einwirkungen auf das Landschaftsbild und die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde ausgingen und ein Bedarf an einem Steinbruch für den Gemeindebereich nicht bestehe.

Die Bezirksforstinspektion St. Johann in Tirol (BFI) übermittelte der BH ein vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenes geologisches Gutachten von Univ.-Prof. Dr. M., in welchem der Gutachter bestätigt, daß das abzubauende Gestein für die Gewinnung von Wasserbausteinen und Uferbausteinen sehr gut geeignet sei. In diesem Gutachten wird auch auf die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Kirchdorf eingegangen und die Auffassung vertreten, die der Speisung dieser Wasserversorgungsanlage dienenden Quellen würden mit Ausnahme der Quelle 4 durch den Steinbruch nicht berührt. Letztere werde im Zuge der Steinbrucherschließung zurückverlegt, aber nicht verlorengehen.

Die Abteilung Landesplanung des Amtes der Tiroler Landesregierung führte in ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 1988 aus, im Großraum Kitzbühel-Kufstein bestehe ein großer Bedarf an Steinen, besonders Flußbausteinen. Dieser Bedarf könne im Bezirk Kitzbühel nicht und im Bezirk Kufstein nur teilweise gedeckt werden.

Der forststechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung östliches Unterinntal, vertrat in einem Schreiben vom 23. August 1988 ebenfalls die Meinung, daß in Ermangelung geeigneter Gesteinsvorkommen im ganzen Bezirk Kitzbühel an einem Abbau von für Zwecke des Flußbaues geeigneten Steinen sehr großer Bedarf bestehe.

Schließlich bestätigte auch das Baubezirksamt Kufstein in seiner Stellungnahme vom 26. August 1988 den Bedarf nach dem geplanten Steinbruch.

Das Kulturbauamt Kufstein sprach sich im Schreiben vom 1. Februar 1989 gegen die geplante Rodung aus, weil durch Errichtung und Betrieb des Steinbruches die Quellen der Gemeinde Kirchdorf in Mitleidenschaft gezogen würden. Die Aussage im Gutachten von Univ.-Prof. Dr. M., daß die Quellen der Gemeinde nicht beeinträchtigt würden, stütze sich auf - aus näher dargelegten Gründen - unzutreffende Annahmen.

Der Amtssachverständige für Geologie kam in seinem Gutachten vom 16. Mai 1989 zu dem Ergebnis, bei Einhaltung von ihm vorgeschlagener Vorschreibungen sei eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung der Gemeinde Kirchdorf weitestgehend auszuschließen.

Das Baubezirksamt Kufstein betonte in einem Schreiben vom 14. September 1989 nochmals den Bedarf an Wasserbausteinen.

Am 4. Februar 1991 beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf den Landeshauptmann von Tirol.

In der Folge schränkte der Beschwerdeführer den Rodungsantrag auf eine Fläche von etwa 2,8 ha ein.

Der Landeshauptmann von Tirol holte unter Hinweis auf ein mittlerweile von der Gemeinde Kirchdorf vorgelegtes hydrogeologisches Gutachten und die Einschränkung des Rodungsvorhabens eine neuerliche Stellungnahme der Abteilung Landesplanung des Amtes der Tiroler Landesregierung ein.

Diese Abteilung führte in ihrem Schreiben vom 29. Mai 1991 aus, das nunmehr vorliegende hydrogeologische Gutachten komme in ganz wesentlichen Punkten zu anderen Aussagen als Univ.-Prof. Dr. M., daher sei es notwendig, die Beurteilung des Rodungsansuchens teilweise neu zu formulieren. An der Grundaussage, daß im Großraum Kitzbühel-Kufstein großer Bedarf an Steinen bestehe, der durch die bestehenden Steinbrüche nicht gedeckt werden könne, ändere sich nichts. Bezüglich der Einwirkungen auf das Landschaftsbild komme das Naturschutzgutachten von Dr. S zu anderen Aussagen als das des Sachverständigen bei der Naturschutzverhandlung in erster Instanz. Im Zuge des bisherigen Verfahrens seien Größe und Lage der Rodungsfläche mehrmals verändert worden. Eine gewisse Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei als sicher anzunehmen, doch könnte diese aus Sicht der Raumordnung dann in Kauf genommen werden, wenn das Steinbruchmaterial tatsächlich sehr hochwertig sein sollte. Eine völlig geänderte Situation habe sich aber durch die Erarbeitung eines sehr ausführlichen hydrogeologischen Gutachtens ergeben, das auch bezüglich der Gesteinsqualität zu anderen Aussagen als Univ.-Prof. Dr. M. komme. Demnach sei der Quellhorizont im Putzgraben nicht durch eine wasserstauende Formation bedingt, sondern habe sich durch sehr lang einwirkende physikalisch-chemische Lösungsvorgänge mit allmählicher Erweiterung der Gesteinsklüfte bis zum voreiszeitlichen Entwässerungs- = Talbodenniveau eingestellt. Die letzte Phase der Taleintiefung habe sich im vorherrschenden Dolomitgestein noch nicht ausgewirkt, sodaß die Quellen noch bei ca. 790 m Seehöhe, entsprechend dem ehemaligen Talniveau, entspringen würden. Die Aussage im geologischen Gutachten von Univ.-Prof. Dr. M. sei demnach unrichtig und damit auch der Schluß, daß durch den Steinbruch keine Beeinflussung der Quellen auftreten würde. Insbesondere existiere keine hydrogeologische Sperrschichte und der Quellbereich sei durch den Putzgraben auch nicht tektonisch vom Steinbruch isoliert, wie dies Univ.-Prof. Dr. M. angenommen habe. Damit bestehe die Gefahr, daß durch Sprengerschütterungen die Wasserwegigkeit des Gesteins verändert werde, wobei Prognosen laut dem von der Gemeinde vorgelegten hydrogeologischen Gutachten sehr schwierig seien; zudem gebe es aus jüngster Zeit Erfahrungen, daß bereits relativ geringfügige Materialabbauten Entlastungserscheinungen in der Umgebung hervorriefen, die sich massiv auf die Quellschüttung auswirken könnten. In zeitlicher Korrelation mit dem Bau eines Forstweges im Nahbereich der Quellen (Sprengungen und Materialumlagerungen) seien bereits deutliche Auswirkungen auf die Quellen (Änderungen im Chemismus durch Zugriff von oberflächennahem Wasser, Entstehung einer neuen Quelle, Schüttungsänderungen) aufgetreten. Durch den vorgesehenen, zwar weiter entfernten, aber sehr große Massen umfassenden Gesteinsabbau würde es zu einer ausgedehnten Entlastung des umgebenden Gesteinskörpers kommen, der sicher Auswirkungen auf die Bergwasserverhältnisse bis in den Bereich des Quelleinzugsgebietes hätte. Schließlich könnten sich auch die Erschütterungen durch den Kfz-Schwerverkehr negativ auf das Verhalten der Quellen auswirken. Ein weiterer Punkt werde im hydrogeologischen Gutachten zwar nur erwähnt, lasse aber bei Stichhaltigkeit die Wertigkeit des Steinbruches in ganz anderem Licht erscheinen und sei somit aus Raumordnungssicht ebenfalls von größter Bedeutung. Neue Aufschlüsse im Zuge des weiteren Wegebaues hätten ergeben, daß der ursprünglich erwartete 50 %ige Anteil an Flußbausteinen viel geringer sei, da die Gesteinsbänke sich als viel dünner als ursprünglich angenommen herausgestellt hätten. Damit werde dem wichtigsten Argument für die Steinbrucherrichtung aus Sicht der Raumordnung die Basis weitgehend entzogen. Auf Grund der angeführten Argumente könnten die Aussagen des Gutachtens vom 1. Dezember 1988 nicht mehr aufrechterhalten werden. Da zu vermuten sei, daß das zu gewinnende Gestein nur zu einem kleinen Teil für Flußbausteine geeignet sei und damit das Argument für die Errichtung eines Steinbruches an dieser Stelle sehr abgeschwächt werde und die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, daß die Unterburgquellen, die mit ca. 20 l/sec. Schüttung einen bedeutenden Teil der Gemeinde Kirchdorf versorgten, massiv beeinträchtigt würden, sei aus Sicht der Raumordnung die Rodung nicht in einem die Erhaltung des Waldes überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen.

In dem Schreiben wird noch darauf hingewiesen, daß die Stellungnahme im Einvernehmen mit dem Landesgeologen abgegeben werde.

Mit Bescheid vom 26. August 1991 wies der Landeshauptmann von Tirol den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers ab. Diese Entscheidung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Dezember 1991 aufgehoben.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1992 gab der Landeshauptmann von Tirol dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers statt, setzte aber gleichzeitig die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Rodungsbewilligung nach § 38 AVG aus. Eine dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 3. Juni 1992 abgewiesen. Dieser Bescheid verfiel der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1992, Zl. 92/10/0135. Daraufhin behob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 30. Juni 1993 den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Februar 1992.

In der Folge führte der Landeshauptmann von Tirol am 28. September 1993 über das Rodungsbegehren des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch. Dabei erklärte der Amtssachverständige für Kulturbautechnik, die Quelle 8 der Unterburgquellen, welche auf der linken Seite des Putzgrabens liege, sei in der Zwischenzeit gefaßt und in die Wasserversorgung der Gemeinde Kirchdorf eingeleitet worden. Diese Quelle stelle somit einen faktischen Bestandteil der Wasserversorgung der Gemeinde Kirchdorf dar. Die Quelle 8 liege unmittelbar im beantragten Rodungsbereich und es sei augenscheinlich, daß bei einem Bau und Betrieb des Steinbruches diese Quelle zur Gänze zerstört würde. Der Bedarf an der Schüttung der Quelle 8 sei in mehreren Wasserrechtsverfahren bereits nachgewiesen worden und bleibe unverändert. Daher ändere sich auch an der Stellungnahme des Kulturbauamtes, wonach die beantragte Bewilligung zum Bau und zum Betrieb eines Steinbruches abzulehnen sei, nichts.

Der Amtssachverständige für Geologie zitierte aus einem im Zuge eines bergrechtlichen Verfahrens abgegebenen Gutachten, aus dem sich ergebe, daß der Einzugsbereich der Quelle 8 sich auf den Bereich des geplanten Steinbruches erstrecke und daß eine Beeinträchtigung dieser Quelle durch den Steinbruchbetrieb zu erwarten sei.

Der Beschwerdeführer bot der Gemeinde Kirchdorf für den Fall des Versiegens der Quelle 8 infolge des Steinbruchbetriebes Ersatz durch Quellen in seinem Eigentum an. Dies wurde von der Gemeinde abgelehnt; der Amtssachverständige für Kulturbautechnik erklärte, die Sicherheit dieser Ersatzquellen sei genauso in Frage gestellt wie jene der Quellen 8, 3, 6 und 7. Hiezu komme, daß die angebotenen Ersatzquellen ebenfalls in dem für die Quellen 3, 6 und 7 beantragten Schutz- und Schongebiet situiert seien.

Schließlich wurde das forstrechtliche Verfahren bis zum Vorliegen eines vom Beschwerdeführer vorzulegenden sprengtechnischen Gutachtens vertagt.

Das geophysikalische und sprengtechnische Gutachten über die möglichen Auswirkungen eines Steinbruchbetriebes im Putzgraben auf die Unterburgquellen von

Univ.-Prof. Dr. Peter St. vom 6. Dezember 1993 ergab, daß bei Einhaltung näher beschriebener Maßnahmen der Betrieb des Steinbruchs für die Unterburgquellen QU 3, QU 6 und QU 7 unbedenklich, daß hingegen bei der Quelle QU 8 das Einzugsgebiet durch den Steinbruch unmittelbar betroffen werde und der Schutz dieser Quelle daher nicht möglich sei.

Der forsttechnische Amtsachverständige kommt in seinem Gutachten vom 10. Jänner 1994 zu dem Ergebnis, die beantragte Rodung sei vom forsttechnischen Standpunkt aus unbedenklich.

In der Folge ging die Zuständigkeit zur Entscheidung infolge eines Devolutionsantrages auf die belangte Behörde über. Diese wies mit Bescheid vom 30. August 1994 den Rodungsantrag des Beschwerdeführers unter Berufung auf die §§ 17 ff des Forstgesetzes 1975 (ForstG) ab. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, aus der Stellungnahme der Abteilung Landesplanung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 1988 gehe zunächst hervor, daß der geplante Steinabbau aus Sicht der überörtlichen Raumordnung zu befürworten, mithin also im öffentlichen Interesse gelegen sei. In weiterer Folge - insbesondere im Hinblick auf neuere geologische Erkenntnisse - sei diese Ansicht jedoch revidiert und in der Stellungnahme vom 29. Mai 1991 festgehalten worden, es ändere sich zwar nichts an der Aussage, daß im Großraum Kitzbühel-Kufstein großer Bedarf an Steinen bestehe, der durch die bestehenden Steinbrüche nicht gedeckt werden könne; der Anteil an Flußbausteinen jedoch sei viel geringer, als dies ursprünglich angenommen worden sei. Damit werde das Argument für die Errichtung eines Steinbruches an dieser Stelle sehr abgeschwächt. Da überdies die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, daß die Unterburgquellen, die einen bedeutenden Teil der Gemeinde Kirchdorf versorgten, massiv beeinträchtigt würden, liege das Rodungsvorhaben aus Sicht der Raumordnung nicht in einem die Erhaltung des Waldes überragenden öffentlichen Interesse. Da die Erteilung einer Rodungsbewilligung voraussetze, daß das Rodungsvorhaben im das Interesse an der Walderhaltung überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen sei, sei der Rodungsantrag im Hinblick auf die Stellungnahme der hiefür zuständigen Stelle beim Amt der Tiroler Landesregierung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, eine mögliche Beeinträchtigung der Unterburgquellen durch den Steinbruch dürfe in der Interessenabwägung nach § 17 ForstG nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon sei eine solche Beeinträchtigung der Quellen nicht gegeben. Außerdem habe der Beschwerdeführer der Gemeinde für den Fall, daß es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung kommen sollte, ausschüttungsreichere Quellen für die Wasserversorgung angeboten. Die Behörde lege ihrer Entscheidung offensichtlich lediglich die Stellungnahme der Abteilung Landesplanung vom 1. Dezember 1988 und vom 29. Mai 1991 zugrunde, nicht aber das Gutachten des Amtssachverständigen für Forsttechnik vom 10. Jänner 1994, aus dem sich ergebe, daß die Unterburgquellen QU 3, QU 6 und QU 7 überhaupt nicht beeinträchtigt würden; lediglich die QU 8 würde vom Steinbruch betroffen sein. Aus den von der Behörde eingeholten Stellungnahmen der Abteilung Landesplanung vom 1. Dezember 1988 und vom 29. Mai 1991 gehe deutlich hervor, daß im Großraum Kitzbühel-Kufstein großer Bedarf an den abzubauenden Gesteinsmaterialien bestehe, der durch die bereits existierenden Steinbrüche nicht gedeckt werden könne. Diesen Bedarf belegten auch deutlich weitere Stellungnahmen. Welchen Anteil an diesem Bedarf die Flußbausteine hätten, spiele keine Rolle, weil Bedarf nach dem gesamten Gesteinsmaterial bestehe. Damit sei ein triftiges öffentliches Interesse nachgewiesen. Die belangte Behörde habe auch nicht erhoben, inwieweit überhaupt die Quelle 8 für die Wasserversorgung der Gemeinde Kirchdorf erforderlich sei. Hätte sie entsprechende Erhebungen gepflogen, wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß dieser Quelle keine Bedeutung für die ausreichende Wasserversorgung der Gemeinde Kirchdorf zukomme. Der Gemeinde Kirchdorf sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Oktober 1971 hinsichtlich der Quellen 3, 6, 7 und 8 das Recht zur Fassung und Ableitung des Wassers bewilligt worden. Als Frist für die Fertigstellung sei der 30. Juni 1973 festgelegt worden. Während die Quellen 3, 6 und 7 für die Wasserversorgung der Gemeinde herangezogen worden seien, hätten überhaupt keine Arbeiten an der Quelle QU 8 stattgefunden. Das Wasser habe sich seither ungenützt in den sogenannten Putzgraben ergossen. Als die Gemeinde vom Bergbauvorhaben des Beschwerdeführers Kenntnis erlangt habe, habe sie mit allen Mitteln versucht, dies zu unterbinden. Dabei habe sie plötzlich Interesse an der Nutzung der Quelle 8 reklamiert. Sie habe sogar ohne jegliche Bewilligung und ohne Einholung einer Rodungsbewilligung eine Neufassung der Quelle 8 veranlaßt. Aus diesem Grund laufe u.a. derzeit beim Landeshauptmann von Tirol ein Überprüfungsverfahren; auch dort sei deutlich zu Tage getreten, daß bisher keinerlei Nutzung der Quelle QU 8 erfolgt sei. Beim Schutz von Quellen handle es sich um wasserrechtliche Angelegenheiten, also Bundeskompetenz. Wenn die belangte Behörde daher meine, aus Rücksichten der Raumordnung die begehrte Bewilligung verweigern zu müssen, ermangle dem Bescheid offensichtlich eine nachvollziehbare Begründung. Da ein entgegenstehendes Raumordnungsinteresse im Verfahren nicht hervorgekommen sei, erweise sich der Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Eine Behörde könne zwar nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts bei ihrer Entscheidung auch kompetenzfremde andere öffentliche Interessen berücksichtigen; keinesfalls stehe es einer Behörde aber zu, andere öffentliche Interessen, für die sie an sich nicht zuständig sei, inhaltlich zu regeln. Überdies dürfe eine in einem Vollzugsbereich erforderliche Bewilligung nicht ausschließlich aus Gründen abgewiesen werden, zu deren Wahrnehmung die gegenbeteiligte Gebietskörperschaft zuständig sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmung des § 17 Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde nach § 17 Abs. 2 ForstG eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Nach § 17 Abs. 3 ForstG sind öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.

Nach § 17 Abs. 4 ForstG hat bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Rodungsbegehrens des Beschwerdeführers damit begründet, es liege kein öffentliches Interesse an der vom Beschwerdeführer geplanten Verwendung der Rodungsfläche vor, welches das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiege.

Der Beschwerdeführer beruft sich zur Untermauerung seiner Behauptung, ein das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse an der Errichtung und dem Betrieb des geplanten Steinbruches liege vor, auf die Stellungnahmen der Abteilung Landesplanung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 1988 und vom 29. Mai 1991 sowie auf weitere im Verfahren eingeholte Stellungnahmen, die den Bedarf bestätigten.

Die Abteilung Landesplanung hat in ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 1988 den Bedarf an einem Steinbruch im Großraum Kitzbühel-Kufstein mit der Begründung bejaht, es bestehe ein großer Bedarf an Steinen, besonders an Flußbausteinen. Diese Stellungnahme wurde aber im Schreiben vom 29. Mai 1991 revidiert; begründet wurde dies im wesentlichen damit, durch ein der Abteilung in der Zwischenzeit zur Kenntnis gebrachtes Gutachten habe sich ergeben, daß der ursprünglich erwartete Anteil an Flußbausteinen viel geringer sei als erwartet, womit dem wichtigsten Argument für die Steinbrucherrichtung weitgehend der Boden entzogen werde. Diese Aussage ist nicht unschlüssig, hat doch die Abteilung Landesplanung in ihrer ersten Stellungnahme den Bedarf an einem Steinbruch in erster Linie mit dem Bedarf an Flußbausteinen begründet. Auch die übrigen im Akt erliegenden Stellungnahmen, die sich für die Steinbrucherrichtung aussprechen, begründen dies ausschließlich oder doch überwiegend mit dem Bedarf an Flußbausteinen. Vermag der geplante Steinbruch des Beschwerdeführers aber zur Deckung dieses Bedarfes nur wenig beizutragen, dann ist schon aus diesem Grund kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Errichtung dieses Steinbruches zu erkennen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte daher nicht mehr eingegangen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994100151.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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